Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
das endgültige Nein folgt ein Ja, und dazu wird es kommen, ehe die Nacht vorüber ist. Ich meine, du bist so schmerzlich berechenbar, was deine Freunde betrifft, nun …« Er bewegte den Kopf nach links, nach rechts und wieder nach links. »Ich denke, es ist recht offensichtlich, zu wessen Melodie du am Ende tanzen wirst.«
Ich holte die Tin Whistle aus der Tasche und legte sie neben mich auf den Boden. Rafi – oder das Etwas, das in ihm lebte – betrachtete sie belustigt.
»Ich tanze nicht«, sagte ich. »Also frag mich nicht!«
Er lachte – ein ganz und gar grauenvoller Laut.
»Ihr alle tanzt, Castor. Jeder von euch Bastarden. Ich habe nie einen Mann, eine Frau oder ein Kind getroffen, das sich ernsthaft dagegen gewehrt hätte.« Er streckte den freien Arm aus, bildete mit Zeige- und Mittelfinger einen Pistolenlauf und zielte damit auf meine Füße. »Peng, peng, peng! Wenn ich nicht in diesem Haufen Mus und Muskeln gefangen wäre, könnte ich dich zum Tanzen bringen. Aber da ich … indisponiert bin, wird jemand anders es übernehmen, und dieser andere … nun, sie sind zu groß für dich.«
»Was ist dir lieber, ›Oh Danny Boy‹ oder ›Ye Banks and Braes‹?«, fragte ich ihn mit unbeweglicher Miene.
»Das ist primitiv«, lachte er. »Gib mir ›O Fortuna‹!« Ich liebe Musik, die klingt wie das Ende der Scheißwelt. Aber um auf den Punkt zurückzukommen – obgleich es mich keinen Deut weiterbringen wird –, du solltest diesen Fall ablehnen, denn du hast nicht die geringste Chance, heil aus der Sache herauszukommen.«
»Weißt du, ich fühle mich immer geschmeichelt, wenn du es so ausdrückst«, antwortete ich. »Ich sollte den Fall ablehnen? Rechtsanwälte und Privatdetektive nehmen Fälle an. Leute, die meine Dienste in Anspruch nehmen, betrachten mich eher als Abfallbeseitigungskommando.«
Asmodeus überging dieses Ablenkungsmanöver mit einem missbilligenden Achselzucken.
»Nun, wenn du den Mumm hast, abzulehnen und dabei zu bleiben, dann ist es gut – dann hast du kein Problem. Aber dort sitzt nicht das große Geld, Castor, und was das Studium des menschlichen Verhaltens betrifft, habe ich dir einige Jahre voraus. Ich habe es schon beobachtet, als die gesamte menschliche Rasse nur zwei Eier hatte – und beide befanden sich in meiner Hand. Apropos, wie geht es Pen?«
Dieser unerwartete Themenwechsel erwischte mich auf dem falschen Fuß – und er schaltete auf Rafis Stimme um, um so viel Wirkung herauszuholen wie möglich.
»Das geht dich verdammt noch mal nichts an«, blaffte ich, was mir ein überhebliches Grinsen einbrachte.
»Alles, was verdammt ist, geht mich an«, antwortete er mit anzüglichem Blick. »Du solltest deine Worte sorgfältiger wählen. Worte sind wie Vögel, die aus der Deckung hervorbrechen und dem Feind zeigen, wo du dich versteckst. Hier. Komm in die Gänge!«
Er hob eine der Karten auf und warf sie mir hin, sodass sie verdeckt vor meinen Füßen landete. Ich hob sie auf und drehte sie um in der Erwartung, ein Pik Ass oder möglicherweise einen Joker erhalten zu haben, aber sie war auf der Vorderseite leer. Es war die Leerkarte, die zu einigen Kartenspielen gehörte, um die erste zu ersetzen, die man verlor.
»Nein, das große Geld verlangt, dass du annimmst«, sagte Asmodeus. »Daher rate ich dir, besser aufzupassen, was hinter dir vorgeht. Du bist zu einfach zu durchschauen. Du musst ab und zu ein wenig Staub aufwirbeln, damit man nicht so deutlich sieht, wohin du gehst. Anderenfalls wirst du dort ankommen, und dich erwartet bereits ein Killerkommando.« Seine Augen verengten sich zu kohlschwarzen Schlitzen. »Du willst mich wieder zurück in den Keller spielen. Aber eines Tages kommst du her und spielst mich glatt raus. Erlöst mich. Befreist auch das Engelchen Rafael. Ich meine, so sind die Regeln, oder? Du machst es kaputt, du flickst es. Aber tot hast du keinen gottverdammten Nutzen für mich. Daher musst du drei Dinge tun. Nimm die Karte, wenn sie sie dir gibt, hüte dich vor scharfem Schnaps und bösen Frauen und leg den Finger nicht um den Abzug, ehe du weißt, worauf du schießt! Küsschen, Küsschen.«
Er küsste die beiden Finger, die er gerade eben noch als Pistole benutzt hatte – und zielte erneut auf mich. Ich setzte die Flöte an und begann zu spielen, und danach spielte ich eine ganze Stunde lang.
*
Als ich gegen die Zellentür schlug, damit Paul kam und mich rausließ, schlief Rafi. Er war jetzt Rafi, und er würde wahrscheinlich bis zum
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