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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Startposition, und Pen war im Begriff, »Los!« zu sagen.
    »Ich hab’s in der Garage gefunden«, sagte Pens Stimme hinter mir. »Nachdem du dein Zauberzeug rausgeholt hast. Es lag auf dem Boden.«
    Ich drehte mich zu ihr um und hatte das Gefühl, als hätte sie mich bei irgendetwas ertappt. Einer Emotion vielleicht. Etwas Unwürdigem und Ungesagtem, das mich möglicherweise mit Scham erfüllte. Pen hatte die Untertasse mit den Perlen in der einen Hand, den beschädigten Rosenkranz in der anderen. Sie sah traurig aus.
    »Wie steht’s?«, fragte ich und suchte nach etwas, das ich sagen konnte und das sich nicht auf das Bild bezog. Ich nickte Richtung Untertasse.
    »Wie es steht?« Sie ließ sich das durch den Kopf gehen und stellte die Perlen auf die Armlehne der Couch, ehe sie sich daneben niedersinken ließ. Sie schien die Worte ein wenig unverständlich zu finden – vielleicht lag es auch am Whisky. Das Schweigen dehnte sich.
    »Der Wettkampf wurde abgesagt«, sagte sie schließlich, wobei sie den flapsigen Ton, der ihr vorschwebte, nicht ganz traf. »Wegen Regen. Zur Hölle, ich wünschte, ich wäre reich. Ich wünschte, du spieltest Gitarre wie Stoker.«
    Es war ein ständiger Witz, der nicht mehr so zündend war und diesmal verpuffen würde. Mack Stoker – Mack the Axe, Mack Five –, im selben Jahr wie wir immatrikuliert, hatte die Universität auch überstürzt verlassen, um Leadgitarrist bei Stasis Leak zu werden, der Thrash-Metal-Band, und war so erfolgreich, dass er schon drei Entzüge hinter sich hatte.
    Ich brachte ein müdes Lächeln zustande, das Pen nicht erwiderte. Sie sah mich ruhig an, dann die Untertasse mit den Perlen, dann wieder mich. »Ich mache mir Sorgen um dich, Fix«, sagte sie. »Wirklich. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Ich habe Rafi letzte Woche besucht, und er erzählte mir, du seist im Begriff, dich in Schwierigkeiten zu bringen, und zwar in heftige, die dir über den Kopf wachsen.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort, diesmal viel leiser. »Ich frage mich manchmal, was wäre … wenn die Dinge sich anders entwickelt hätten. Für ihn. Für uns.«
    »Für eine Tin Whistle ist in einer Metalband kein Platz«, parierte ich lahm. Aber sie sprach jetzt über das Bild, und ihre Worte weckten gegen meinen Willen in mir die Erinnerung, die ich seit Langem verdrängen wollte.
    Es war nicht nur eine Party gewesen. Es war ein Tanz in den Mai gewesen. Überprivilegierte Kinder spielten dekadente Erwachsene, aber ohne das dazugehörige Selbstbewusstsein und vermutlich mit nicht genügend Zynismus. Pen hatte Rafi an einem Arm, mich am anderen, alle drei weit über die Grenzen der Selbstkontrolle erregt durch Alkohol, Engtanzen und Teenagerhormone. Rafi hatte in seiner typischen Impertinenz einen Dreier vorgeschlagen. Pen hatte ihm eine verpasst. Sie sei ein anständiges katholisches Mädchen und hure nicht herum. Aber sie hatte einen Gegenvorschlag gemacht. Wir könnten einen Wettlauf veranstalten, über den Hof und zu ihr zurück. Der Erste, der sie berührte …
    »Wie lief’s bei der Party?«, fragte Pen und brachte die Blase zum Platzen.
    Ich blickte auf sie hinunter wie ein Kaninchen im Autoscheinwerfer.
    »Prima«, log ich. »Es lief prima. Aber der Typ – der Bursche von der Abteilung für Kapitalverbrechen – hat mit einem Scheck bezahlt. Ich gebe dir das Geld morgen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Pen, »und ich werde dir zeigen, wofür die Perlen gedacht sind. Also morgen. Ein fairer Tausch.«
    »Der Leitspruch aller guten Vermieter dieser Welt und der nächsten«, stimmte ich zu.
    »Gott sei Dank verdient einer von uns etwas«, brummte Pen und verzog das Gesicht nach einem weiteren Schluck Whisky. »Wenn ich nicht bald etwas Geld auf dem Konto habe, verliere ich das Haus.«
    Sie sagte es leichthin, aber für Pen war es, als sagte sie: »Ich werde einen Arm verlieren.« Ich wusste verdammt genau, wie sehr sie das Haus liebte. Nein, mehr als das – wie sehr sie es brauchte, denn sie war die dritte Bruckner, die dort wohnte, und drei war eine magische Zahl. Die religiösen Dinge, die sie tat, die Riten und Zaubereien – ihre bizarre postkatholische Version des Wicca –, sie waren abhängig von Lydgate Road 14. Sie konnte sie nirgends anders praktizieren.
    »Ich dachte, die Hypothek sei bezahlt«, sagte ich und versuchte, mich ihrem lockeren Tonfall anzupassen.
    »Die erste ja«, gab sie zu. »Seitdem gab es aber weitere Kredite. Das Haus ist die Sicherheit für

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