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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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lieber Francis?«
    Pascals Stimme hatte einen ironischen Unterton, gerade so, als spotte er über meinen Erfolg.
    Ich wandte mich vom Monitor ab und blickte vom Schreibtisch herab. Er stand an der Tür, und seine gelben Augen glühten in der Finsternis wie kochendes Gold. Dann setzte er sich auf die Hinterbeine und lächelte schmerzlich. Ohnmächtiger Zorn stieg in mir auf, weil ich an dieser Situation weiß Gott nichts Lustiges finden konnte. Trotzdem oder gerade deswegen lächelte ich eiskalt zurück.
    »Ja, Claudandus, jetzt weiß ich fast alles. Es gibt nur noch einige Lücken in meinem Wissen. Vielleicht solltest du deshalb die ganze Geschichte von Anfang an erzählen. So gehört sich das auch, findest du nicht?«
    Er lächelte erneut, doch diesmal so, als sei ich wieder das trotzige Kind, dessen Unwille mehr Anla ß für Erheiterung als für Verdru ß gab.
    »Ach, du meinst, die berühmte Geschichte, die der Mörder dem Detektiv anvertraut, bevor er ihn umbringt - oder umgekehrt?« sagte er amüsiert.
    »Stimmt, oder umgekehrt. Wie auch immer, sei bitte so nett und erzähle sie mir.«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen, mein Freund. Das Wesentliche hast du ja schon selbst herausbekommen. Zugegeben, ich habe dir dabei etwas Schützenhilfe geleistet, weil ich wollte, da ß du Schritt für Schritt in diese Angelegenheit eingeweiht wirst. Trotzdem, die wirklich entscheidenden Dinge, die zur Auflösung des Falles beigetragen haben, sind ganz allein dein Verdienst. Sieger nach Punkten, wäre wohl hier der passende Ausdruck. Nun, was mich betrifft, so war ich z eit meines Lebens ein Verlierer. Aber wie jeder Verlierer habe auch ich von nichts anderem als immer nur vom Sieg geträumt. Ob mein Traum in Erfüllung gehen wird, liegt jetzt in deiner Hand. Dazu jedoch später.«
    Er tapste bis zur Mitte des Raumes und streckte sich auf dem flauschigen Teppichboden aus. Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und machte einem tiefsinnigen Ausdruck Platz. Draußen brüllte mittlerweile ein Sturm.
    »›Gott machte das Wild des Feldes nach seinen Arten, das Vieh nach seinen Arten und alles Gewürm auf dem Erdboden nach seinen Arten. Und Gott sah, da ß es gut war.‹ So spricht der Gott der anderen Tiere. Doch kennst du diese besonderen Tiere, Francis? Kennst du die Menschen, Francis? Ich meine, hast du dir einmal ernsthaft Gedanken über sie gemacht? Weißt du, was in Wirklichkeit in ihren Köpfen vorgeht und wozu sie imstande sind? Wozu sie imstande sind, wenn sie nicht diese schrecklichen Dinge tun, die von den anderen, den sogenannten guten Menschen, wiederum kritisiert werden? Ja, ja, du glaubst bestimmt, sie unterteilen sich in zwei Gruppen, und zwar in gute und in böse. In solche, die Atombomben bauen und Kriege entfachen, und in jene, die gegen das Abschlachten der Wale in den Ozeanen protestieren und für Hungernde Spenden sammeln. Du hast noch nie in einen Menschenkopf hineingesehen, glaubst aber trotzdem zu wissen, da ß zweierlei Sorten von Hirnen darin wohnen. Ach, nichts weißt du, lieber Francis, gar nichts weißt du ... Ich erzähle dir eine Geschichte von Menschen und Tieren, keine Kriminalgeschichte, eine wahre Geschichte ...«
    Er sprach nun sehr leise und bedächtig, als sei er weit, weit weg, an einem anderen Ort und in einer anderen Zeit. Er schien mich dabei kaum wahrzunehmen und machte den Eindruck, als redete er mit sich selbst.
    »Ich wurde vor dreizehn Jahren geboren, und ich kann dir versichern, da ß ich die Welt, so wie sie war, sehr gemocht habe. Ich mochte das Leben und die Sonne und den Regen, ja vielleicht sogar die Menschen. Aber das ist lange her, und es fällt mir wahrhaftig schwer, mich an glückliche Tage zu erinnern, mich überhaupt an das Gefühl von Glück zu erinnern.
    Ich führte damals ein unstetes Leben, war der geborene Streuner, wie man so schön sagt, und hatte viel Spaß. Eines Tages streunte ich zufällig in der Nähe dieses unsäglichen Laboratoriums herum. Es zog mich magisch an. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war, aber plötzlich stand ich an der Schwelle dieses verfluchten Hauses, und ein Mann kam des Weges entlang und öffnete mir die Tür. Es war Preterius. Als ich merkte, was da drinnen vor sich ging, wollte ich zunächst so schnell wie möglich fliehen, nur weit weg von diesem unfa ß baren Horror. Doch dann besann ich mich anders. Ich Idiot nahm mir tatsächlich vor, all das himmelschreiende Unrecht, das diese Monster an unserer Art verübten, minutiös

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