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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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andere gar keine. Doch er war noch zu jung für eine Glatze. Offenbar hatte er mit dem Rasiermesser nachgeholfen. Einer von diesen Skinheads, die in Scheunen ihre Nazitreffen abhielten.
    »Hallo, Leute«, sagte Chester und stellte sich zu ihnen. »Ich glaube, wir kennen uns noch nicht.«
    Der Blonde griff mit der rechten Hand nach hinten, zog eine Waffe, die er im Hosenbund stecken gehabt hatte, und schoss Chester in den Kopf.
    Machte einen Höllenlärm in dieser großen leeren Lagerhalle.
    In dem Augenblick, als er nach hinten griff, wusste Nicole, was kommen würde. Und sie wusste, dass sie ihm zuvorkommen musste. Der Glatzköpfige hatte keine Waffe gezückt. Das hieß aber nicht, dass er keine hatte, sondern nur, dass er sie nicht zog, also musste sie sich an den halten, der seine bereits in der Hand hielt.
    Nicole hatte nicht direkt hinter Chester gestanden, als er getroffen wurde, sondern ein wenig seitlich. Das war ihr Glück. Denn die Kugel durchbohrte seinen Kopf und kam auf der anderen Seite wieder heraus.
    Chester war noch nicht zu Boden gegangen, da hatte sie das Messer schon aus der Gesäßtasche gezogen. Das, mit dem sie Chester die Äpfel aufgeschnitten hatte. Eine zehn Zentimeter lange Klinge, stabiler Griff. Sehr scharf. Nur die Klinge hatte in die Tasche gepasst. Der Griff ragte heraus, griffbereit sozusagen.
    Irgendetwas ging in diesem Augenblick mit ihr vor. Als ob sie wieder in Sydney wäre. Ihr Körper wusste instinktiv, wie er sich bewegen, wie er abspringen, welche Entfernungen er überwinden musste.
    Und es waren keine großen Entfernungen.
    Blondie ahnte ganz offensichtlich nicht, was in Nicole vorging, während sie durchaus ahnte, was er dachte. Sie würde, typisch Frau, einfach dastehen und wie eine dieser dummen Gänse im Film loskreischen. Vielleicht dachte er, sie würde losrennen. Vielleicht dachte er, sie würde stehen bleiben und darauf warten, dass er auch ihr eine Kugel in den Kopf jagte.
    Woran er eindeutig nicht dachte, war, dass sie auf ihn losgehen könnte. Oder dass sie ein Messer haben könnte. Oder dass sie es ihm in den Hals gestoßen haben könnte, ehe er Gelegenheit hatte, auf sie zu zielen.
    Der Stich traf ihn mit voller Wucht. Aus Blondies Kehle drang ein Geräusch, als habe er eine Taube verschluckt. Er versuchte nicht einmal, seine Waffe auf Nicole zu richten. Er ließ sie einfach fallen und ging gleich darauf selbst zu Boden.
    Der Glatzkopf wich mit einem Sprung zurück, als das Blut spritzte. Nicole war darauf gefasst, dass er jeden Moment zur Waffe greifen würde, wenn er eine hatte. Als er sich umwandte und zum Explorer hastete, folgerte sie, dass das nicht der Fall war.
    Aber vielleicht war im Wagen eine.
    Sie hätte sich bücken und Blondies Knarre nehmen können, doch beinahe instinktiv wusste sie, dass das nicht die Waffe ihrer Wahl war.
    Sie hechtete ihm nach und erreichte ihn in dem Moment, als er die Tür aufgerissen und sich schon halb in den Wagen geschwungen hatte. Sie warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür, quetschte ihn ein und drosch ihm den Kopf gegen den Türholm.
    Er sah schon Sterne, noch ehe sie ihm das Messer in den Leib rammte. Sie zog die Tür wieder auf. Der Mann fiel aus dem Wagen.
    Sie warf sich auf ihn, stieß ihm das Messer noch einmal in die Seite, damit er begriff, dass sie es ernst meinte.
    »Für wen arbeitest du?«, fragte sie.
    »Herrgott«, stöhnte er, »ich sterbe.«
    »Sag mir, für wen du arbeitest, und ich ruf einen Notarzt.«
    »Higgins«, keuchte er.
    Dann schlitzte sie ihm die Kehle auf.

    Sie fanden den Escalade der Scarface-Truppe mitten in der Wüste. Die Jungs waren alle mit einem Kopfschuss getötet worden, und den Wagen hatte man anschließend in Brand gesetzt.
    Ihr Boss, ein Mann namens Victor Trent, bot Nicole einen Job an. Er war beeindruckt, ja dankbar, dass sie nicht nur die Mörder seiner Mitarbeiter getötet, sondern auch noch die Geistesgegenwart besessen hatte, den Namen »Higgins« herauszubekommen, bevor sie ihnen den Garaus machte.
    Hätte er sie ein wenig besser gekannt und hätte sie ein wenig mehr Erfahrung gehabt, hätte er sie selbst auf Higgins angesetzt. Doch er beauftragte einen seiner langjährigen Mitarbeiter. Higgins trat ebenfalls in der Wüste vor seinen Schöpfer, doch er wurde nie gefunden. Ebenso wenig wie die beiden Männer, die Nicole bereits von der Lagerhalle aus ins Nirwana geschickt hatte.
    Victor nahm Nicole in seinen engsten Zirkel auf. Er war schnell davon überzeugt,

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