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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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schwachsinnig gewordenen Alten stützend und betüttelnd zum Schwachsinns-Arzt verfrachten müssen. In Wahrheit taten sie mir einen Gefallen damit. Ich sollte mein Gesicht wahren und so tun dürfen, als sei ich weiterhin Herr über meine Sinne und könne mir wie in alten Tagen immer noch selbst helfen.
    Sanctas Ausführungen zufolge handelte es sich bei diesem Sigmund um das geliebte Haustier eines erfolgreichen Psychotherapeuten, der sich vornehmlich bei den oberen Zehntausend großer Beliebtheit erfreute. Während Herr Doktor tagsüber in seiner Praxis den Reichen und den Schönen irgendwelche Kindheitstraumata oder andere aus Langeweile
geborenen Hirnfürze aus der Nase zog, tat Sigmund zu Hause das Gleiche unter seinen Artgenossen. Er hatte seinem Herrchen all die Psychotricks und Therapiemethoden abgeguckt und heimlich sehr intensiv die Fachliteratur aus der Hausbibliothek studiert. Auf diese Weise zum Experten auf dem Gebiet der Seelenklempnerei aufgestiegen, genoss er bei meinesgleichen den exzellenten Ruf, jeden noch so hartnäckigen Knacks kurieren zu können. Angeblich konnte er Blinde wieder sehend machen beziehungsweise solche Irre wie mich wieder total normal. Sogar Sancta hatte bei ihm ohne mein Wissen einige Sitzungen absolviert. Vermutlich hatte sie sich bei ihm ausgeheult, was ich doch für ein unsensibler Trottel sei. Na ja, Ablästern über den vermeintlich gefühllosen Partner galt ja beim weiblichen Geschlecht bereits als eine erfolgreiche Therapie.
    Selbstverständlich glaubte ich nicht an solchen Hokuspokus. Aber was blieb mir anderes übrig? Schließlich nahm ich die Zeit rückwärtslaufend wahr. Genauso gut hätte ich auch Stimmen hören können, die mich dazu zwangen, mich ab jetzt nur noch bellend zu unterhalten. Außerdem hatte ich ja auch sonst den ganzen Tag nichts zu tun. Was hatte ich also zu verlieren? Meine künftige Hauptbeschäftigung konnte ja wohl kaum darin bestehen, wie ein Blöder andauernd Uhren zu beglotzen und zwischendurch immer wieder für acht Minuten und sechsundfünfzig Sekunden in die Vergangenheit zu reisen. Also machte ich mich auf den Weg zu Professor Freud, Pardon, zu Bruder Sigmund.
    Dieser Bruder residierte in einem Gebiet, das wir im Revier teils spöttisch, teils bewundernd Beverly Hills nannten. Dabei handelte sich um einen zerklüfteten Hügel, der
nach den Hinterhofgärten seinen Anfang nahm, zunächst moderat anstieg, zum Gipfel hin jedoch so steil wie ein Alpenmassiv wurde. An den Hängen von »Beverly Hills« hatten sich samt und sonders Betuchte in Form von Luxusvillen manifestiert, daher auch der Spottname. Einige von diesen Villen waren mit ihrem schnörkeligen, säulenfetischistischen Design an Einfalls- und Geschmacklosigkeit kaum zu übertreffen und hätten für Barbie und Ken das ideale Zuhause abgegeben. Doch das Gros der Baukunst war von Stars der Zunft entworfen worden, sodass es sich wie eine Collage aus hippen Hochglanz-Architekturmagazinen ausnahm. Sehr viel Glas und Edelstahl und Beton und jede Menge gewagte, meist krumme und schiefe Formen. Es reichte eben nicht, viel Geld zu besitzen, man musste auch noch allen zeigen, dass man es mit vollen Händen einem Architekten in den Rachen geworfen hatte, der bei seinem Studium im Fach Gerade Linienführung gefehlt hatte.
    Aber ich will nicht stänkern. Mir bot sich ein extrem edler, um nicht zu sagen nobler Anblick, während ich die sich abenteuerlich hochschlängelnde Straße hinauftapste. Links und rechts reihte sich ein prächtiger Kasten neben dem anderen, die alle in ihrer gläsernen Transparenz eine Ähnlichkeit mit überdimensionierten Schneewittchensärgen besaßen. Das entschädigte mich allerdings nicht für die Mühsal, die ich auf mich genommen hatte. Zwischen den Bungalows öffnete sich der Blick hinunter ins Tal, wo sich unser Gründerzeitviertel wie der beschaulichste Teil einer Modelleisenbahn-Landschaft ausnahm. Hätte ich vorher gewusst, dass der Psycho-Heini so weit oben wohnte, wäre ich gleich daheimgeblieben und hätte die temporären Zeit-Anfälle
so gelassen über mich ergehen lassen wie mittelschwere Blähungen.
    Ächzend und schnaufend und schon fast gar gekocht von der sengenden Sonne, erreichte ich schließlich die Heilungsstätte, die bei meinem Pech natürlich ganz einsam auf dem Gipfel des Hügels stehen musste. Was heißt stehen, der wahr gewordene Traum sämtlicher verkrachter Architekturstudenten wurde von mehreren wuchtigen, diagonalen Betonpfeilern gegen den

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