Femme Fatales
außerdem zwei PA’s und eine Tusse, die ihm nach einem einzigen Blick auf mich sagte, dass er spätestens jetzt sein bisschen Verstand verloren hätte. Auf dem Schreibtisch hatte sich irgendwer zwei Lines Koks geklopft, aber dann wohl vergessen, sie auch zu ziehen.
Sonnenbrille wollte trotzdem Fotos von mir. Ich sagte: „Vierhundert für ne Stunde. Und nichts Nacktes.“
Er zupfte er an meiner Jeansjacke herum, meinte das sei schon okay so, und begann wie wild seine Fotos zu schießen.
Nach fünf Minuten war er fertig damit. Legte vier Hunderter neben das Koks auf den Tisch, zog das Koks, und schob dann noch zwei Hunderter neben die ersten vier und fragte, ob er für den Rest des Tages Rabatt bei mir kriegte.
Ich sagte: „J a.“
Schminken. Umziehen. Fotos vor einer weißen Plastikwand. Schminken. Umziehen. Fotos vor der weißen Plastikwand. Und jedes Mal die Scheinwerfer neu einrichten.
Es war fast dunkel draußen, als er fertig war.
Er meinte , ich solle ihn in zwei Tagen anrufen. Dann klopfte er sich eine neue Line und bot mir auch eine an.
Sein Name war Jeanloup Siaff. Aber alle nannten ihn nur Loup – Loup, wie Wolf.
Loup hatte Regeln für seine Models: Weiche nie vom Pfad der Tugend ab. Und was genau Tugend war, das bestimmte er.
Da waren noch mehr Regeln, aber das war die wichtigste und die einzige, die keine übertreten durfte, wenn sie es sich nicht mit Loup verkacken wollte.
Ich unterschrieb auch irgendeinen Vertrag mit Loups Agentur. Ich unterschrieb mit einem falschen Namen und machte mich ein Jahr älter.
Immer , wenn ich später mein Gesicht auf irgendeinem Cover oder in irgendeinem Magazin sah, dachte ich, wie bescheuert, dass doch sei, die da – das bin nie und nimmer ich, das ist eine Fremde.
Ich zog mit einem anderen Mädchen zusammen - Tom é . Sie hatte eine Haut wie Milch und Schokolade und warf zum Frühstück schon eine Handvoll bunte Pillen ein.
Ich machte gute Kohle. Und die Drogen waren auch für nass. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen und solange sie dauern, oder?
Ich bin auch gar nicht sicher, ob all die Kohle, die sie mir zahlten, die Arbeit, die ich dafür machte, auch wirklich wert war.
Obwohl es schon nervt jeden Morgen um fünf aufzustehen und sich dann noch vorm Frühstück zwei Stunden an einem bescheuerten Hometrainer abzuquälen, oder sich wie Tomé in einer Yoga Schule abzuschuften, nur um den Hintern in einer Form und Fassung zu halten, die irgendwelche schwule alte Knacker für gerade angesagt und angemessen halten.
Aber ich hab eine gute Verdauung. Eigentlich kann ich essen, was ich will, ohne dick zu werden.
Als ich mal fröhlich ein Stück Sahnetorte kauend in die Agentur schneite, hätten die anderen Mädchen mich um ein Haar gelyncht.
Ich weiß, eigentlich klingt das alles eher nach Aschenputtel, als Red Riding Hood. Trotzdem - Aschenputtel trifft’s nicht.
Weshalb?
III.
Wenn ich Aschenputtel sein soll, wer ist dann der Prinz?
Loup? Der ist schwul. Außerdem - Aschenputtel fickte den Prinzen doch wohl erst, nachdem sie ihn geheiratet hatte?
Aber Loup erwartete von seinen Models, dass sie auch schon ohne Ballkleid und verlorenen Schuh für seine Klienten die Beine breit machten. Und die se Klienten waren definitiv auch keine Prinzen.
Niemand zwang einen auch regelrecht dazu. Trotzdem war es Teil des Agenturkonzepts. Loups Stall machte sehr gute Kohle. Aber die Konkurrenz schlief auch nicht. Und wenn er seine Klientenliste halten wollte, musste er genau das bieten, was auch alle anderen im Geschäft boten. Also bot er ihnen, was alle anderen auch boten.
Irgendwann kriegte man einen Anruf, ging mit einem seiner Klienten in einem Nobeltempel essen und anschließend aufs Zimmer. Danach gab’s entweder einen fetten Bonus, oder man kriegte für eine Weile ein paar Shootings mehr, als die anderen. Es lief so oder so auf dasselbe hinaus: Hurerei.
Ich spielte das Spiel ein paar Mal mit. Alles in allem hatte ich auch schon schlechteren Sex und - wie gesagt - die Kohle stimmte. Jedes Mal. Aber einmal verpisste ich mich auch von einem dieser Dates. Meinte ich müsse aufs Klo, ging dann einfach aus dem Restaurant zum Taxi und fuhr nach Hause.
Ich habe einen sechsten Sinn für Männer wie diesen Klienten. Sie alle ti cken nach dem gleichen Muster: Irgendwo in ihnen gibt es einen Drang zur Selbstzerstörung. Weil sie aber letztlich doch zu feige dazu sind, sich selbst abzufucken, lassen sie sich früher oder später immer an
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