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Femme Fatales

Femme Fatales

Titel: Femme Fatales Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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Raum, eine Kamera, zwei Spiegel und einige Fesseln schon genügten, um ihn an den Rand seiner geistigen und physischen Kräfte zu führen?
    Waren die Menschen – war sie selbst – letztlich nicht viel mehr, als ein verzerrter Schemen in Nebel und Licht der großen Städte. Nein, das hätte sie nicht akzeptieren können. Die Menschen, sie selbst, mussten mehr sein, als das, selbst wenn kein Raubtier, kein Virus oder Insekt je derart kalkuliert grausam und konsequent logisch einem anderen Vertreter seiner Spezies angetan hätte, was man ihr während der letzten Stunden angetan hatte.
    Hätte sie über solch ausweglos düstere Gedanken nicht schockiert sein müssen, fragte sie sich, und kam zu dem Schluss, dass sie vermutlich ihren persönlichen Vorrat an Schocks dort in diesem verfluchten Stuhl im Angesicht der Spiegel und der laufenden Kamera ja längst aufgebraucht hatte.
    War es das, was einen im landläufigen Sinne „hart“ machte? Der Umstand, dass man seinen persönlichen Vorrat an Schocks und Enttäuschungen so ziemlich aufgebraucht hatte?
    „Du spinnst“, sagte Milena halblaut zu ihrem Spiegelbild.
    Dann wandte sie sich ab, verschwand für einige Zeit aus dem Bad und kehrte dann mit einer Dose roten Reparaturlacks für ihren kleinen Fiat zurück.
    Sie trat zum Badspiegel und betrachtete sich wieder eine Sekunde darin.
    Ihr Bild war ihr immer noch fremd. Und es hatte inzwischen etwas Bedrohliches angenommen, das ihr Angst machte.
    Sie öffnete die Lackdose und besprühte ihr Spiegelbild in langen gleichmäßigen Zügen so lange mit rotem Autolack, bis nichts mehr davon zu sehen war.
    Danach fühlte sie sich erleichtert.
    Dennoch ahnte sie, dass die Angst zurückkehren würde - wieder und immer wieder. Vielleicht sogar ja solange, bis sie von ihr aufgefressen wurde, wie von einem aggressiven Parasiten oder bösartigen Krebsgeschwür.
     
     
     
    2. Teil / Juli 2008
     
     
    Lenin Albert Nolde hatte es geschafft. Er hatte alles richtig gemacht und noch dazu das nötige bisschen Glück gehabt . Seine Firma Nolde Securities hatte sich in weniger als acht  Jahren zu einem der renommiertesten Unternehmen in der Sicherheitsbranche entwickelt. Heute beschäftigte das Unternehmen fast einhundert Mitarbeiter und eigentlich waren auch diese noch nicht genug, so gut wie Noldes Geschäfte derzeit liefen.
    Nolde hätte zufrieden mit sich und seinem Erfolg sein sollen.  Stattdessen sah er verdrossen und bitter aus seinem großzügigen Penthouse in Auteuil auf den wolkenlosen Pariser Himmel hinaus und dachte an seinen Vater, den Politiker und Schürzenjäger, der sein Leben damit zugebracht hatte diese Stadt zu erobern. Es waren bittere Gedanken und Nolde wusste, dass er sie zu vertreiben hatte, wenn er nicht wieder einmal in dieses graue Loch fallen wollte, das die Psychoonkel als leichte Depression bezeichneten. 
    Nolde trank den Kaffee aus. Er schüttelte die düsteren Gedanken ab und dachte an die ausgedehnte Joggingrunde, zu der er aufbrechen würde, sobald er den Kaffeebecher in der Spüle abgestellt hatte. Danach, meinte er, konnte er sich einige der Akten vornehmen, die er aus dem Büro mitgebracht hatte. Business as usual , hätte Noldes Geschäftspartner Hammer dazu gesagt.
    Eins ame Leute, behauptete Ahmad Hammer, erkannte man entweder an der Größe ihrer Bibliothek oder der ihrer Plattensammlung.  Noldes Bibliothek beschränkte sich auf einige Dutzend juristischer und kriminalistischer Fachbücher. Dafür war seine Platten- und CD-Sammlung enorm. Allein Noldes Stereoanlage samt Plattenspieler und CD-Player hatte mehr gekostet, als die meisten Leute für ihr Familienauto ausgegeben hätten. Nolde waren Hammers Witze darüber jedoch ziemlich gleich. Hammer war auch kein Waisenknabe und seine Steckenpferde waren weitaus skurriler, als Noldes riesige Sammlung von Popmusik-CDs. Hammer sammelte Erstausgaben obskurer Lyrik und bumste sich begeistert durch aberdutzende von Pariser Schlafzimmern. Wenn dies Ausdruck guten Geschmacks war, dann konnte Nolde getrost darauf verzichten. 
    Nolde achtete darauf private und berufliche Angelegenheiten strikt getrennt zu halten. Und obwohl er weder verheiratet war, noch eine Geliebte hatte, begriff er sich selbst auch gar nicht als einen einsamen Mann. Er hatte einen Beruf, der ihn ausfüllte. Das genügte ihm vollauf. Sex und Freundschaft, fand Nolde, waren  heillos überbewert.  Und seit man vor einigen Jahren einmal in sein Penthouse eingebrochen war, um ihn

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