Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman
Vielfalt von Blumen, vor allem Rosen, wie Ornamente angelegten Zierhecken, einem Teich, auf dem Seerosen schwebten, und sich flußadergleich verästelnden Pfaden aus gebrochenen Sandsteinplatten. Zur Straße hin wurde diese Augenweide von einem nicht minder prächtigen schmiedeeisernen Tor begrenzt, dessen Anblick den vorbeischlendernden Spaziergänger auf dem Gehsteig von einem geheimen Garten Eden dahinter schwärmen lassen mochte.
In meiner Verwunderung über das grenzenlos scheinende Grün inmitten einer von altehrwürdigen Bauten gesäumten Straßenzeile hatte ich das Wesentliche übersehen. Nun aber fiel mir auf, daß im Vorderteil des Grundstücks eine Baracke stand. Baracke war vielleicht der falsche Ausdruck, denn der rechteckige, lackglänzende Kasten mit dem aufgeklappten Dachliegefenster schien eher eine Luxus-Version davon zu sein. Sie war aus feinstem Holz gezimmert, ich tippte auf Kirschbaum, und dazu mit allen Finessen des Drechslerhandwerks bearbeitet, einschließlich Holzreliefs an den Außenwänden. Genau besehen sah die Kiste in der Tat nach dem feinen Refugium eines Pensionärs aus, der sich am Ende eines strapaziösen Lebens auf die beruhigende Wirkung der Natur besonnen hatte und der trotz seines Wohlstandes keinen Wert auf eine Villa oder andere standesgemäße Behausungen legte. Ich war also doch bei der richtigen Adresse gelandet.
Eine seitliche Feuertreppe führte hinunter auf den Hof des Hauses, auf dessen Dach ich gerade stand. Eilig hoppelte ich die Metallstufen hinunter. Als ich schon beinahe unten angelangt und von der Treppe auf die Mauer gesprungen war, welche an den Riesengarten grenzte, erlitt ich den zweiten Schock. Diesmal jedoch so intensiv, daß mir die Luft wegblieb. In der Ferne sah ich nämlich einen Mann unter einer Trauerweide hervorkommen. Aber nicht irgendeinen Mann. Und selbst die Bezeichnung »Mann« war in diesem Zusammenhang fehl am Platze, denn es handelte sich genaugenommen um ein fleischgewordenes Trugbild, um die Hauptfigur aus meinem Alptraum: Ein Gärtner, welcher das gesamte Aufgebot meines Traums in seiner Person repräsentierte, schlenderte mit dem Rechen in der Hand lässig über den Rasen, und als sollten noch meine letzten Zweifel ausgeräumt werden, trug er sogar das aus Strohhut, knielanger grüner Schürze und Gummistiefeln bestehende Outfit. Natürlich war das Gesicht nicht geschwärzt. Doch der Schatten der Hutkrempe sorgte dafür, daß es stets verdüstert blieb. Und genau wie in meinem Traum begann der Gärtner nun den Rechen über den Rasen zu schwingen, obwohl nirgends Laub zu sehen war.
Unter der Trauerweide erspähte ich noch einen Schatten. Es schien ein Kläffer zu sein, der gerade Siesta hielt. Wahrscheinlich gehörte er dem Gärtner. Ich wußte, daß der Schlaf dieser Viecher ebenso unbeständig war wie der unserige, und der jetzt so friedlich anmutende Döser würde wie von einem Katapult geschleudert aufspringen und nach mir hetzen, sobald er ein verdächtiges Geräusch oder einen seiner Nase mißfallenden Geruch wahrnehmen würde. Trotzdem, nachdem ich den ersten Schrecken überwunden hatte, faßte ich Mut, sprang und landete geräuschlos auf dem Flachdach der Baracke. Denn eher würde ich mich ohne Narkose einer Prostataoperation unterziehen als umzukehren, nachdem ich so weit gekommen war. Obwohl ich immer noch nicht wußte, wie die vielen Puzzleteile zusammenzusetzen waren, wähnte ich mich instinktiv der Lösung des Falles sehr nahe.
Während ich auf dem Dach den unheimlichen Gärtner und seinen pennenden Schattenköter in einem Auge behielt, blickte ich mit dem anderen durch das hochgeklappte Lukenfenster in das Innere der Hütte. Wieder eine Überraschung! Vielleicht sogar mehrere. Aus der Vogelperspektive zeigte sich, daß die Räumlichkeit weder besonders beengt noch unkomfortabel war. Ich wunderte mich vielmehr, wie geräumig sie wirkte, und wie stilvoll man sie gestaltet hatte. Antikes Mobiliar entlang der bis an die Decke mit Bücherregalen verstellten Wände, ein Kupferboiler aus der Zeit der Jahrhundertwende nebst einer Emaille-Badewanne hinter einem Paravent, eine Zwergküche de luxe und ein Schreibtisch im Louis-seize-Stil mit Stapeln von Unterlagen. Es sah irgendwie so aus, als hätte ein Aristokrat sich überlegt, wie verarmte Aristokraten hausen.
Das interessanteste Schaustück befand sich jedoch im Zentrum des Raumes. Ein Aquarium von der Größe einer Metzgereikühltruhe, oben mit etlichen Gerätschaften zur
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