Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
hierhergekommen sind, um uns von euch beleidigen zu lassen, dann werden wir die Sache eben gewaltsam lösen.«
Beipflichtendes Gebrüll erscholl aus allen Richtungen, einschließlich aus der, welcher die Gewalt angedroht worden war.
»Mach mal halblang, Mottenjäger!« blaffte Sissi zurück und zottelte ebenfalls in die Mitte der Arena. Dabei sah sie aus wie ein kleiner Ball, der auf vier kleineren Bällen rollt. »Erstens habe ich lediglich die Talente eures Superschnüfflers in Zweifel gezogen, und zweitens sehe ich weiterhin keine Veranlassung, von dem Verdacht abzurücken, daß ihr eine gezielte Provokation betreibt.«
»Aber es war abgemacht, daß hier dem Frieden das Wort geredet würde und nicht einer Eskalation der Situation. Ferner wart ihr mit dem Vorschlag einverstanden, die Dinge offen auszusprechen und dann für eine rasche Aufklärung einen Fachmann zu Rate zu ziehen. Nun, hier ist unser guter Freund Francis. Er hat schon mehr Unholde zur Strecke gebracht, als all die Zähnefletscher unter euch.«
»Auch wenn der Unhold ein Killer aus den eigenen Reihen ist und sein Auftrag lautet, durch wahlloses Morden die gutnachbarlichen Beziehungen zu ruinieren und so den Weg für einen Krieg zu ebnen?«
Bei diesen Worten zeigte Moses' Fassade des listenreichen Demagogen erste Risse, und das Gold seiner Augen verwandelte sich vor gerechtem Zorn in Signalrot.
»Was redest du da für einen Schwachsinn? Du willst doch wohl nicht im Ernst behaupten, daß wir kaltblütig vier der Unsrigen abgeschlachtet haben, um den Mordverdacht von uns abzulenken!«
»Warum nicht? Du unterstellst uns doch das gleiche«, erwiderte Sissi und grinste aus den Augenwinkeln Anerkennung erheischend ihre Zuhörerschaft an.
»Wir tun es aus gutem Grund. Schließlich deuten die Bißprofile an all unseren Opfern, einschließlich des letzten, zweifelsfrei auf euch Kläffer, jawohl, auf euch lügnerische Kläffer als Täter!«
»Das ist eine ziemlich gewagte Behauptung«, dachte ich laut nach und trat zwischen die beiden Kampfhähne. Obwohl Blaubart sich bemühte, den Anschein eines in sich ruhenden Buddha zu vermitteln, verzeichnete ich am Rande, daß nicht nur sein heiles Auge, sondern auch die Runzeln seiner leeren Augenhöhle sowie der Stumpf an seinem Schwanzansatz von einem Schreckzucken heimgesucht wurden. Noch mehr aber ging ein Ruck der Empörung durch die Gemeinde, der ich geburtsbedingt angehöre, wogegen der Gemeinde, der gegenüber ich folklorebedingt feindlich eingestellt sein muß, vor Erleichterung ein orgiastisches »Jahhh!« entfuhr. Moses, ein entgeistertes Etwas unter der grellen Nachmittagssonne, schaute mich an, als frage er sich, ob Zoohandlungen auch Zwangsjacken anbieten.
»Wunderbar!« schrie Sissi auf, als hätte ich ihr das gewünschte Stichwort gereicht. »Sogar euer Klugscheißer bestätigt, daß wir für den Tod dieser vier Mäusequäler nicht verantwortlich zu machen sind.«
»Wieder falsch«, erwiderte ich, erneut mehr zu mir selbst sprechend als zu der denkfaulen Meute schlichter Gemüter. Sie schienen im Schleudergang der sich sekündlich ändernden Informationen zu taumeln. Sissi und Moses erging es nicht besser.
»Wie soll ich das verstehen?« wollte die verwirrte Möpsin wissen. »Eben hast du gesagt, daß die Bißspuren an den Leichen nicht von uns stammten, und jetzt auf einmal soll das Gegenteil der Fall sein. Auf welcher Seite stehst du eigentlich?«
»Natürlich auf der Seite der Guten«, stöhnte ich entnervt auf und ließ mich unter Hunderten von verächtlichen Blicken auf die Hinterpfoten nieder. Aber sei's drum, als ich mich auf diesen Irrsinn einließ, hatte ja niemand versprochen, daß der Weg zur Wahrheit ein leichter sein würde.
»Erstens habe ich mitnichten ein Canis-Gebiß als mögliches Mordwerkzeug ausgeschlossen, sondern ich habe lediglich Zweifel an Moses' Mutmaßung bekundet. So wie ich die Sache sehe, kämen beide Parteien als Täter in Frage, denn die Hauer, welche die tödlichen Verletzungen verursacht haben, könnten sowohl einem mittelgroßen Kläffer gehören als auch einem üppig ausgewachsenen - wie sagtest du vorhin? - Mäusequäler. Zweitens habe ich die übrigen sieben Leichen weder zu Gesicht bekommen noch wirklich Verläßliches über Art und Umfang ihrer Verletzungen vernommen. Wenn wir jedoch voraussetzen, daß sie alle Opfer von ein und demselben Mörder geworden sind, so haben wir es hier mit jemandem zu tun, der sein Gebiß teuflisch geschickt einsetzt.
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