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Felix, der Wirbelwind

Felix, der Wirbelwind

Titel: Felix, der Wirbelwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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und passt auf, was sie schreiben. In der Politik heißt das Propaganda, glaub ich, oder Zensur."
    „Propalatsch, Kordinat und Senfuhr. Ich verstehe", sagte Joschka ganz wichtig, drängte sich vor und klingelte für Markus an der Tür der Villa, die so groß wie ein Burgtor war.

    Nur einen Augenblick später öffnete uns Edgar der Pinguin. Ehern, ich meine, Edgar der Butler, nur sein komischer Anzug sah wie das Federkleid eines Pinguins aus. Sein Gesicht war aus Holz geschnitzt und seine Nase hing in den Wolken. Das machte er immer, um den Leuten, die hier nichts zu suchen hatten, genau das zu sagen. Doch bei uns war er anders. Bei uns weichte sein Holzgesicht auf und wurde zu einem Grinsen aus handwarmer Knete.
    „Hallo, Edgar, welche Zeitung kommt heute?", Markus verlor überhaupt keine Zeit. Doch Edgar verwandelte sich wieder in Holz, streckte die Nase in die Wolken hinein und bestand auf der Prozedur, die er immer durchzog, wenn er uns traf.
    „Olala. Sö nischt, meine ’erren. Züerst kömmt daas Lösüngswört."
    Wir traten nervös auf der Stelle. Woher sollten wir das denn schon wieder wissen.
    „Verflixt!", fluchte Markus. „Alles ist gut!"
    „Solangö dü wild bist. Exactement", lächelte Edgar wieder aus Knete. „Und nun, meinö ’erren. Was kann iiisch für Sie tün?"
    „Das hab ich dich doch schon gefragt, Edgar verflixt!", schimpfte Markus. „Welche Zeitung kommt heute? Wir brauchen ein Interview."
    „Wir brauchen Propalatsch, Kordinat und Senfuhr", unterstrich Joschka.
    „Ja, und ein Foto von uns! Also, welche Zeitung, Edgar?"
    „Die Tageszeitüng, oh, mon dieu. Sie iiist aber so schreck Iiisch ördinär."
    „Das ist doch super, Edgar", rief Markus begeistert. „Genau das brauchen wir jetzt. Also, was ist? Kriegst du das hin, dass die was über uns schreiben und hältst du meine Mutter, bitte, solange hin?"
    Markus sah Edgar aus kugelrunden E.T.-Augen an und der Pinguin war jetzt nicht mehr aus Knete. Der schmolz wie Eis in der Sonne dahin.
    „Olala. Monsieur jüniör. Das ist nicht körrekt. Das köstet etwaaas. Das köstet eine Vertrag. Als Ehrenmitglied bei die Wilden Kerlö."
    Das war gebongt. Zehn Minuten später saßen wir in der Garage, machten das Foto und redeten mit den Journalisten. Die benahmen sich anfangs so wie die Bayern und waren fürchterlich arrogant. Doch wir bogen sie um. Nach einer halben Stunde waren sie alle auf unserer Seite und als wir uns ganz normal bedanken und verabschieden wollten, winkten sie ab und grinsten uns an.
    „Alles ist gut!", sagten sie nur und „Ja, solange du wild bist!", gaben wir grinsend zurück. Genau so grinste auch Willi, als wir ihn am nächsten Morgen noch vor der Schule in seinem Kiosk besuchten. Grinsend breitete er die noch druckwarme Zeitung aus und zeigte uns unser Foto. Aber das war noch nicht alles! Darüber stand in unserer Farbe, fett und schwarz wie die Nacht:
    DIE BAYERN SIND DEN WILDEN KERLEN
    NICHT WILD GENUG!
    Wow! Das saß! Das war ein Schlag ins Gesicht. So eine Beleidigung konnten selbst die Bayern nicht hinnehmen. Und siehe da, schon zwei Tage später brachte Rocce einen zweiten Brief in die Schule und in dem stand dieses Mal bescheiden und schlicht: „Wir nehmen eure Herausforderung an. Diesen Sonntag um halb zehn auf unserem Trainingsgelände."
    Jetzt konnte uns nichts mehr aufhalten. Wir riefen alle Sponsoren an, die uns abgelehnt hatten, und luden sie zu dem Match ein. Ja, selbst der fette Tabakhändler sollte uns sehen. Das war uns unsere Genugtuung wert. Danach trainierten wir alle noch härter und wir hatten alle unendlich viel Kraft. Uns gelang alles, egal was wir machten, und Erschöpfung war ein Fremdwort für uns. Nur die Schule und die Nacht unterbrachen noch unser Training, und die Nacht wurde jeden Tag kürzer. Wenn es so dunkel war, dass wir gar nichts mehr sehen konnten, holte Maxi ein Juwel seiner Fußballsammlung hervor: Einen phosphoreszierenden Ball, der im Dunkeln orange leuchtete. Und mit ihm spielten wir so lange weiter, bis unsere Eltern kopfschüttelnd auf dem Bolzplatz erschienen, um uns nach Hause zu holen.
    Wir waren nicht mehr zu bremsen, und am Freitag vor dem Spiel, als die untergehende Sonne in die Baumwipfel tauchte, erhielten wir endlich unseren Lohn. Willi rief uns alle zusammen und dann holte er einen großen Karton aus dem Kiosk hervor und stellte ihn in unsere Mitte. Einen nach dem anderen rief er auf, griff in den Karton und übergab ihm ein weiches, in weißes Papier

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