Felidae 4 - Das Duell
beeilte sich, Gas zu geben, floh in die entgegengesetzte Richtung. Ein Abschied zum denkbar richtigen Zeitpunkt, denn gleich nachdem wir uns voneinander losgesagt hatten, klatschte auch schon der nächste Betäubungspfeil gegen die Scheibe.
Mein Ziel war es, rasch um die Ecke zu entwischen, danach eine weitere Ecke zu nehmen, schließlich die Treppe zu erreichen und mich dann irgendwie in Luft aufzulösen. Wahrend ich wie unter Starkstrom zum Vorsprung hechtete, schossen mir allerlei Fragen durch den Schädel: Wer war der Skimaskenmann, und wieso wollte er mich oder Adrian oder uns beide in Tiefschlaf versetzen? Oder handelte es sich gar um Giftpfeile? Dagegen sprach allerdings, daß der Angreifer mit dem Blasrohr arbeitete. Hätte er uns töten wollen, so hätte er besser von einem Jagdgewehr mit Zielfernrohr Gebrauch gemacht. Er benutzte nicht einmal Betäubungsgeschosse, wohl, weil er befürchtete, daß sie beim Aufschlag die inneren Organe des Wildes verletzen oder dessen Knochen zertrümmern und es auf diese Weise umbringen könnten. Der Skimaskenmann wollte uns lebend und unversehrt! Aber warum? Fest stand, daß er bei seiner Aktion von Agatha und ihrem Dr. Gromyko nicht erkannt werden wollte. Wegen uns hatte er sich bestimmt nicht in dieses alberne Ninja-Kostüm geworfen. Und wie um alles in der Welt hing dies alles mit den haarsträubenden Ereignissen und Begegnungen des zurückliegenden Abends zusammen?
Endlich bog ich um die Ecke und rettete mich aus dem Schußfeld – dachte ich jedenfalls in meiner grandiosen Einfalt. Doch weit gefehlt! Denn sobald ich um die Ecke kam, schwirrte auch schon ein weiterer Pfeil nur einen Millimeter über meinen Kopf hinweg und traf die Mauer. Einen Vorteil hatte die Überraschung allerdings. Ich wußte nun, daß es nicht einen, sondern zwei Skimaskenmänner gab. Aber vielleicht lungerten in der Gegend nicht nur zwei von der Sorte herum, sondern gleich drei oder vier oder fünf oder ...
Den zweiten Mann nahm ich aus den Augenwinkeln wahr. Genauso wie der erste trug er einen weißen Tarnanzug mit entsprechender Maske und hielt sich hinter einem Pyramidenbaum verborgen. Und genauso wie der erste war er ein Meister des flotten Nachladens. Schon flog mir der nächste Pfeil um die Ohren, so nah, daß ich den Lufthauch spürte. Kurzzeitig mußte ich an Adrian denken. Hatte er sich im Gegensatz zu mir in ein Schlupfloch retten können? So wie es aussah, hatten die Kerle das Gebäude richtiggehend umzingelt.
Der nächste Mauervorsprung kam mir entgegen, und ich hoffte jetzt, im nächsten Moment in Sicherheit zu sein. Ich wirbelte mit rutschenden Pfoten um die Ecke, erkannte bereits in der Ferne die nach unten führende Treppe und lief mit affenartiger Geschwindigkeit darauf zu. Doch leider hatte die Hoffnung getrogen. Plötzlich spürte ich einen beißenden Schmerz in meinem Hintern und wußte im gleichen Moment, daß mich der dritte Skimaskenmann erwischt hatte. Ich sah ihn, wie er hinter einem Gebüsch das Blasrohr aus dem Mund nahm und seelenruhig meine Reaktion beobachtete. Noch spürte ich keinerlei Wirkung. Deshalb wollte ich nichts unversucht lassen und machte mich daran, mit einer raschen Kreiselbewegung an die schmerzende Stelle an meinem Hintern heranzukommen. Aber immer dann, wenn ich ansetzte, den emporragenden Pfeil mit den Zähnen zu erwischen, nahm mein Hinterteil Reißaus, so daß die Drehung wieder von vorne begann. Ich drehte mich also im wahrsten Sinne des Wortes im Kreis.
Langsam stellte sich Schwindel ein, dann eine spontane Müdigkeit, dann verspürte ich seltsamerweise ein Gefühl der Leichtigkeit und zuletzt nur noch Gleichgültigkeit. Ich gab das sinnlose Unterfangen auf und torkelte in Richtung der Treppe. Wie ein allem Irdischen erhabener Buddha beschäftigte mich nur noch der Gedanke, wie ich zum Ursprung der milliardenfach rieselnden Schneeflocken entschweben konnte. Dabei geriet ich an den Rand der Terrasse, rutschte mit der linken Vorderpfote aus, dann mit der Hinterpfote, dann mit allen vieren, verlor das Gleichgewicht, kippte seitlich um, veranstaltete noch ein paar halbherzige Versuche, die Balance wiederzufinden, und dann, tja, und dann flog ich die drei Stockwerke hinunter.
Das letzte, was meine müden, sich verdunkelnden Augen sahen, war ein weiterer Skimaskenmann, der einen schwarzen Sack geöffnet hielt, auf den ich wie ein herabsausender Meteorit zuschoß. Jetzt wird die Sache ein bißchen kompliziert, dachte ich wie besoffen, aber auch
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