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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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anders. Ich meine, wenn die Zeit wirklich zurücklaufen würde, wären wir irgendwann wieder jung und könnten der Mäusebrut die Hölle heißmachen.«
    »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte ich etwas ratlos. »Eigentlich bin ich froh, dass die stürmischen Zeiten vorbei sind. Ich genieße die Ruhe. Und die blöden Mäuse können mir gestohlen bleiben. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht mehr, was ich früher gegen diese Viecher hatte.«
    »Hm«, machte Sigmund und sah selbst ratlos drein. Dann leckte er sich wie selbstvergessen die Pfote und strich sich damit mehrmals übers Gesicht. »Also, ich könnte mir vorstellen …«
    »Sigmund, könntest du auch in Betracht ziehen, dass ich recht habe?«
    »Womit?«
    »Na, dass die Zeit wirklich rückwärtsläuft und nur ich es zeitweilig merke.«
    »Sicher, sicher. Wie gesagt, es geht mir nicht darum, dich zu pathologisieren. Ich will dir nicht auf Teufel komm raus einen Knacks anhängen. Aber ich würde mit dir noch gerne einen Test durchführen, um letzte Zweifel auszuräumen, dass das Ganze nicht mit in deinem Unterbewusstsein gespeicherten Verletzungen zusammenhängt.«
    »Was für einen Test?«
    »Was denkst du über Hypnose?«
    »Keine Ahnung. Die einzige Hypnose, der ich mich bereitwillig hingebe, ist mit Gustav – das ist der Kerl, der bei mir wohnt – im Fernsehen ›DSDS‹ anzuglotzen. Meistens schlafe ich schon nach fünf Minuten ein. Herrlich!«
    »Aber könntest du dir vorstellen, dich von mir hypnotisieren zu lassen? Du müsstest es richtig wollen, sonst klappt es nicht. Ich möchte in dein Unterbewusstsein eindringen, dort tiefe Schichten freilegen und schauen, was es
mit diesem Zeit-Phänomen wirklich auf sich hat.« Das Kupfer in Sigmunds Augen verdunkelte sich um einige Rottonstufen. Allein die Pupillen schienen seltsam hell zu flirren.
    Inzwischen fühlte ich mich derart entspannt, dass eine Hypnose auch keine größere Gelöstheit gebracht hätte. Eigentlich hätte Dr. Freud gleich zur Tat schreiten können. Aber als ein Fetischist des Verstandes, der ich nun mal war, glaubte ich natürlich keinen Moment lang an solche Nebelkerzen wie Hypnose, Bestellungen beim Universum und an den Wahrheitsgehalt von Spam-E-Mails. Gerade die Hypnotisiererei hielt ich für einen von Jahrmarktgauklern abgekupferten Trick. Dabei übt die Autorität des Augenverdrehers, insbesondere wenn Publikum anwesend ist, auf den Probanden eine solch Ehrfurcht gebietende Wirkung aus, dass dieser das Spiel nicht nur freiwillig mitmacht, sondern sein eigenes Zutun in gar keiner Weise bemerkt. Nichts weiter als Autosuggestion. Dieses Spiel funktioniert auch im Psycho-Zirkus wie geschmiert. Der Analytiker hypnotisiert den Patienten, und der Patient tut so, als sei er tatsächlich hypnotisiert, obwohl er es eigentlich nur glaubt . Danach liefert er mit tranceversunkenem Gehabe genau das, was man von ihm erfahren will, in der Regel hochdramatische Lach- und Sachgeschichten aus der Kindheit, die meist völlig erfunden sind.
    Doch gegenwärtig standen die Dinge nicht gerade so, dass ich mich über die Methode des Helfers lustig machen könnte. Im Gegenteil, ich musste nach jedem Strohhalm greifen, der mir angeboten wurde. Deshalb wählte ich den Mittelweg. Will heißen, einerseits amüsierte ich mich über Sigmunds
Vorhaben, andererseits wandte ich meine gesamte Glaubenskraft auf, die Hypnose so ernst zu nehmen wie die Schwerkraft auf der Erde. Fragen Sie mich nicht, wie ich das unter einen Hut brachte. »Leg los!«, ermunterte ich Sigmund.
    Doch der schien keine Eile mit der Hypnotisiererei zu haben. »Findest du, dass mein Schwanz schön ist, Francis?« , wollte er stattdessen wissen.
    »Wie meinen?« Tatsächlich, jetzt, wo er es sagte … Der außerordentlich buschige rote Schwanz entstieg hinter seinem Rücken gleich der Schlange aus des Fakirs Korb und wedelte langsam wie in Zeitlupe. Dabei wurden die Pupillen des Fakirs vollends zu glühendem Magma, und der Blick bekam etwas sehr Beschwörendes. »Fühlst du, wie alles, was dich beschwert, nach und nach von dir abfällt, Francis?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube schon.« Ja, damit konnte er echt recht haben. Denn ich registrierte mit einem Mal wirklich, wie sich nicht nur die nagenden Gedanken immer rascher in Luft auflösten, sondern auch alles andere sonst. Das Einzige, worauf sich meine ganze Aufmerksamkeit richtete, war dieser drollige Schwanz und die seine schlangengleichen Bewegungen begleitende, sanfte Stimme meines

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