Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
Vom Netzwerk:
Pflichtbewusstsein gegen die Bereitschaft zu jeder Ungebührlichkeit. Es war richtig spannend, und ich hätte sicherlich meinen Spaß daran gehabt, wenn für mich weniger auf dem Spiel gestanden hätte.
    »In Ordnung«, entschied sie schließlich. »Ich werde es versuchen.«
    Zwanzig Minuten später stand ich in der Gasse neben dem Bonnington, im trüben Abendlicht mehr oder weniger unsichtbar, und verfolgte, wie der Plastiksack aus dem Fenster im dritten Stock segelte und einen weiten Flug machte. Ein dumpfer Laut ertönte, als er auf dem Flachdach aufschlug. Ich kletterte wieder auf den Müllcontainer und zog mich hoch. Das wurde allmählich zur lieben Gewohnheit. Ich holte die Tüte und stieg, so schnell es ging, wieder nach unten. Vom Bonnington sah man mich nicht, aber auf allen Seiten standen Gebäude, hinter deren staubbedeckten Fenstern jede Menge lüsterner Beobachter lauern konnten.
    Cheryl wartete an der Straßenecke auf mich, und wir gingen zusammen weiter.
    »Jetzt bin ich deine Komplizin«, stellte sie fest.
    »Richtig. Das bist du.«
    »Ich könnte meine Stelle verlieren, wenn was rauskommt.«
    »Ja. Das sagtest du.«
    »Daher muss ich wissen, was läuft. Das ist nur fair.«
    »Das ist fair.«
    Schweigen senkte sich zwischen uns herab, erwartungsvoll auf ihrer Seite, nachdenklich auf meiner.
    »Du wirst also jetzt …«
    »Komm mit und lerne meine Vermieterin kennen«, sagte ich. »Du wirst sie mögen.«
    *
    Pen kochte nicht oft, aber wenn sie es tat, passierten drei Dinge. Zuerst einmal verwandelte die Küche sich in eine häusliche Vision der Hölle, komplett mit wallenden Rauchschwaden und beißenden Gerüchen, inmitten derer Töpfen und Pfannen die Böden durchbrannten, Gläser beim nachlässigen Eintauchen in siedendes Wasser klirrend zerschellten und krächzende Harpyien (oder Edgar und Arthur) das gesamte Geschehen von verschiedenen Schränken aus spöttisch kommentierten, während Pen sie mit bitteren Verwünschungen verfluchte. Zum Zweiten erhielt man eine Mahlzeit, die aus dieser vulkanischen Schmiede auftauchte und aussah wie ein Foto aus Essen und Trinken und schmeckt wie etwas, das Albert Roux heraushauen würde, um die Nachbarn zu beeindrucken. Drittens wurde Pen selbst durch diese Qual gereinigt, durch das Feuer veredelt, und strahlte für Stunden oder gar Tage danach eine zenartige Ruhe aus.
    Die Bemühungen dieses Abends galten – zu Ehren Cheryls – einem Lammfleisch-Cassoulet. Zutiefst beeindruckt arbeitete Cheryl sich durch einen zweiten und einen dritten Nachschlag.
    »Das ist sensationell«, schwärmte sie. »Sie müssen mir das Rezept verraten, Pam.«
    »Nennen Sie mich Pen, meine Liebe«, sagte Pen voller Innigkeit. »Ich fürchte, es gibt kein Rezept. Ich koche holistisch – und halb betrunken –, daher wird nichts je wieder so wie davor.«
    Sie füllte Cheryls Glas nach. Es war etwas Australisches mit einem Adler auf dem Etikett. Die Aussies zogen auf ihren Weinflaschen offenbar Raubvögel Beuteltieren vor. An ihrer Stelle hätte ich mich für das spezifischere Verkaufsargument stark gemacht. Ich hielt mein Glas zum Nachschenken hoch. Ich ließ mich manchmal dazu überreden, als Partygag die gesamte Monty-Python-Nummer über australische Tischweine zu rezitieren. »Viele Leute in diesem Land …« Schwierig war nur, jemanden zu finden, der das Überreden besorgte.
    »Sie leben also mit Felix zusammen?«, fragte Cheryl und hob eine Augenbraue.
    »Nicht im biblischen Sinne«, antwortete Pen und schüttelte den Kopf. »Obgleich er etwas Alttestamentarisches an sich hat, nicht wahr?«
    »Wie etwas von Sodom und Gomorrha, meinen Sie?«
    »Ich sitze noch hier«, warf ich ein.
    »Nein«, sagte Pen und ignorierte mich. »Ich dachte an Noah. Ausgesprochen selbstverliebt. Ständig irgendwelche riesigen Wahnsinnprojekte in Arbeit, in die er jeden hineinzieht. Hinter allem her, was einen Rock trägt …«
    »Das habe ich von Noah aber noch nicht gehört.«
    »Oh, er war ein geiler alter Bock. Das waren sie alle. Wenden Sie niemals einem Patriarchen den Rücken zu.«
    Als unverdienten Nachtisch rollte sie eine Schokoladentorte aus dem Supermarkt herein. Sie holte auch den Brandy hervor, aber ich entwand ihr die Flasche und stellte sie zurück in den Schuhschrank, wo sie aufbewahrt wurde. »Wir brauchen einen klaren Kopf für das, was gleich anliegt«, ermahnte ich sie.
    »Was liegt gleich an?«
    »Wir müssen arbeiten.«
    »Riesige Wahnsinnsprojekte«, zitierte Cheryl.
    »Ich habe Sie

Weitere Kostenlose Bücher