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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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richtiger Klugscheißer war das. Er kam so
wie du durch den Brunnenschacht hereingeflogen, und mein Vater nahm sich seiner
an und unterrichtete ihn. Doch in Wahrheit war er ein undankbarer Psychopath,
der die ganze Zeit das Ziel verfolgte, die Pfote abzuhacken, die ihn fütterte.
Damals fanden hier unvorstellbare Minze-Exzesse statt. Dieser falsche Dude
machte eifrig mit, aber so wie es aussieht, hat er das Zeug nicht vertragen.
Die Droge hat ihn in eine Bestie verwandelt. Er kannte die Schlafgewohnheiten
der anderen, er wußte genau, ab welchem Zeitpunkt die zugedröhnten Dudes
regelmäßig ins Koma fielen. So konnte er seinen Amoklauf ganz locker angehen.
Alles spricht für diesen Ablauf der Dinge, denn zufällig soll er als einziger
das Massaker überlebt haben.«
    Inzwischen arbeitete mein Hirn wieder auf normaler
Betriebstemperatur. Das nützte mir freilich wenig. Denn wie sollte ich einen
Sohn, der jahrelang das selbstgebastelte Ideal des abwesenden Vaters
angeschmachtet hatte, davon überzeugen, daß der Angebetete nicht der reine
Engel war, für den er ihn hielt?
    »Du wirst es mir nicht glauben, aber zufällig kenne ich
diesen Psychopathen«, sagte ich und versuchte dabei, eine neutrale Miene zu
ziehen. »Er ist mein Vater.«
    Morlock zuckte so heftig zurück, als hätte er mit feuchter
Nase an einem offenen Starkstromkabel geschnüffelt. Die blauen Augen trübten mit
einem Mal ein. »Er hat dir also alles erzählt. Auf seine alten Tage plagen ihn
wohl Gewissensbisse, und die Erinnerung an die Schandtat ist aus ihm
herausgebrochen. Mit seiner Beichte hat er Absolution angestrebt. Ist es nicht
so?«
    »Nein, Morlock, ganz so ist es nicht. Es ist eher die
Geschichte desjenigen, der dieses Massaker tatsächlich als einziger überlebt
und daraufhin Rache geschworen hat. Und, wenn ich dich darauf aufmerksam machen
darf, es ist auch die Geschichte desjenigen, der das Ganze nicht von
irgendwelchen dubiosen Gerüchten her kennt, sondern aus unmittelbarer Nähe
erlebt hat.«
    Ich gab in kurzen Worten Paps' Schilderungen wieder, wobei
ich am Schluß ehrlichkeitshalber gestand, daß ich sie wegen meiner krankhaften
Neugier nicht zu Ende gehört hatte. »Eins kann ich dir versichern, Morlock, der
gute alte Francis ist über jeden Verdacht erhaben. Er hat deinen Alten geliebt
und verehrt, mehr noch als seinen eigenen Erzeuger. Und er liebte Madam, die zu
der Zeit seine ungeborenen Kinder in sich trug. Paps genießt den Ruf eines
überragenden Detektivs und eines Mannes, der stets für Frieden, Gerechtigkeit
und die feline Sache kämpft. Mehr als einmal hat er für diese Werte sein Leben
aufs Spiel gesetzt. Und weshalb sollte jemand erst Amok laufen und dann den
Rest seiner Tage damit verbringen, für das Gute zu fechten?«
    Morlock lächelte, und für den Bruchteil einer Sekunde
erkannte ich in seinen blauen Augen den bodenlosen Haß auf das Phantom, das er
in den unglücklichen Jahren seiner Vaterlosigkeit aufgebaut hatte. Dieses
Phantom von einem Mörder, das er für alles Leid in seinem Leben verantwortlich
machte, mußte nun wie eine Seifenblase zerplatzen. Deshalb kam zu dem Haß jetzt
auch noch die Wut auf das eigene Unvermögen hinzu. Ich mußte aufpassen, denn
der Haß und die Wut konnten sich leicht auch gegen mich richten.
    »Das kann ich dir verraten, Juniorlein: weil dein Vater
wie gedruckt lügt. Und du weißt das, willst es dir aber nicht eingestehen.
Weshalb sonst bist du in dieser eisigen Nacht hierher gekommen und hast die
Gerippe selbst in Augenschein genommen? Ganz einfach, du traust in Wirklichkeit
dem Märchen selber nicht, das dein alter Herr dir aufgetischt hat.«
    »Ein klein wenig hast du recht, Morlock. In der Tat sind
mir in seiner Geschichte Ungereimtheiten aufgefallen. Aber nicht, weil ich für
das Massaker meinen Vater in Verdacht hatte, sondern weil ich seinen Verdacht
entkräften wollte.«
    »Was soll das für ein Verdacht sein?«
    »Vielleicht ist dir bei deinen Recherchen zu Ohren
gekommen, daß man seinerzeit einen ganz anderen verdächtigte. Denn der
Massenmord war ja der Höhepunkt von einer Reihe von vorangegangenen Morden
draußen auf den Minzefeldern. Du weißt, wovon ich spreche: die verfallene Villa
am anderen Ende des verwilderten Parks, zu der man durch den Abwassertunnel
dort drüben gelangt. Und der zwielichtige Ex-Sträfling, der damals darin gelebt
haben soll.«
    Morlock brach in ein solches Gelächter aus, daß ich im
ersten Moment dachte, er habe seine Stimmbänder an

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