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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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Nerven behalten, flüsterte eine innere Stimme, die sich zugegebenermaßen reichlich panisch anhörte. Ich wandte mich vom Fenster ab.
    Mit einem Blitzhüpfer war ich wieder auf den Querstreben über dem Aquarium und machte mich zum Sprung Richtung Dachfenster bereit. Der Lautstärke des Gebells nach zu urteilen, hatte mein Häscher schon fast den ganzen Garten durchquert und freute sich offensichtlich riesig, mich in die Klauen schließen zu dürfen. Ich konnte auf die Begrüßung verzichten, denn es war kaum anzunehmen, daß ein mit Kläffern derart gut vertrauter Mann wie Horche sich zur Bewachung einer fußballfeldgroßen Grünanlage einen Zwergpinscher angeschafft hatte. Selbst wenn das Mistvieh nicht zum Töten abgerichtet war, würde es sich um keinen Preis der Welt davon abbringen lassen, mich bei unserer Begegnung in blutige Fleischfransen zu tranchieren.
    Das Dachfenster befand sich in zirka zwei Meter Höhe. Ein Klacks für mich; ich hatte schon bedeutend höhere Sprünge mit Leichtigkeit absolviert. Natürlich war ich da etwas jünger gewesen - nun, sagen wir, entscheidend jünger. Und natürlich hatten mir dabei nicht alle Glieder geschlottert, und es lief vor meinem geistigen Auge auch nicht andauernd dieser faszinierende Dokumentarfilm ab, in dem ein wolfartiger Kläffer mit meinem Kopf »Hol das Bällchen!« spielt. Aber schließlich war ich diese Übung dem sportlichen Ehrgefühl meiner Art schuldig. Irgendwie auch meiner Gesundheit.
    Der markerschütternde Radau, den die Bestie während des Laufens von sich gab, ließ meine Trommelfelle fast bis zum Zerplatzen erzittern. Das Mistvieh würde jeden Augenblick durch die Tür stürmen und nach mir schnappen. Jetzt oder nie! rief ich mir lautlos zu und wäre sogar fast dem Drang erlegen, mich noch schnell zu bekreuzigen, hätten meine kräftigen Hinterpfoten nicht schon längst die Initiative ergriffen und mich zum Dachfenster hinaufkatapultiert.
    Das Resultat war durchaus zufriedenstellend. Doch, doch, ein toller Sprung, wie schwerelos - und so ästhetisch, eigentlich wie aus dem Lehrbuch. Allerdings hätten Preisrichter wohl am letzten Teil der Nummer etwas zu mäkeln gehabt, denn den eigentlichen Zweck verfehlte sie um Haaresbreite. Ich kam einfach nicht hoch genug, so daß ich zwar mit verzweifeltem Geschick noch die Krallen der Vorderpfoten in den Gummirand des Fensters rammen konnte, doch außer einem komödiantischen Hampeln in der Luft nichts zuwege brachte. Dann jagte auch schon der von den überstrapazierten Krallen ausgehende Schmerz durch meinen ganzen Körper, die Kräfte erlahmten, und ich fiel, ich fiel, o wie ich fiel!
    Leider nicht auf festen Boden, sondern mit einem lauten Plansch! direkt in das schmucke Aquarium. Dabei war es mir nur ein geringer Trost, kurz vor dem Eintauchen noch mitzukriegen, wie die schemenhafte Gestalt meines Häschers in die Bude eindrang, und ich zumindest auf Tauchstation vor ihm sicher war. Sofort nach meiner Ankunft in seinem Territorium stürzte das Piranhageschwader wie eine Ladung Pfeile auf mich zu, so daß ich mich gar nicht aufs Ertrinken konzentrieren konnte. Ich strampelte wie verrückt, um an die Wasseroberfläche zu gelangen, doch es war alles umsonst, die ersten Räuber waren bereits dabei, sich mit ihren scharfen Zähnen über mich herzumachen. Ich gab die Hoffnung auf, schloß die Augen, fügte mich in mein Schicksal, wohl hauptsächlich deshalb, weil sich meine Lungen in rasender Geschwindigkeit mit Wasser füllten. Die Welt da draußen war nur noch ein unbedeutendes Grau, und die Schmerzen wurden dank des flott fortschreitenden Bewußtseinsverlusts etwas gemildert.
    Dann doch ein starker Schmerz. Ich öffnete die Augen und sah mich mit der gesamten Piranhabande konfrontiert, die an meinem Körper klebte wie ein Haufen Blutegel. Aber der Schmerz wurde nicht von ihnen verursacht. Es war auch kein Biß, sondern ein kräftiges Reißen und Ziehen, und zwar an meinem Nackenfell. Ja, ich wurde daran hochgezogen, schnell, sehr schnell. Das erinnerte mich an irgendwas, an eine ähnliche Situation. Das Gedächtnis von Todgeweihten ist nicht gerade nobelpreisverdächtig, aber als ich endlich wie eine nasse Socke aus dem Wasser gehievt wurde und hustend und speiend nach Luft rang, bemerkte ich den wohlbekannten Gestank und wußte: Diesen verdammten Hektor würde ich wohl nie mehr los!

 
     
     
     
    4. Kapitel
     
     
    Es ist kein schlechtes Gefühl zu wissen, daß man innerhalb der nächsten Sekunde

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