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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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dass es nichts gab, was er mir hätte anbieten können, das ich haben wollte. Ich und Liebe – sogar ich und Sex – bildeten eine komplizierte Gleichung, und man konnte eine leere Tasche mit einem besonderen Schick tragen wie einen Orden der Integrität. Aber Antworten? Ja. Ich wäre auf der Suche nach Antworten um die halbe Welt gezogen.
    Damjohn lächelte, und dieses Mal war es echt – nicht Ausdruck irgendwelcher warmen Empfindungen für mich, sondern simpler reiner Freude, meinen Schwachpunkt gefunden zu haben.
    »Sie wissen das?«, war alles, was mir dazu einfiel. »Worher? Ich habe gehört, Jesus ging zu den Prostituierten und predigte ihnen, aber das ist schon eine Weile her. Sie wollen mir doch wohl nicht erzählen, Sie beide hätten einander getroffen?«
    Das Lächeln gerann ihm ein wenig, aber Damjohns Tonfall blieb entspannt und locker. »Nein. Ich hatte nicht das Vergnügen. Aber ich habe gleichsam mit seinem Widersacher geredet. Ich verfüge über Wissen, das einen Preis hat, den viele als zu hoch empfinden würden. Natürlich«, – er schaute wieder zu Gabe, diesmal mit unverhohlenem Abscheu – »konnte ich gewöhnlich andere überreden, den Preis für mich zu bezahlen.«
    Er beugte sich vor, und sein Blick spießte mich geradezu auf. »Ich weiß, woher sie kommen, und ich weiß, wohin Sie sie schicken. Ich denke, diese Information würde Sie neugierig machen. Irre ich mich?«
    Sein Gesichtsausdruck zeigte die überströmende Güte eines Mannes, der soeben jemanden eingeladen hatte, mit ihm in den dunklen Wald zu gehen und sich ein paar süße Hundewelpen anzusehen. Ich erwiderte seinen Blick und fühlte mich für einen Moment viel zu durcheinander, um etwas über die Lippen zu bringen. Während dieses Augenblicks war ich wieder ein sechs Jahre alter Bub – die Reste meiner Geburtstagstorte lagen noch immer in einer Tupperware-Dose unten im Kühlschrank – und schrie meine kleine Schwester an, sie solle sofort aus meinem Bett verschwinden, weil sie bereits tot war und mir Angst machte. Ich sah, wie sie vollkommen verblasste und sich in nichts auflöste, ihr trauriges Gesicht als Letztes wie bei der verdammten Grinsekatze aus Alice im Wunderland .
    »Aber Sie verstehen«, sagte Damjohn und lehnte sich zurück, »dass ich Ihnen dieses Angebot niemals gemacht habe. Nicht offiziell. Weil ich zuerst die Antwort bekommen muss.« Er sah mich erwartungsvoll an und amüsierte sich offenkundig. McClennan starrte mich ebenfalls an, und zwar mit derart nacktem und glühendem Hass, dass er mich an einen dieser südamerikanischen Frösche erinnerte, die reines Gift ausschwitzen. Der Grund war nicht, dass ich seinen Aktenschrank gefilzt hatte, sondern dass Damjohn versuchte, mich zu verführen, anstatt ein paar Schläger hereinzurufen, die meine Arme und Beine in die falsche Richtung drehten.
    Das machte es irgendwie einfacher. Auch Katie trug dazu bei, doch das war in diesem Augenblick irrelevant. Ich stand auf.
    »Das Angebot haben sie mir nie gemacht?«, wiederholte ich.
    Damjohn schüttelte den Kopf, beruhigend, unerschütterlich.
    »Dann sage ich nicht, dass Sie es sich in den Arsch schieben und mit einem Poloschläger festklopfen können. Ich wähle das kleinere Übel. Bis zum nächsten Mal, ja?«
    Ich ließ mein Glas ungeleert auf dem Tisch stehen. Mit dem Inhalt zu gurgeln und ihn Damjohn ins Gesicht zu spucken hätte dieser wahrscheinlich als unfein empfunden.
    Als ich durch den Vorraum zum Ausgang ging, klingelte das Telefon in der kleinen Nische, und der Rausschmeißer vom Dienst nahm ab. Im gleichen Augenblick erklangen hinter mir ein paar schrille Takte schräger Jazzmusik und stellten irgendwo in meinem Gedächtnis eine Verbindung her.
    Es auszuprobieren dauerte nur Sekunden. Ich trat auf die Straße und stellte mich neben die Tür. Ich ging auf meinem Handy die letzten Anrufe durch, bis ich die Nummer fand, nach der ich suchte: 020 7405 818. Als ich wählte, hörte ich das Besetztzeichen. Ich wartete etwa eine halbe Minute und versuchte es erneut.
    Im Club hörte ich das Telefon klingeln. In meinem Mobiltelefon hörte ich die raue Stimme des Rausschmeißers. »Hallo?«
    »Falsch verbunden«, sagte ich. »Verzeihung.«
    IN 7405 818. Jemand im Bonnington-Archiv hatte die Nummer eines Bordells in seiner Rolodex-Kartei. An sich vielleicht nicht schlimm – aber angesichts von Damjohns rührendem Interesse war es ein weiteres Glied in der Kette.
    Dann, als ich nach Westen in Richtung Bonnington ging,

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