Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
her!«
»Nein, so ist es nicht. Es geht nur um eine Personenauskunft. Er hat nichts verbrochen –«
Die Dame mit dem spitzen So! unterbrach Ostler mit einem perlenden, herzhaften Lachen.
»So! Nichts verbrochen! Der Prallinger, mei, wenn
den
die Polizei suchen würde, das täte mich dann schon wundern!«
»Warum?«
»Das ist der harmloseste Mensch, den es gibt. Ein Knuddelbär, wenn ich das so sagen darf. In der Kantine sitze ich ihm manchmal gegenüber. Ein ganz liebenswürdiger Mensch! So was von nett! So was von zuvorkommend! Wenn wir mehr von solchen hätten! Warten Sie, ich schau gerade in der Präsenzliste nach, ob er im Haus ist. – Nein, ich muss Sie enttäuschen, Herr Ostler. Der hat heute frei. Muss ja auch mal sein!«
»Was hat denn der Herr Prallinger für eine Funktion im Haus?«
»Ach, das darf ich eigentlich nicht sagen. Und ich weiß es ja auch nicht so genau, Herr Polizeiobermeister.«
Wenigstens einmal eine, die sich seinen Dienstgrad merken konnte.
»Soviel ich weiß, ist er für Sonderaufgaben zuständig. Das sind jetzt aber wirklich Interna. Also zum Beispiel für spezielle Verwaltungsprobleme in den bayrischen Schlössern, Gärten und Seen. Er telefoniert oft mit dem Innenministerium, immer hinter verschlossener Tür.«
»Und Sie wissen auch nicht, wo er jetzt sein könnte? Oder unter welcher Nummer man ihn erreichen könnte?«
»Tut mir leid.«
Ostler legte auf.
»Das ist ein vielleicht ein Geheimniskrämerverein! Interna! Und dann Schlösser- und Seenverwaltung. Die tun ja grad so, als wäre James Bond im Zimmer.«
Maria war schon dabei, zum Hörer zu greifen und es mit dem nächsten Klassenkameraden zu versuchen, da wurde sie von Ostler unterbrochen.
»Aber sagen Sie einmal, Frau Doktor, was habe ich da gerade für einen Namen gehört?«
»Sie meinen Simon Ricolesco«, antwortete Maria beiläufig. »Nirgends gemeldet. Natürlich nicht erreichbar.«
»Simon Ricolesco?«, wiederholte Ostler verwundert. »Ich habe gar nicht gewusst, dass der in Jennerweins Klasse gegangen ist. Schön, dass seine Spezln immer noch an ihn denken.«
»Wie meinen Sie das, Ostler?«
»Der Simon Ricolesco ist vor zwanzig Jahren bei einem Motorradunfall tödlich verunglückt. Er hatte damals gerade mit dem Viskacz Gunnar eine Band gegründet –«
»Aber da gibt es einen Klassenzeitungsbeitrag, von ihm selber geschrieben. Wenn das wahr ist, was Sie sagen, dann ist das aber äußerst makaber.«
»Geben Sie mal her.«
Ostler las die Botschaft aus dem Jenseits.
»Der Chef hat schon recht. Lauter Verrückte.«
33
Nicole und Jennerwein waren einen Moment perplex. Sie hatten beide nicht damit gerechnet, dass das hier in eine Verfolgungsjagd ausarten würde. Aber bei der Kombination
Polizist stellt dem Bürger eine Frage / Bürger antwortet nicht, sondern flieht
blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als hinter Mona und Motte herzuspurten, die im dichten Wald verschwunden waren.
Dabei war alles bisher nach Plan verlaufen. Jennerwein und Nicole waren vor einer Viertelstunde mit quietschenden Reifen zum Loisachbad gefahren, sie waren herumgerannt zwischen verwunderten Badenden, hatten Ausweise gezeigt und Fragen gestellt. Doch Jennerwein hatte dort keinen seiner Klassenkameraden entdecken können.
»Darf ich fragen, was Sie hier tun?«, fragte der Bademeister, Mister Nnpf, Nnpf, der auf zwei Sittlichkeitsverbrecher tippte. Auch ihm zeigten sie die Polizeiausweise.
»Wurde hier Beachvolleyball gespielt?«
»Ja, vorhin.«
»Wohin sind die Spieler verschwunden?«
»Hab was von einer Geheimen Stelle gehört.«
Die Geheime Stelle. Sie lag nur eine Viertelstunde von hier entfernt. Jennerwein kannte sie gut. Dort draußen an der Loisach hatten sie oft gesessen. Fichtl hatte Gitarre gespielt. Susi Herrschl hatte Bademoden vorgeführt. Ploch, der gute alte Ploch, war einmal so blau gewesen, dass man ihn aus dem Wald hatte tragen müssen. Oder war es Prallinger gewesen? Natürlich: Prallinger war es gewesen. Beppo Prallinger vertrug nichts.
Mit noch erheblich krasserem Reifenquietschen fuhren sie aus dem Kurort heraus, Richtung Österreich, Richtung Geheime Stelle. Beim Parkplatz sahen sie schon die Autos. Die Anzahl deutete ganz klar auf Klassenstärke hin. Jennerwein führte durchs Gestrüpp, Nicole eilte hinterher. Sie hörten das Getöse schon von weitem. Sie blieben stehen und blickten sich verwundert an.
»Das klingt aber gar nicht nach einer hochgefährlichen Geiselnahme«,
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