Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
Vom Netzwerk:
aus
Paps' Erinnerungen betraf. Bis auf den Schneemantel natürlich, von dem jetzt
die wuchernde Vegetation wie von einer geleckten Platte bedeckt wurde und der
unter dem Nachthimmel bläulich schimmerte. Die Sterne von vorhin waren
verschwunden. Dafür legte sich Frau Holle wieder mächtig ins Zeug und erstickte
regelrecht die Erde unter sich mit dem Inhalt ihrer ausgeschüttelten Betten. In
weiter Ferne ragte die Villa als undeutliche Silhouette hervor. Morlock hatte
recht, sie sah wirklich ziemlich übel aus. Soweit man es durch das
Schneetreiben erkennen konnte, war das Dach in der Mitte zusammengestürzt,
geradeso, als hätte es ein riesenhafter Karatemeister in Ermangelung eines
Riesenziegelsteins in der Mitte entzweigehauen.
    Wir stapften durch den Schnee und standen schließlich vor
dem Gebäude. Hatte Paps es schon damals als Ruine empfunden, so fiel mir jetzt
dafür nur noch der Ausdruck »Schrott« ein. Die Sicht von weitem trog und
gaukelte noch den Umriß eines halbwegs vollständigen Baus vor. Eine Illusion.
Nicht allein der Putz, sondern gleich einige Mauern der einst herrschaftlichen
Villa waren weggebrochen, so daß ein großzügiger Blick ins Innere frei geworden
war. In den verschneiten Räumen standen vermoderte Möbelstücke und zu Türmen
gewachsenes, nach technischem Equipment aussehendes Gerümpel herum, durch
eingefallene Decken rieselten Schneeflocken wie Konfetti hernieder, und die geschwungenen
Treppenaufgänge ähnelten, ihres einstigen kunstvollen Bombastes entschlackt,
den Rippen von Dinosauriern.
    »Was habe ich dir gesagt!« Morlocks Gesichtsausdruck
strotzte nur so vor Genugtuung.
    Ich ließ mich nicht beirren. »Du nimmst dir die oberen Stockwerke
vor, und ich das untere.«
    »Aber wonach suchen wir, o großer Meister?«
    »Nach allem, was uns Hinweise auf den Kerl liefern kann,
der vor siebzehn Jahren hier gehaust hat.«
    »Geniale Idee! Glaubst du, das hätte ich nicht schon
längst getan?«
    Ohne eine Antwort zu geben, sprang ich auf die Veranda,
die eigentlich den Namen nicht verdiente, weil sämtliche Holzplanken entweder
bis zur Unkenntlichkeit morsch und brüchig geworden oder gar nicht mehr
vorhanden waren, und marschierte dann durch einen mannshohen Durchbruch direkt
in das Erdgeschoß. Als ich den Kopf kurz zurückwandte, sah ich an der Stelle,
wo eben noch Morlock gestanden hatte ... nichts. Vermutlich wollte er das Pferd
von hinten aufzäumen, will sagen, er war zur Rückfassade des Hauses geeilt, um
von dort zu den oberen Stockwerken zu gelangen. Viel Glück!
    Vor mir breitete sich ein Kleinod von einem altmodischen
Salon aus, das mich melancholisch stimmte. Die erlesenen Ingredienzien wie
holzvertäfelte Wände, ein gewaltiger Kamin und zwei spiegelverkehrt angelegte
Treppenaufgänge, die nach oben zu einer ausladenden Galerie führten, waren alle
unfaßbar verrottet. Die Decke wies unzählige Löcher, teilweise sogar Öffnungen
mit dem Durchmesser eines Traktorreifens auf. Durch die hatte sich im Lauf der Jahre
die Witterung auf brutalste Weise Zugang verschafft, so wie jetzt der Schnee,
von dem jeder Winkel wie von Puderzucker überzogen war. Wieso hatte man diese
einst wunderschöne Dame nicht längst einem Lifting unterzogen und ihr die
einstige jugendliche Frische zurückgegeben?
    Das technische Gerümpel, welches mir gleich am Anfang
aufgefallen war, entpuppte sich als Unterhaltungselektronik vergangener Tage.
Videorecorder, dickbäuchige Fernsehmonitore, Plattenspieler, Kassettenrecorder,
Tonbänder waren samt und sonders ebenfalls an der Schwelle zur Auflösung
begriffen und von einer Schneeschicht bedeckt. Wo mit der Suche anfangen?
stellte sich mir die Frage, als ich den ersten Eindruck verarbeitet hatte.
Obwohl ich vorhin den neunmalschlauen Detektiv hatte raushängen lassen, wußte
ich nun nicht mehr, wie ich vorgehen sollte. Also spazierte ich an den kaputten
Möbeln und Geräten entlang, schnupperte mal in dieser, mal in jener Ecke, und
versuchte anhand der wenigen, von einem Schmutzfilm überzogenen Bilder an den
Wänden etwas über den abwesenden Hausherrn zu erfahren. Ich blätterte in den
sich ebenfalls im Zustand der Zersetzung befindlichen Büchern und Papieren auf
dem Boden. Soweit ich erkennen konnte, waren sie wissenschaftlicher Natur und
handelten von Sprache und Kommunikation. Schon nach fünf Sätzen verstand ich
den Zusammenhang nicht mehr, und zwei Sätze weiter kam mir das Gelesene wie
Arabisch vor. Komischer Ex-Sträfling, der sich mit

Weitere Kostenlose Bücher