Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
Vom Netzwerk:
ich nicht daran gedacht, daß ich nicht freiwillig hierhergekommen war, ich hätte mich auf der Stelle wieder umdrehen und weiterschnarchen mögen.
    Ich spürte aber auch Schmerzen. Nichts, was der Rede wert gewesen wäre, dennoch piesackend genug, um nicht ignoriert zu werden. Die Einstichstelle des Betäubungspfeils am Hintern glühte immer noch ein bißchen, doch kaum schlimmer als nach einem Insektenbiß. Etwas weiter weg brannte es allerdings höllisch, und ich überlegte, ob ich mir diese Verletzung bei dem Kampf mit Adrian zugezogen hatte oder später durch den Sturz von der Terrasse. Eine innere Stimme sagte mir, daß es eine sehr frische Wunde sein mußte. So oder so, trotz der fürsorglichen Unterbringung schien meine Lage wenig beneidenswert. Ich war ein Gefangener, und wer wußte schon, was die Leute mit mir planten, die mir diese Rolle zugedacht hatten.
    »Hallo, Francis, hast du gut geschlafen?«
    Fabulous' milchkaffeefarbenes, wuschelhaariges Gesicht erschien hinter den Gitterstäben wie eine Vision aus einem – zur Abwechslung angenehmen – Traum und nahm mir die Sicht auf das riesige Plakat. Der Blick aus ihren goldenen Augen schwankte zwischen Wiedersehensfreude und echter Besorgnis. Das wuchernde Zobelfell an der Halsgegend meiner Angebeteten verlieh ihr die Ausstrahlung eines unnahbaren Engels. Trotz meiner angeschlagenen Physis spürte ich augenblicklich die Liebesglut in mir hochsteigen.
    »Und wie!« antwortete ich. »Ich habe sogar geträumt. Ich sah uns beide im Petersdom, wir heirateten, während Männer mit Skimasken und Blasrohren in den Händen die Brautjungfer markierten.«
    »Na, wenigstens hast du deinen Humor nicht verloren.«
    »Wie könnte ich? Die Situation, in der ich stecke, ist doch wirklich zum Totlachen.«
    »Fühlst du dich etwa immer noch nicht wohl?«
    »Nein, Fabulous, stell dir mal vor, ich fühle mich ganz und gar nicht wohl. Ich bin in diesem blöden Käfig eingesperrt, ich bin gefangen, und es würde meine Laune wirklich immens heben, wenn du auf deine humorvollen Einlagen verzichten würdest.«
    »Aber wie kommst du auf so eine absurde Idee? Du bist nicht gefangen«, sagte sie und schaute mich völlig irritiert an.
    »Nein?«
    »Nein! «
    Ich wußte weder, was ich darauf antworten, noch, was ich nun unternehmen sollte, und schubste aus reiner Verlegenheit die Käfigtür mit der Nase an. Sie schwang ohne Umstände und geräuschlos auf und erlaubte mir den Anblick einer Fabulous, die nicht durch dieses schreckliche Gittermuster verunziert war. Noch ziemlich wackelig auf den Beinen, erhob ich mich, verließ den Käfig, gesellte mich zu Füßen des Riesenplakats zu ihr und versuchte mir einen Eindruck von meinem Aufenthaltsort zu verschaffen.
    Der hatte es in sich. Die Wirkung war doppelt stark, weil ich zwar bereits nach einem flüchtigen Umsehen sofort wußte, wo ich mich befand, aber von den mittlerweile stattgefundenen Veränderungen regelrecht geschockt war. Seit ich vor Äonen dieses Revier bezogen hatte, gehörte die alte Porzellanmanufaktur für mich zum alltäglichen Bild – eigentlich für jeden hier in der Gegend, da sie von jedem Winkel aus zu sehen war. Es handelte sich um ein aus rotem Backstein bestehendes, auf einem Hügel thronendes Relikt vom Beginn der Industrialisierung, als man noch nichts dabei gefunden hatte, Fabriken mitten in der Stadt zu errichten. Sie war gleich nach dem großen Krieg stillgelegt worden und seitdem allein von Fledermäusen und obdachlosen Artgenossen bewohnt. Der Schornstein wurde vor ein paar Jahren wegen Baufälligkeit gesprengt, ein aufregendes Ereignis für alle Bewohner des Viertels, für das auch ich meine Hütte räumen mußte und in einem von Gustav getragenen Korb zugegen war.
    Und nun das! Der zirka acht Meter hohe, fünfhundert Quadratmeter messende Bau war inzwischen offenbar einer kostspieligen Renovierung unterzogen worden. Die Maschinen waren alle weg, die Ritzen zwischen den Backsteinen sauber verfugt und die die Mauern stabilisierenden Doppel-T-Eisen erneuert. Auf dem ehemals verrotteten Boden glänzte edelstes Parkett. Allein die alten Versorgungsrohre, die wie mammuthafte Rippen entlang der Wände verliefen, hatte man, wohl wegen ihres archaisch imposanten Industrielooks, geschont. Von einer Stahlkonstruktion an der Decke baumelten Dutzende von Lampen herunter. Das Beeindruckendste waren jedoch die mindestens drei Mann hohen und nicht weniger breiten Bleiglasfenster in Rundbogenform, die einen

Weitere Kostenlose Bücher