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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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einstigen Mitschüler den Berg runter. Ganz einfach. Dann komme ich wieder zu dir – und du gibst mir eine Antwort. Eine Antwort, mit der ich was anfangen kann. Wenn nicht, dann wiederholen wir das ganze Spiel. Und das machen wir so lange, bis du redest. Du schweigst – ich werfe einen runter. Du schweigst – ich werfe noch einen runter. Möchtest du das wirklich?«
    Der Maskierte riss den anderen brutal hoch, so dass dieser in eine sitzende Position kam. Dessen Gesicht war jetzt vollkommen blutverschmiert.
    »Mach die Augen auf. Und schau mir zu.«
    Der Geiselnehmer schwenkte seine Bison und stürmte los. Auf halber Strecke blieb er stehen. Er lauschte. Aus dem Sack, in den er die konfiszierten Handys gestopft hatte, hörte man ein Klingeln. Aber es war kein einsames Telefonklingeln eines einzigen Handys. Es waren mehrere Klingeltöne. Der ganze Sack rasselte und röhrte. Auch die Opfer hatten es bemerkt und hoben vorsichtig die Köpfe. Was war das? Eine erneute Schikane? Es war ein wildes Getöse: In die eintönigen Nokia-Schriller mischten sich Fetzen von Radiohits, bekannte Kracher der vergangenen Jahre, aber auch Oldies aus den Sechzigern. Die musikalischen Größen aus vielen Jahrzehnten kämpften grell und blechern um Aufmerksamkeit. Bei den meisten Geräten war der Klingelton auf den Modus Anschwellende Lautstärke eingestellt. Die Kakophonie wurde schriller und bedrohlicher. Der ganze Sack schien zu beben und zu hüpfen. Der Gangster war schwer genervt. Er fluchte.
    »Mist«, murmelte er, »das können eigentlich nur die Kinder sein. Wenn die nicht bald zurückgerufen werden, holen sie am Ende noch die Bergwacht.«
    Er griff sich den tönenden Beutel, trug ihn einige Meter weg und warf ihn hinter eine Bodenerhebung. Als das Getöse verstummt war, vernahm er aus einer anderen Richtung eine erschöpfte, brüchige Stimme.
    »Bitte, hören Sie mich an, ich bin Arzt! Sie haben dem Mann da vorne die Hand zertrümmert. Er hat ein Kompartment-Syndrom, das sehe ich von hier aus. Es muss sofort behandelt werden – sonst bleibt nur die Amputation. Lassen Sie mich zu ihm!«
    Der Gangster fuhr herum und starrte den tollkühnen Arzt an. Er riss das Megaphon an den Mund.
    »Schnauze jetzt. Ich habe gesagt, es passiert was, wenn einer von euch redet. Und das passiert jetzt.«
    Ruhig, furchtbar ruhig und gelassen schritt er auf einen ahnungslosen Teilnehmer der Wanderung zu. Es war nicht der Bärtige. Es war nicht Houdini. Es war nicht der Schlaumeier mit der Spritze. Es war nicht die betende Frau. Es war nicht der Flüsterer, der sich dem Bärtigen genähert hatte. Es war auch nicht der Arzt mit der erschöpften, brüchigen Stimme. Es war einer, der bisher noch überhaupt nicht in Erscheinung getreten war. Völlig in sich zusammengesunken saß er da, ziemlich in der Mitte des Gipfelplateaus, und er zeigte auch keine Reaktion, als der Gangster sich bückte und seine Handschellen öffnete, ihn hochriss und zum Abgrund schleppte. »Schau her, du Idiot!«, schrie er nach hinten. »Schau her, was ich jetzt mache.«
     
    Ein böser kalter Wind pfiff. Kleine Steine fielen lautlos in den Abgrund.

CHRISTINE SCHATTENHALB-KENEALLY
    Adelaide, Australien
    Lieber ehemaliger Mitschüler am anderen Ende der Welt! Lieber Harry, lieber Bernie, lieber Beppo! – Liebe Alle!

     
    Siehst du: So fühle ich mich ständig! Es kann natürlich auch sein, dass Du diese Zeilen am Computer liest. Aber dann ist es ja noch schlimmer! In der neuen Windows-Version gibt es leider keine Funktion mehr, mit der man einen Text schnell mal eben um 180  Grad drehen kann. Lieber Bernie, lieber Beppo, liebe Uta, liebe Antonia – ich sehe Euch alle vor mir! Es ist ein herrliches, antipodisches Bild: Jeder von Euch ist auf seinen Schreibtisch geklettert, macht dort einen Kopfstand, der Chef kommt herein … Entlassung, Kündigung, Scheidung, Einweisung, Verarmung – und das alles nur wegen einem kleinen Gag in einer Klassenzeitung …
    Nein, ich finde, ein Brief, der von der gegenüberliegenden Seite der Welt kommt, der muss auch so fledermäusisch, baselitzisch und fliegenköpfig geschrieben werden, sonst wäre es ja kein Brief aus Australien. Ich habe nämlich sonst nicht viel Neues zu berichten.
     
    Mir geht es gut. Ich kann wie immer nicht kommen, ich bin einfach viel zu sehr hier verwurzelt. Einen Tag ohne meine neunzig Schafe kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Ich und mein Mann haben eine neue Rasse gezüchtet, eine Kreuzung aus

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