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Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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da. Er meinte, der Bärentausch wäre ein starkes Stück.«
    »Wann hat er es erfahren?«
    »Gestern. Von mir natürlich.«
    »Ha, ha!«
    »Na ja, Dr. Behlert hat es natürlich viel früher festgestellt, als der Grizzly krank war, und er ihn gründlich untersucht hatte.«
    »Und der hat nicht weitergeplaudert?«
    »Doch.«
    »Wer wusste es nicht?«
    »Du.«
    Alle hatten es gewusst, dachte Muschalik, und wollten einem alten Kommissar nicht die Freude an seinem letzten Experiment verderben.
    »Übrigens, Kaspar wird in Köln bleiben, sagt Professor Nogge, sie wollen die Grizzlys nicht schon wieder umsiedeln, sie wollen sie nicht traumatisieren. Herr Meier war sofort einverstanden. Sie sehen beide von einer Anzeige gegen Nelly wegen Diebstahls ab.«
    »Du tust, als wäre der Fall abgeschlossen.«
    »Bis auf Albert ist er das doch auch.«
    »Eben.«
    »Die Fahndung nach ihm läuft.«
    »Ich weiß«, sagte Muschalik. »ich glaube, ich fange an, ihn zu hassen, obwohl ich ihm noch nie begegnet bin.« Er stand in seinem guten Anzug vor Kraft. »Gehen wir, ehe ich es mir anders überlege.«
    Im Auto versüßte Muschalik den Zwillingen den ersten Schultag mit folgender Mitteilung: »Kölner Schüler haben unter Aufsicht einer Lehrperson und gegen Bescheinigung des Schulamtes freien Eintritt in den Zoo.«
    Aber sie waren in den Inhalt ihrer Schultüten vertieft und achteten nicht auf ihn.
    In der Aula der Schule stand auch Frau Kruse. Sie trug einen Hut mit Schleier, Muschalik hätte sie fast nicht erkannt. Sie sah sehr würdevoll aus und winkte ihm wie eine Königin zu, und er trat zu ihr:
    »Können Sie Löcher flicken?«, flüsterte er.
    Sie nickte, und in ihren Augen stand das Misstrauen. Muschalik war sehr beruhigt. Den Rest der Veranstaltung verfolgte Frau Kruse unkonzentriert.
    Die Erstklässler füllten die ersten Bänke und begannen ein eifriges Tuscheln. Sie verglichen Inhalt und Größe ihrer Schultüten und Rucksäcke. Kraft setzte sich auf den letzten freien Platz neben eine rothaarige junge Frau. Als sie sich herumdrehte, sah Muschalik, dass sie hatte, was die Zwillinge auch hatten, Sommersprossen wie Sterne und rote Kringellocken.
    Zögernd blieb Muschalik im Mittelgang stehen und fühlte sich auf einmal überflüssig. Er trat neben Kraft und flüsterte: »Komm, das hier funktioniert auch ohne dich.«
    Kraft sah ihn fragend an.
    »Wir müssen Albert finden.«
    »Der läuft uns doch nicht weg, gib mir noch eine halbe Stunde.«
    »Nein.«
    »Bitte.«
    Muschalik wollte ihm keine Szene machen und verließ auf leisen Sohlen allein die Aula. Er nahm die KVB zur Worringer Straße. Vor Schorschs Kneipe stand ein Plakatständer mit der Titelseite der BILD Zeitung. »Zoomörder gefasst«. Muschalik regte sich auf, hob schon den Fuß, um dagegen zu treten, aber dann beruhigte er sich. Vielleicht ließ diese Botschaft Albert leichtsinnig werden.
    »Gratuliere«, sagte Schorsch, beugte sich aus dem Fenster und stützte sich mit den Unterarmen auf die ausgebreiteten Zeitungen.
    »Danke«, murmelte Muschalik.
    »Du bist eben doch der Größte. Ohne dich …«
    »Hast du ’nen Cognac?«
    »Aber nur Asbach.«
    »O Gott. Egal, ich trinke heute alles.«
    Schorsch köpfte eine Mini-Flasche Asbach für Muschalik, goss den Inhalt in ein Schnapsglas und sagte: »Prost. Den spendier ich dir.« Aus lauter Sympathie trank er einen mit.
    Muschalik stürzte den Asbach in einem Zug herunter und schüttelte sich. »Da könnte ich auch Aspirin pur trinken.«
    Schorsch lachte: »Stell dich nicht so an. Und jetzt bist du endgültig im Vorruhestand?«
    Muschalik zögerte und sagte dann: »Theoretisch, ja.«
    Schorsch war mit der Antwort zufrieden, verschwand im dunklen Innenraum und brummte von dort aus: »Na denn, tschüss.«
    Muschalik ging über die Florastraße an seiner Wohnung vorbei zum Zoo. Vor dem Haupteingang erreichte ihn ein leichter Wind vom Rhein, nur eine Bö, und er entschloss sich, über die Fußgängerbrücke ans Niederländer Ufer zu gehen, er war lange nicht dort gewesen, und heute war es warm genug für ein Fußbad.
    Er sah sie zwischen den Büschen in ihrem knallroten Sommermantel gebückt und knietief im Wasser stehen. Es sah aus, als ob sie Steine ins Wasser warf, und Muschalik dachte noch, sie übt, um ihn eines Tages zu beeindrucken. Aber nein, sie spielte nicht, sie fischte, wie ein Bär.
    Als Muschalik näher kam, wurde ihm klar, dass sie nicht fischte, sie kämpfte. Sie drückte etwas unter Wasser. Etwas, das wieder

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