Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Haug
Vom Netzwerk:
als die Ehrengäste zu unterhalten … aber bei aller Konzentration auf die erste Fahrt seines Luftschiffes war sich Ferdinand von Zeppelin der Tatsache nur allzu bewusst, dass er es keinesfalls riskieren sollte, die zahlreichen Gäste, die schließlich seinetwegen angereist waren, zu langweilen oder gar zu verprellen.
    Doch zu diesem Einsatz musste es gar nicht kommen. Der Grund waren die ganz plötzlich veränderten Windverhältnisse. Professor Hergesell hatte sich schon wieder getäuscht; der Wind flaute mit einem Mal spürbar ab. Für die Wiederaufnahme der Aufstiegsvorbereitungen war es jetzt aber zu spät.
    Vor allem bei den vielen tausend Passagieren der Schiffe auf dem Bodensee, die bereits seit dem Vormittag die Luftschiffhalle regelrecht belagerten, sorgte das Hissen der blauen Flagge für deutliche Unmutsäußerungen. Schon wieder ein Tag nutzlos vertan! Und nichts hatte sich bewegt! Ganz ungeniert zeigten die Zaungäste, die sich um den Höhepunkt ihres sonntäglichen Ausflugsvergnügens gebracht wähnten, mit eindeutigen Gesten in Richtung Zeppelin und seiner Männer, was sie von der Absage hielten. »Sie zeigen Ihnen den Vogel, Exzellenz! Das geht entschieden zu weit!« empörte sich Wilcke. »Ich werde beim Polizeikommando in Friedrichshafen noch heute Abend Anzeige erstatten! Eine solche Unverschämtheit habe ich noch nie erleben müssen. Dabei hat diese Leute ja wirklich niemand eingeladen, hierher zu kommen und uns zu stören! Und dann auch noch solche Obszönitäten! Es ist eine Schande!«
    »Lassen Sie es gut sein, Wilcke«, wehrte der Graf ab. »Eine Anzeige macht keinen Sinn. Schauen sie nur einmal auf die Hoheitszeichen: da sind viele Schiffe aus der Schweiz dabei. Wie wollen Sie die Schweizer denn dafür belangen? Verwenden wir unsere Konzentration lieber für wichtigere Dinge.«
    Nicht einmal eine Stunde später hatten sich die Boote mit ihren verhinderten und dazu maßlos enttäuschten Zaungästen längst entfernt, als plötzlich der Ausruf ertönte:
    »Der Wind hat jetzt doch noch abgeflaut!«
    »Für einen Aufstieg reicht es um diese Uhrzeit jetzt nicht mehr – dafür könnten wir aber das Schiff aus der Halle ziehen und wenigstens probeweise einige Meter in die Höhe steigen lassen. Umso besser, dass die lästigen Boote nicht mehr da sind. Wilcke! Wo stecken Sie denn?« Suchend sah Zeppelin sich um, während der Sekretär rasch heran eilte. »Wilcke, lassen Sie sich gleich noch mal zum »König Karl« hinüber fahren und teilen Sie unseren Gästen bitte mit, dass sie doch noch Zeugen eines kleinen Aufstiegsversuches werden können. Das Dampfschiff möge bitte noch nicht zurück nach Friedrichshafen fahren. Gleich werden sie nämlich erleben können, wie das vollständig mit Gas gefüllte Luftschiff die Halle verlässt und hochsteigt. Auch die Motoren werden wir probeweise starten.«
    Sofort machte sich Wilcke daran, den ungeduldig gewordenen Ehrengästen diese freudige Mitteilung zu überbringen.
    Der Beifallssturm, der am Abend des 1. Juli 1900 kurz nach halb acht Uhr vom Deck der »König Karl« zu den Männern an der Schwimmhalle herüber schallte, war überwältigend. Genauso überwältigend wie der Anblick des majestätischen Luftschiffes mit seiner weißen Hülle, die im milden Abendlicht glanzvoll erstrahlte. Die Ehrengäste zeigten sich begeistert von der Eleganz und der Leichtigkeit, mit der das 128 Meter lange und 11,65 Meter hohe Luftschiff vom Schleppdampfer »Buchhorn« gezogen, aus der Halle schwebte.
    Kaum war das Schiff vollständig auf die freie Wasserfläche gelangt, da setzten Burr und Gross schon die beiden Motoren in Gang. Sie funktionierten einwandfrei! Und das allerbeste daran: der Höllenlärm, den die Motoren veranstalteten, wurde noch übertönt von den Hurrarufen der Ehrengäste!
    Hochrufe, die sich in ausgelassene Begeisterung steigerten, als das Luftschiff von seinen festen Verankerungen befreit wurde und an den Halteleinen Meter um Meter in die Höhe stieg. »Fünf Meter! Das genügt! Belassen wir es auf dieser Höhe – nach einer Minute werde ich dann den Gaszug betätigen und das Schiff langsam wieder niedersinken lassen.« Inständig hoffte Zeppelin, dass auch weiterhin alles so einwandfrei funktionieren möge, wie bisher. Welch ein unglaubliches, wahrhaft atemberaubendes Schauspiel! Was für ein erhebendes Gefühl! Das von ihm in jahrelanger, mühevollster theoretischer Kleinarbeit entworfene Luftschiff: es schwebte nun tatsächlich erstmals hoch über

Weitere Kostenlose Bücher