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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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zu beobachten, um es den anderen da draußen und den nachfolgenden Generationen zu überliefern. Wie du siehst, war ich in jenen Tagen schon von missionarischem Eifer erfüllt.
    Was dann geschah, hast du ja selbst dem Tagebuch des hochverehrten Professors entnommen. Ich möchte dich hier nicht weiter mit den ekelhaften Details meiner Versuchskaninchenlaufbahn behelligen. Es ist ein abgeschlossenes Kapitel. Du mu ß t dir nur vergegenwärtigen, da ß das, was du gelesen hast, aus der Sicht des wahren Mörders wiedergegeben wurde. Das Martyrium, das ich erleiden musste, war in Wahrheit tausendmal grausamer, als ein menschliches oder tierisches Gehirn sich vorzustellen vermag.«
    Seine Augen glänzten von Tränen, die ihm langsam zum Maul hinunterrannen und dann leise auf den Teppichboden tropften.
    »Wie dem auch sei, am Ende meiner Kur wurde der gute alte Professor etwas seltsam im Kopf, und alle seine Helfershelfer verließen ihn. Als er dann endgültig überschnappte, sprach ich mit ihm.«
    »Du hast mit ihm gesprochen? Aber das ist ein Sakrileg! Wir dürfen nicht mit den Menschen sprechen. Die Unberührbaren dürfen mit den Unreinen kein einziges Wort wechseln, auch wenn sie in Lebensgefahr sind.«
    »Ach sieh mal an, ein Gläubiger weilt unter uns! Auch wenn ich damit deine religiösen Gefühle verletzen sollte, Francis, leider mu ß ich es aussprechen: Ich hasse Gott! Ich hasse den, der die Welt geschaffen hat, ich hasse den, der diese Menschheit geschaffen hat, der Menschen wie Preterius und Situationen wie die damaligen gemacht hat. Wenn es einen Gott gibt, dann ist er eine riesige, abscheuliche Spinne im Finstern. Wir können die Finsternis nicht erkennen, das Spinnengesicht dahinter und das riesige Spinnennetz, das hinter der Illusion von Glück und Güte verborgen ist!«
    »Und wie hast du mit ihm gesprochen?«
    »Wie? Nun, ich merkte, da ß es langsam, aber sicher mit mir zu Ende ging und wollte deshalb nichts unversucht lassen. Also strengte ich mich an und bewegte meine Kiefer wie ein Mensch und gab Laute von mir wie ein Mensch, imitierte die menschliche Sprache. Es hörte sich ziemlich merkwürdig an, was da aus meiner Kehle hervorgekrächzt kam, doch der Verrückte verstand es. Um sich dem Zweikampf mit mir zu stellen, öffnete er die Käfigtür. Dabei lachte er irr, als hätte er einen Krampf und könnte mit der Lacherei gar nicht mehr aufhören. Sobald die Tür auf war, nahm ich meine letzten Kräfte zusammen, sprang in sein weit aufgerissenes Maul und schlug meine Reißzähne tief in seinen Rachen. Er stürzte hintenüber und versuchte verzweifelt, mich wieder aus seinem blutenden Mund herauszuziehen. Doch es war zu spät. Ich fraß mich in Windeseile bis zu seinen Gedärmen durch, bis er nur noch ein paar Mal zuckte und schließlich bewegungslos dalag.
    Ich war sehr erschöpft und glaubte, jeden Augenblick tot zusammenzubrechen. Aber bevor ich ins Jenseits segelte, wollte ich zumindest noch die anderen befreien, um zu verhindern, da ß sie von den Nachfolgern dieses Sadisten weiter gequält wurden. Ich öffnete die Käfige und schenkte allen Schwestern und Brüdern die Freiheit. Es waren sowieso fast nur noch die Kinder übriggeblieben. Dann sank ich in einen tiefen, bleiernen Schlaf, in dem ich mich tatsächlich schon an die Pforten der anderen Welt klopfen hörte.
    Als ich endlich aufwachte, stand Ziebold vor mir. Er hatte von Anfang an große Sympathien für mich gehegt und sich im Lauf der Zeit immer mehr geweigert, Preterius' unsinnigen Befehlen Folge zu leisten. Schließlich hatte er ja gekündigt, weil er das Leiden der Versuchstiere nicht mehr mit ansehen konnte. An diesem Tag war er vorbeigekommen, weil er von Rosalie, der Ehefrau des Professors, beunruhigende Dinge über den Zustand ihres Gatten erfahren hatte und nach dem Rechten schauen wollte. Und ich wette, als er mich so auf dem Boden neben der Leiche sah, wu ß te er ganz genau, was vorgefallen war. Doch er lächelte nur verschmitzt, nahm mich in die Arme und spazierte pfeifend mit mir aus dieser perversen Geisterbahn heraus. Reiner Zufall, da ß er ganz in der Nähe des Labors wohnte.«
    So ähnlich hatte ich mir die traurige Historie auch vorgestellt. Aber dieser Teil hatte den Stein erst ins Rollen gebracht, war lediglich der Auftakt zu noch größeren Grauen gewesen. Wo blieb der Rest?
    »Wie ging es weiter, Claudandus?«
    »Bitte nenn mich nicht so. Dieser Name weckt schlimme Erinnerungen, weißt du.«
    Er wischte mit einer

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