Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Hippie-Langhaar stehender Kamerad hatte sein Aussehen inzwischen mit Sicherheit extrem verändert. Doch diese kalten Augen, dieses rätselhafte Lächeln, diese undefinierbare Aura des Abgründigen ... Nein, ich kam einfach nicht darauf, woher ich den Kerl kannte. Vermutlich kannte ich ihn auch überhaupt nicht.
Dann CAVE CANEM! Schnappschüsse vom Trainingslager, wo unter den wachsamen Blicken des Generals bereits Welpen mit Hilfe von Attrappen abgerichtet wurden, sowohl organische als auch bestimmte nicht organische Dinge unter der Erde aufzuspüren. Die jungen Kläffer schienen mit Eifer dabei zu sein. Dementsprechend auch der freudige Gesichtsausdruck des Chefs. Dieser hatte inzwischen die nationale Militäruniform gegen die neutrale der Vereinten Nationen getauscht - ein Beweis des Respekts, den ihm die internationale Politik entgegenbrachte. Auch die folgenden Bilder zeigten die fröhliche Truppe aus Kläffern und ihren nicht weniger motiviert dreinblickenden Führer auf verschiedenen Friedensmissionen, schließlich sogar im ehemaligen Jugoslawien. Sie alle schienen ihrer Arbeit mit Begeisterung nachzugehen.
Wenn es eines Beweises für die Richtigkeit meiner Vermutung bedurft hätte, daß mit diesen Kötern irgend etwas nicht stimmte, so hatten die Aufnahmen in Horches trauter Baracke ihn endgültig geliefert. Denn was mich stutzig machte, war ihr Aussehen. Ihr damaliges und ihr jetziges. Die Erinnerungsfotos präsentierten frische, absolut gesunde und trotz der nur bedingt vorhandenen Mimik lebenslustig wirkende Tiere, welche noch im Reich der Unschuld weilten. Die Gesellen, die mir in der Röhre sabbernd und starrgesichtig nachgekrochen waren, sahen jedoch eher wie ihre eigenen Urgroßväter kurz vor der Einschläferung aus. Als hätte man sie gegen Zombies ausgetauscht. Was war dort unten also derart Furchtbares mit ihnen geschehen? Und was hatten sie mit der Mordserie in unserem Revier zu tun - sofern sie nicht sogar selbst die Mörder waren, wofür nach allem Vorgefallenen verdammt einiges sprach?
Ich schritt das Sideboard weiter ab und bestaunte des Generals Fotoausstellung, die mir wie eine knifflige Denksportaufgabe in einem IQ-Test vorkam. Bis mir plötzlich ein Hindernis den Weg versperrte. Es handelte sich um eine kleine, blitzblank polierte Schiffsglocke aus Messing. Sie baumelte an einem fein geschnitzten Holzbogen, welcher wiederum an einem ebenso tadellos lackierten, kreisförmigen Sockel verankert war. »Gloria« prangte in geschwungener Schrift auf ihr, und es war nicht schwer zu erraten, daß das gute Stück von dem gleichnamigen Einmaster stammte, der wahrscheinlich seine letzte Ruhestätte schon vor Jahren in einem karibischen Hafen gefunden hatte. Die Erinnerung an die glücklichen Tauchabenteuer lebte also auch in diesem Andenken weiter fort.
Zunächst wollte ich einfach über die Glocke hüpfen, um meine Entdeckungsreise entlang der Wand fortzuführen. Dann jedoch wurde ich, vermutlich als Folge der anstrengenden logischen Kombiniererei, mit einem Male völlig unlogisch. Es ritt mich der Teufel, und ich beschloß, mich durch die enge Lücke zwischen Wand und Glocke hindurchzuquetschen. Der Kopf ging noch problemlos in den Spalt hinein und auch noch das meiste, was hinter den Schultern folgt. Doch als der Wohlstandsbauch drankam, ging gar nichts mehr, und die Glockenaufhängung schob sich ein wenig über den Rand des Sideboards. Erneut beging ich einen schlimmen Fehler. Anstatt den Bauch einzuziehen, mich so dünn wie möglich zu machen und mich mit behutsamen Bewegungen im Zeitlupentempo durch den Engpaß zu stehlen, fegte ich auf die andere Seite. Danach blieb mir nur noch der Blick auf die Katastrophe.
»Gloria« flog über die Kante des Boards und krachte auf einen Tisch nieder - ding! Dann rollte sie weg und stürzte auf den Sitz eines daneben stehenden Stuhls - dingdong! Aber auch dort hielt es sie nicht lange, und sie plumpste auf den Boden - dingdong-dingdong-dingdong! Genauso gut hätte ich vor der Baracke auch Lautsprecher aufstellen und Liedgut von Metallica zum besten geben können.
Ich schaute rasch aus einem Fenster nach draußen. Der Gärtner stoppte seine Harkerei und glotzte neugierig zu mir her. Und der Schattenkläffer - er war nicht mehr an seinem Platz unter der Trauerweide! Ich sah voll Entsetzen ein unscharf wirbelndes, aus rauher Kehle bellendes und in Richtung der Baracke galoppierendes Etwas, das bereits die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte. Nur die
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