Felidae 4 - Das Duell
Ausrüstung für den letzten barbarischen Akt ließ in der Tat nichts zu wünschen übrig!
Als allerersten hatte es ausgerechnet den beigebraunen Abessinier erwischt, jenen Panther in Kleinformat, den ich von meinem nachmittäglichen Besuch im Glashaus her kannte. Er zappelte im unbarmherzigen Griff seines Peinigers und kreischte vor Todesangst. Das Gejaule der anderen in den Käfigen steigerte sich in Anbetracht des nahenden Grauens, das auch sie bald ereilen würde. Das ohrenbetäubende Heulen schien die ganze Halle zum Erzittern zu bringen, nur die Herzen der anwesenden Menschen rührte es nicht.
Ich wollte den Blick abwenden, um die Tragödie nicht mit ansehen zu müssen. Doch dann fragte ich mich, ob ich mich bis hierhin durchgeschlagen hatte, um feige im sicheren Versteck auszuharren, um die Augen zu verschließen, wenn es ernst wurde, und ansonsten unhörbar die Schlechtigkeit der Welt zu beklagen. Nein und nochmals nein! war die Antwort: Eher würde ich mir selber eine Giftspritze verpassen, als dieses perverse Schauspiel tatenlos hinzunehmen.
Ich hechtete aus meiner Deckung und stürmte in Richtung des Arztes, der den zappelnden Abessinier fest umklammert hielt. Es war besinnungslose Wut, die mich antrieb, in einer solchen Situation nicht gerade die beste Ratgeberin. »Ins Bein beißen!«, »Das Gesicht zerkratzen!« wirbelte es mir durch den Schädel. Die haßerfüllten Laute, die ich dabei von mir gab, verrieten mich leider im Nu, und die drei Männer riß es zu mir herum. Ich hatte nicht einmal die Hälfte der Strecke zurückgelegt, da sah ich einen von ihnen mit einer lässigen Bewegung zum Regal hinter sich greifen und eines der altbekannten Blasrohre hervorzaubern. Mit koboldartiger Schnelligkeit setzte er an, zielte und schoß.
Ein scharfes Surren erklang, und diesmal erwischte mich der Pfeil am Oberschenkel des rechten Hinterbeins. Durch den Schmerz aus dem Rhythmus gebracht, kam ich ins Schlingern, verlor das Gleichgewicht, stürzte, überschlug mich mehrmals und blieb dann auf dem Parkett li egen. Nach der ersten Verwirrung sammelte ich mich und haschte nach dem Hinterbein. Es gelang mir, mit der Schnauze an die in einem Metallring eingeschweißten Kunstfasern im hinteren Teil der Nadel heranzukommen und schließlich das Ding aus dem Fleisch herauszureißen.
Doch es war zu spät! Das wenige Betäubungsmittel, das mir ins Blut gegangen war, würde mich zwar kaum in einen stundenlangen Schlaf befördern, aber bestimmt ausreichen, den Körper in eine leichte Lähmung zu versetzen. Zudem mußte in meinem erregten Zustand das Blut doppelt, wenn nicht sogar dreimal so schnell zirkulieren, so daß die Wirkung wohl extrem schnell einsetzen würde.
Gedacht, geschehen. Im nächsten Augenblick fühlte ich mich von einem rasenden Schwindel überwältigt. Vor meinen Augen begannen sich die Umrisse zu verzerren und zu verschieben; die Bewegungen um mich herum verlangsamten sich, um sich im nächsten Augenblick sprunghaft zu beschleunigen; Stimmen und Geräusche drangen mal unter Hall, mal sehr dumpf in meine Ohren -und als ich einen kläglichen Versuch unternahm, wieder auf die Beine zu kommen, mußte ich zu meinem Schrecken feststellen, daß es nicht funktionierte. Der Stich des Betäubungspfeils hatte mich in einen wehrlosen Zuschauer verwandelt. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als liegenzubleiben und den Anblick des Massenmords bis ins letzte Detail über mich ergehen zu lassen, bis auch ich irgendwann an der Reihe sein würde.
Ich registrierte, daß das Gejaule der Brüder und Schwestern in den Käfigen kurzzeitig abebbte, als sie meinen blamablen Auftritt mitbekamen. Des weiteren, wie Adrian sich trotz aller Ausweglosigkeit ein anerkennendes Lächeln abrang und dann ratlos den Kopf schüttelte. Wie Fabulous vor einem Käfig regungslos innehielt und mich mit traurigen Augen anstarrte. Vor allem jedoch sah ich, wie aus den Gesichtern der jungen Ärzte am Operationstisch hohnlachende Fratzen wurden, die wie in einem Zerrspiegel zu grotesken Formen zerliefen.
Meine humoristische Einlage hatte sie nur kurzfristig von ihrem Vorhaben abgehalten. Einer von ihnen zerbrach jetzt eine Ampulle und zog daraus das Gift durch die Nadel in die Spritze auf. Derweil verwandelten sich die gummibehandschuhten Hände der anderen in einen regelrechten Schraubstock, in dem der Abessinier sich keinen Millimeter mehr rühren konnte. Sein Kopf war zu mir gewandt, und der mutlose Blick aus den leuchtend grünen Augen
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