Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Morgen schlafen, daher hatte es wenig Sinn, bei ihm zu bleiben. Kurz bevor ich ging, warf ich einen Blick auf die Verletzung an seinem Arm. Sie war schon geheilt, nur eine schwache Narbe zeigte noch die Stelle, wo sie geklafft hatte. Verdammte Dämonen. Die meiste Zeit nur große Klappe und nichts dahinter.
Aber während ich zu Pens Haus zurückfuhr, drangen Asmodeus’ Worte in mein Hirn wie Dreck in eine Papierschnittwunde. Ich sollte es mir also mit Peels Jobangebot anders überlegen? Ich fand nein. In diesem Moment konnte ich mir nichts vorstellen, was meine Meinung hätte ändern können. Die ganze Geschichte mit Rafi hatte mich fast ein Jahr zuvor dazu gebracht auszusteigen, und dieser Tag hatte mich nur lebhaft daran erinnert, was geschehen war, als ich einen Fehler gemacht hatte. Als hätte ich eine Erinnerung gebraucht. Ich lebte jeden gottverdammten Tag damit.
Aber ich trug immer noch die Tin Whistle mit mir herum. Ich fühlte mich ohne sie noch immer nackt und ungeschützt, und mein Puls beschleunigte sich immer noch um ein oder zwei Takte, wenn ich eine Geistergeschichte hörte.
Dreck in einer Papierschnittwunde. Er drang so tief ein, dass man ihn nicht mehr herausbekam.
Ich setzte das Auto rückwärts in Pens zugewachsene Einfahrt und zerquetschte ein paar widerspenstige Brombeeräste, die den Mut gehabt hatten, sich wieder aufzurichten, seit ich am Nachmittag weggefahren war. Ich stieg aus und nahm den Käfig mit Rhona der Ratte vom Rücksitz. Sie schenkte mir einen ziemlich feindseligen Blick. Für sie war ich einer dieser Typen, die einen anheizten, sich holten, was sie brauchen, und einen dann hängen ließen. Unter den gegebenen Umständen hatte sie recht.
Der Schlüsselanhänger spielte den ersten Takt von Für Elise , während ich das Auto abschloss. Ich hoffte, dass Beethoven irgendwo da draußen herumgeisterte und dem Chef von Ford eine höllische Nacht bereitete.
Nirgends brannte Licht. Ich wohnte in der obersten Etage des dreistöckigen Hauses, und Pen wohnte ganz unten, aber es war in einen Hang hineingebaut, sodass sich ihre Räume von dieser Seite unter der Erde befanden. Auf der anderen Seite schauten sie auf einen Garten, der sich drei Meter unter Straßenniveau befand. Aber ich brauchte kein Licht zu sehen. Ich wusste, sie war da und wartete auf mich.
Seit Peters-Geburtstagsparty-Massaker schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, und der Schmerz hatte etwas nachgelassen, aber für Pen war es noch immer die Attraktion des Tages, und sie wollte sicher wissen, wie gut es für mich gelaufen war. Sie wollte außerdem die Pennys zählen.
Nun ja, ich war untergegangen wie die Titanic , und die Pennys befanden sich noch immer in James Dodsons Brieftasche. Der Soundtrack zu meiner Begegnung mit Pen würde sicher eher wie »O Fortuna« klingen als »Ye Banks and Braes«.
Ich ging hinein und schloss die Tür hinter mir ab. Ich verriegelte sie auch und hob die Hand, um mit einem Spruch das Böse abzuwehren, was immer noch automatisch geschah, auch wenn ich schon seit drei Jahren in Pens Haus wohnte. Aber es fiel mir noch rechtzeitig ein, und ich wandte mich mit dem vagen Gefühl eines Koitus interruptus ab. Sie war jetzt Priesterin und hatte ihre eigenen Bannsprüche.
Aber als ich den Fuß auf die oberste Kellertreppe setzte, sah ich, dass ich mich geirrt hatte, was Pens Aufenthaltsort betraf. In der Küche brannte Licht, von der Straße nicht zu sehen, und von dort drangen Geräusche energischer, wenn nicht gar ungestümer Aktivität an meine Ohren.
Ich ging gleich durch. Pen saß mit dem Rücken zu mir am Küchentisch. Die nackte Glühbirne schwang über ihrem Kopf im Zug vom geborstenen Fenster hin und her, und sie sah nicht auf. Sie war zu vertieft in ihre Arbeit. Ein offener Werkzeugkasten stand vor ihr auf dem Tisch, und daneben lagen die Einzelteile einer gerissenen Kette. Ich ging ein oder zwei Schritte weiter und sah, was sie tat. Sie feilte mühsam und sorgfältig an den Perlen der Kette herum. Eine Untertasse links neben ihr war mit Perlen gefüllt, die sie nach ihren Vorstellungen bearbeitet hatte. Auf dem Tisch standen außerdem eine Flasche Glen Lead Free und ein Glas.
»Du kannst gerne davon trinken«, sagte sie, als läse sie meine Gedanken. »Ich habe das andere Glas zerbrochen, als ich versuchen wollte, den Terpentingeruch abzuwaschen.«
Ich stand jetzt dicht hinter ihr, griff nach dem Glas, trank einen großen Schluck Whisky und stellte es wieder hin. Gleichzeitig warf
Weitere Kostenlose Bücher