Felidae 05 - Salve Roma-neu-ok-21.02.12
für einen bleichen, ja gespenstischen
Schein. Er war der einzige, der das alles in seiner ganzen Pracht und
Herrlichkeit gesehen hatte. Die Grillen hatten sich inzwischen in einen
Gesangsrausch hineingesteigert, und hier und dort sandte ein Glühwürmchen
rätselhafte Lichtsignale aus. Die Gespenster waren weiterhin unterwegs, sie
waren überall, aber nur allzu bald würde die Sonne aufgehen und sie wieder in
ihr Zwischenreich verbannen.
Mein Blick wanderte den Siegesbogen entlang nach
oben. Titus, noch so ein Kaiser der Kaiser, der den Hals nicht voll kriegen
konnte, siegte mit der Eroberung Jerusalems endgültig über das jüdische Volk
und leitete damit dessen Vertreibung aus Palästina und die Zerstreuung über die
ganze Welt für Jahrhunderte ein.
Deshalb ist der Titus-Bogen für Juden ein trauriges
Denkmal; sie vermeiden es, durch den Torbogen hindurchzugehen. Die alten Wunden
schwären noch …
Plötzlich ein gellender Schrei, der die Stille
zerschnitt wie eine Geflügelschere! Nicht enden wollende Echos hallten von den
Mauern der Monumente wider. Ich erschrak so sehr, daß ich vorübergehend allein
das wilde Hämmern meines Herzens vernahm. Ein erneuter Schrei, diesmal etwas
leiser, und dann ein sich endlos in die Länge ziehendes Jaulen klangen in den
anbrechenden Morgen hinein. Obwohl mir die Art dieser Schreie irgendwie
vertraut vorkam, wollte es mir kaum gelingen, mich zu beruhigen. Das gesamte
Areal war mit einem Schlag ein gefährlicher Dschungel geworden, der für mich
hinter jedem Baum und hinter jedem Strauch ein blutrünstiges Monster versteckt
hielt.
Nachdem ich kopflos hin- und hergerannt war, faßte
ich schließlich ein wenig Mut und beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen.
Ein in der Mitte gebrochener Säulenschaft von etwa eineinhalb Metern Höhe in
unmittelbarer Nähe schien mir als Ausguck besonders gut geeignet. Ich benutzte
die Katapultfunktion meiner kräftigen Hinterbeine und war in Sekundenschnelle
oben.
Rastlos ließ ich den Kopf umherkreisen, auf der
Suche nach etwas Verdächtigem oder einer flüchtigen Bewegung. Doch in der
abwechselungsreichen Ruinenlandschaft war nichts zu sehen.
Eine neue Serie von Schreien hob an. Immer noch
ziemlich verängstigt, erkannte ich so langsam, daß diese Laute einfach nicht
nach malträtierten Kreaturen klangen.
Traf nicht sogar das Gegenteil zu? Da sprang mir
aus der Ferne etwas ins Auge, etwas Silberblaues, das die unglaublichen Sprünge
einer Antilope nachahmte. Die seltsame Gestalt tanzte zwischen den Überresten
von Heiligtümern und pflanzenüberwucherten Schutthügeln mit sich selbst, und es
kam mir so vor, als wohnte ich dem Tanz einer sich nur in der magischen Stunde
zeigenden Fruchtbarkeitsgöttin bei. Wie ich plötzlich auf Fruchtbarkeit kam?
Nun, trotz meines vorgerückten Alters besaß ich nicht nur verdammt scharfe
Augen, sondern auch eine verdammt gute Nase.
Und meine Ohren meldeten endlich die erhoffte
Korrektur: Es handelte sich nicht um Schreie der Pein, sondern um Schreie der
Lust! Was mich persönlich betraf: Heißt es nicht, dafür ist man nie zu alt?
Oder zu dumm?
Oder zu tot? Wie dem auch sei, dieser Geruch, den
ich zwar gut kannte, doch lange nicht mehr geatmet hatte, drang in meine
Nüstern wie der Befehl eines keinen Widerspruch duldenden allmächtigen
Herrschers. Mir wurde ganz anders, und ich war nur noch von dem Wunsch beseelt,
mich mit der Quelle dieses verhexenden Odeurs zu vereinigen.
Ich schoß wie der Blitz von der geköpften Säule
herunter und lief zu den Rudimenten. Als ich die Stelle, an der der Geistertanz
von der Ferne zu sehen gewesen war, außer Atem endlich erreichte, wuchs sich
die angenehme Betäubung meiner Sinne zum ultimativen Rausch aus.
Denn es war kein Gespenst, dem ich nun in die Augen
blickte, sondern eine Heilige! Und nicht genug damit: Sie sprach auch noch in
der Sprache der Heiligen!
11.
Es ist geradezu mirakulös, wenn man sich durch das
Liebesaroma einer in Hitze geratenen Artgenossin in einen Fortpflanzungsroboter
verwandelt. Die Sache wird jedoch um einige Zacken schärfer, wenn das Objekt
der Begierde sich auch noch als das Makelloseste und Liebreizendste entpuppt,
was eine Rasse oder eine Art, letztendlich dieses verdammte Diesseits, je
hervorgebracht hat! Zwischen halbzerbrochenen Säulenfüßen, umgestürzten
Giebeldreiecken und zerplatzten Mosaikteilen wälzte sich eine Korat auf dem
Höhepunkt ihrer Lust. Ein altes Thai-Gedicht beschreibt das Fell
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