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Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12

Titel: Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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an den Heißspornen getestet
hatte, in dem sie sich in dieser antiken Oase in die aufreizendsten Posen warf.
Ich stellte mir vor, wie sie unbeschwert jeden einzelnen Tag ihres Lebens
gefeiert hatte. Nur bei der Vorstellung des schwarzen Nichts, in das sie
eingegangen war, erlahmte meine Phantasie und ließ mich trotz des dringenden
körperlichen Bedürfnisses in Schwermut verfallen. Ein letztes Adieu, ein
letzter Blick auf diese verschwendete Schönheit, dann endlich folgte ich
Antonio hinauf auf den Schutthügel, welcher zur Straßenkreuzung führte.
    »Ach, Francis«, hörte ich hinter meinem Rücken
Giovannis Stimme. Ich wandte mich zurück und sah ihn einsam neben der Leiche
stehen wie der letzte Wächter eines versunkenen Reiches.
    »Du hattest gefragt, ob mir bei dem Opfer
irgendwelche besonderen Eigenschaften aufgefallen wären, als es noch lebte.
Jetzt erinnere ich mich doch an eine Sache. Sie konnte zwar keinen Ball auf
ihrer Nase jonglieren, aber akrobatisches Geschick hatte sie.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, diese jungen Dinger sind ja alle gelenkig,
aber gegen die Schwester hier hätte nicht einmal ein Trapezaffe im Zirkus
anstinken können. Ich habe noch nie eine Artgenossin gesehen, die so perfekt
auf Stangen oder auf den Spitzen der Säulen balancieren konnte. Sie war sogar
in der Lage, während eines Sprungs mehrmals um die eigene Achse zu rotieren und
dann auf vier Pfoten zu landen. O ja, ungewöhnlich akrobatisch, das war sie.
Und wunderschön.«
    Er senkte den Blick traurig auf die Siamesin, und
plötzlich wußte ich, daß weder der neunmalkluge Francis noch der eitle
Romkenner Antonio noch irgendeiner von der dreckfressenden Bande im Largo
Argentina in der Nacht für sie die Totenwache halten würden, sondern nur dieses
von allen verspottete Narbengesicht.

5.
     
    Eine lauwarme Nacht in Rom ist ein Genuß. Das hatte
ich schon vorher geahnt. Daß sie jederzeit auch in eine handfeste Überraschung
umschlagen konnte, dafür sorgte Antonio. Nachdem wir den Largo Argentina hinter
uns gelassen und in einem selbstmörderischen Sprint zwischen den heranrasenden
Autos den Corso Vittorio Emanuele II überquert hatten, tauchten wir endlich in
die pulsierenden Herzkammern Roms ein. O ich mochte sie küssen, die vielen
Gassen, deren Kopfsteinpflaster im Schein der Straßenlaternen golden glühte.
Ich sah die an Triumphbögen erinnernden Eingänge zu den Palazzi, ja sogar zu
ganz gewöhnlichen Häusern, sowohl Romantisches als auch Unheimliches im Innern
versprechend. Ich bestaunte die barocken Kirchen an jeder Straßenecke, welche
einst von mehr dem irdischen Glamour, denn der christlichen Askese zugeneigten
Gottesmännern gestiftet worden waren und doch Gottes Glanz auf Erden nicht
eindrucksvoller hätten repräsentieren können. Und schließlich das alte
Häusermeer selbst: gelbe, ockerfarbene Fassaden mit dunkelgrünen Fensterläden,
kleine Balkone auf jeder Etage, und überall Dachterrassen mit einem wahren Dschungel
an Topfpflanzen. Wer unfähig war, es sich hier gutgehen zu lassen, der konnte
sich mit meinem Segen getrost die Kugel geben.
    Antonio hatte sich für das Ristorante Piperno in
der Nähe der Tiberinsel am Monte de’ Cenci entschieden, wo es angeblich eine
römische Küche gab, die mehr war als die übliche Hausmannskost. Obwohl ich mir
inzwischen selbst wie ein Gourmet vorkam, der bei der Entscheidungsfindung für
einen bestimmten Freßtempel an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gerät,
erschien mir das Ganze gleichzeitig ziemlich lächerlich. Ich konnte mir beim
besten Willen nicht vorstellen, wie wir in so eine Lokalität hineinmarschierten
und erhobener Pfote den Oberkellner herbeiwinkten. In diesem Zusammenhang
erspare ich mir den naheliegenden Witz mit dem »Katzentisch«.
    »Lieber Antonio, deine Show als Lebemann ist ja
wirklich unnachahmlich, aber kannst du mir vielleicht verraten, wie wir in
einem Restaurant dinieren sollen? Ich befürchte, daß wir schon am
Herunterdrücken der Türklinke scheitern werden.«
    Wir streiften an kleinen noch geöffneten
Lebensmittelläden entlang, von deren Decken die dicken Salamis und geräucherten
Schinken wie Stalaktiten in einer Tropfsteinhöhle herunterhingen. Und erst die
anderen Leckereien in der Auslage! Kein Wunder, daß dieses Volk neben
Frankreich im Vergleich zum übrigen Europa das Dreifache für Fressalien ausgab.
An stets mit kunstvollen Brunnen veredelten Piazze nahmen Leute vor gemütlichen
Trattorien einen guten Schluck oder

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