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Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 2 - Francis: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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ein Monster hervorzuspringen schien, sowie die mannigfaltigen, tänzelnden Schatten am Gemäuer. Resigniert mußte ich feststellen, daß nichts zu sehen war. Dennoch spürte ich instinktiv, daß diese flüchtigen Geräusche weder auf mein überhitztes Einbildungsvermögen noch auf zufällige lauterzeugende Aktivitäten zurückzuführen waren. In solchen spannungsgeladenen Momenten dackelte in Filmthrillern gewöhnlich ein schwarzer Artgenosse aus der Dunkelheit, worauf der Held beruhigt aufatmete, weil dies das gänsehauterzeugende Knarren der Tür erklärte. Ich war mir nicht sicher, ob mich nun diese Variante besonders beruhigt hätte. Deshalb entschloß ich mich in einem Anflug von Rationalität, meinen vorgefaßten Plan zu verwirklichen und den Randstreifen so lange abzutrippeln, bis sich mir eine Ausreißmöglichkeit aus der Kanalisation böte, gleichgültig, wie oft Gespenster mich mit ihrem Kettenrasseln noch necken würden.
    Ganz lässig, geradeso, als wäre ich einer atemberaubenden Naturkulisse überdrüssig geworden, wandte ich mich vom Kanal ab und spazierte direkt in die Schwärze hinein. Es war so, als tauchte ich in eine amorphe, lebendige Masse ein, mit der schrecklichen Gewißheit, nie mehr herauszukommen. Hin und wieder linste ich unauffällig zurück, etwa so unauffällig wie ein Ladendieb mit einem Kühlschrank unter dem T-Shirt. Dabei glaubte ich zu bemerkten, daß der vom blauen Licht erfüllte und nun immer kleiner werdende Schachtausstieg von noch mehr dubiosen Schatten umspielt wurde. Erzeugte die Paranoia, die sicherlich von den klaustrophobischen Verhältnissen in dieser Katakombe herrührte, bereits handfeste Halluzinationen? Gern hätte ich in diese Theorie meine ganze Überzeugungskraft investiert, hätte zähneklappernde Angst und Verfolgungswahn auf den Schock beim Auffinden der Leiche abgewälzt, wenn ... Wenn das enervierende Rascheln sich nicht wieder gemeldet hätte. Aber diesmal war es gar kein Rascheln. Es war ein Schlurfen und ein klammheimliches Hasten und ein Knurren und ein Kratzen. Und es ertönte auf einmal aus jeder Ecke, nicht nur hinter meinem Rücken, sondern ich hörte es von überall her. Während ich meine Schritte beschleunigte, ja einen wilden Galopp hinlegte, riskierte ich erneut einen Blick zurück. Diesmal konnte ich mich nicht hinter optischen Täuschungen und durch Furcht verursachter Nervosität verstecken. Denn jetzt erkannte ich klare, bewegliche Silhouetten, die sich vor dem hellen Hintergrund deutlich abhoben. Was mein Herz nun im Rhythmus eines Techno-Songs hämmern ließ, war die Tatsache, daß sie , wer auch immer sie waren, wie auf ein verabredetes Signal in solcher Überzahl aus ihren Löchern rauskrochen. Eine gigantische Armee der Schatten klebte plötzlich an meinen Fersen. Und obwohl es unmöglich war, in der Finsternis etwas auszumachen, konnte ich geradezu körperlich spüren, daß sich mir eine ebenso umfangreiche Truppe von vorne näherte. Großer Gott, wo kamen diese Bastarde auf einmal alle her, und wer waren sie?
    Ratten! Natürlich, eine Kanalisation ohne Ratten war wie ein Friedhof ohne saturierte Würmer, die beim Eintritt ins Rentenalter sogar unverschämt hohe Ablösesummen für ihren Grababschnitt von ihren Nachfolgern verlangen konnten. Der niedliche Unterschied lag nur darin, daß diese Sorte offenkundig meinesgleichen auffraß. Ich behielt vorsichtshalber meine hohe Geschwindigkeit bei, in der Hoffnung, daß das ersehnte Türchen aus dem kruden Alptraum jeden Augenblick vor mir auftauchen würde wie die Oase vor dem Verdurstenden in der Wüste. Der Mob an meinen Hacken schien ebenfalls fabelhaft motiviert und verkürzte die Distanz zusehends. Ein letzter Blick zurück ließ mich regelrecht erschauern. Wie eine an exzessivem Übergewicht leidende schwarze Schlange wand sich eine endlos scheinende Legion von undefinierbaren Kreaturen hinter mir her, wobei das Wort »Legion« den Nagel wahrhaftig auf den Kopf traf, da die Hatz offenbar in geordneten Bahnen verlief und von einer kopflosen, die einzelnen Häscher gegenseitig behindernden Überstürztheit keine Rede sein konnte. Es war eine auf leisen Pfoten marschierende, ja bedächtige Streitmacht, die mich da in die Enge trieb, ihres Sieges schon von vornherein sicher, wohl deswegen, weil ihre Strategie der leisen Attacke nicht nur einmal Erfolg gezeitigt hatte. Der durch das Gegenlicht hervorgerufene Schimmer auf den Rücken der vielen Soldaten ließ Haarkonturen erkennen, woraus

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