Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Dadurch wird das Motiv allerdings noch unklarer. Da der Bösewicht es offensichtlich perfekt vermeidet, neben dem Abdruck seiner Fangzähne noch andere Spuren zu hinterlassen, und er es uns deshalb äußerst schwer macht, seine Gattung zu bestimmen, könnte ein mögliches Motiv folgendes sein: Er will die zwischen uns seit Ewigkeiten gärende Antipathie so lange steigern, bis wir uns gegenseitig ausrotten. Allerdings wäre dabei immer noch zu klären, was er damit bezweckt. Oder aber die Sache ist ganz simpel: Er ist vollkommen verrückt, ein wild gewordener, wahllos meuchelnder Psychopath, der sich einen Dreck um unsere feindsinnigen Überlegungen schert. Oder noch simpler: Er gehört weder zu euch noch zu uns, ist einfach ein anderes Tier und hat nicht den blassesten Schimmer, was er mit seinen Metzeleien auslöst.«
»Ein anderes Tier?« fragte Sissi höhnisch und schielte wieder zu ihrem dankbaren Publikum. »Was meinst du mit ›ein anderes Tier‹? Ist es vielleicht Alien? Oder Godzilla?«
Sämtliche Kläffer prusteten los, was rasch in einem einzigen idiotischen Gegröle kulminierte. Es war der ohrenbetäubende, wenn auch verständliche Versuch, eine öffentliche Würdigung meiner Gedankenspiele gar nicht erst aufkommen zu lassen, obwohl sie durchaus den einen oder anderen - besonders Sissi - beeindruckt hatten.
»Es gibt übrigens noch eine andere Alternative zu deinen neunmalschlauen Überlegungen, Klugscheißer«, brachte Sissi schließlich die Ihrigen zum Schweigen. » Ihr seid die tatsächlichen Mörder!«
»Das gilt genauso für euch!« kreischte Moses und fuhr in Erwartung lautstarker Zustimmung zu der überladenen Wendeltreppe herum. Die Bestätigung blieb nicht aus. Ein Donnerlärm aus schneidigen Jawohl!- Rufen, wildem Gefluche und Aufforderungen, das große Blutbad am besten gleich hier und jetzt zu beginnen, brandete von der Seite meiner angeblich introvertierten Artgenossen auf und flutete durch die ganze Ruine zu dem Block der Kläffer. Eine markerschütternde Woge von Gebell schwappte zurück.
»Womit wir wieder am Anfang wären«, murmelte ich resigniert.
Der ethnische GAU drohte schon in der nächsten Sekunde Wirklichkeit zu werden, als Blaubart sich bemerkbar machte.
»Schluß jetzt!« brüllte er die gegnerischen Parteien der aufgestellten Rückenhaare und haßsabbernden Schnauzen an und gesellte sich mit wutentbrannter Miene zu mir. »Schluß jetzt, ihr Holzköpfe!«
Überraschenderweise zeigte seine natürliche Autorität selbst in diesem Tohuwabohu auf beiden Seiten Wirkung. Der Lärmpegel begann abzusinken, bis schließlich nur noch das Kläffen und Jaulen einiger Unverbesserlicher zu hören war, zuletzt aber auch das erstarb.
»Sollte das hier etwa eine Scheißshow gewesen sein, oder bin ich in einem Scheißtraum von Brigitte Bardot gelandet? Scheiße ja! Ich meine, entweder ihr veranstaltet diesen ganzen Affenzirkus nur, um euch hinterher sagen zu können, daß ihr es ja schließlich im Friedlichen miteinander versucht habt, oder aber ihr sucht wirklich den Mörder. Sollte das erste zutreffen, schlage ich vor, daß wir uns das scheinheilige Gequatsche sparen und gleich zur Sache kommen. Doch wenn ihr es mit der Aufklärung der Morde ernst meint, so empfiehlt euch Onkel Blaubart: Vergeßt es! Wer acht Unschuldige totbeißt, ohne auch nur ein einziges Indiz zu hinterlassen, ob es sich bei ihm um einen Hamster oder ein Warzenschwein handelt, dem steht noch eine blendende Karriere bevor. Scheiße ja! Es sei denn ihr greift nach dem letzten Strohhalm. Und das ist nun einmal Francis, ob es euch paßt oder nicht!«
Er drehte sich zu Sissis Sippschaft um.
»Ich mag euch nicht. Francis auch nicht, wenn ihm sein Hirn letzte Nacht nicht aus den Ohren geträufelt ist. Wer mag euch schon? Tattergreise mit Stützstrümpfen und Herrenmenschen mit Führerkomplex. Dennoch werdet ihr hier keinen unparteiischeren Anwalt für die Wahrheit finden als Francis. Selbst ich würde zur Not einer Lüge hinterherlaufen, damit ihr endlich aus meinem Blickfeld verschwindet.«
Er wandte sich auch an die Unsrigen.
»Und was euch betrifft, würde ich mich vorerst ganz zurückhalten. Wir sind Gangster der Nacht und keine Spielzeugsoldaten mit einem Schlüssel im Rücken, die irgendwelche Führer nur aufzuziehen brauchen, damit wir blind ins Minenfeld marschieren. Scheiße ja! Auch für euch gilt: Hört, was Francis zu sagen hat!«
»Wir sind ganz Ohr«, sagte Moses artig, doch mit dem gönnerhaften
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