Ferdinand Graf Zeppelin
württembergischen Lotterie waren natürlich um einiges geringer, aber die über 100.000 Mark, die hierdurch zusammenkamen, bedeuteten dennoch einen wichtigen Fingerzeig für das ganze Volk, dass die Sympathien des Königs von Württemberg nach wie vor dem Grafen Zeppelin und seinen kühnen Luftschiffplänen galten.
Leider war im Mai 1906 Carl Berg verstorben, der Aluminiumfabrikant aus Lüdenscheid, der den Grafen über all die Jahre hinweg so großzügig mit dem teuren Metall versorgt hatte. »Sie brauchen sich keinerlei Sorgen zu machen, wie es mit dem Aluminium weitergeht«, hatte ihm freilich Bergs Schwiegersohn und Firmennachfolger Alfred Colsmann noch am Tag der Beerdigung fest in die Hand hinein versprochen. »Sie bekommen das Aluminium von mir auch weiterhin zu unseren Selbstkostenpreisen geliefert, denn ich bin von Ihren Plänen und von Ihrem Vorhaben restlos überzeugt!« Eine Sorge weniger! Wie schön!
Ohnehin sah sich Ferdinand von Zeppelin von einer Welle der Sympathie getragen, woran sicherlich die unermüdliche und engagierte Öffentlichkeitsarbeit ausgerechnet jenes Mannes einen entscheidenden Anteil hatte, der vom Grafen quasi über Nacht vom Saulus zum Paulus verwandelt worden war: Dr. Hugo Eckener! Und Eckener war ein weiteres Kunststück gelungen, in dem er den alten Kavallerieoffizier Zeppelin davon überzeugen konnte, wie wichtig die Unterstützung der Massen für die Luftschiffe war: »Wenn Sie schon nicht auf die Einsicht der Herren in Berlin zählen können, Exzellenz, so machen Sie sich eben die Sympathien der »törichten Volksmenge« zunutze, deren vieltausendfaches Echo auch in Berlin seine Wirkung nicht verfehlen wird!« Genauso war es: Ferdinand Graf Zeppelin mutierte dank Eckener endgültig zum strahlenden Helden des ganzen Volkes! »Und das in einem Alter von 68 Jahren! Du dürftest der älteste Held sein, den die Weltgeschichte jemals gesehen hat«, lachte Bella.
»Und dabei mache ich mir doch gar nichts aus diesem Ruhm. Mir geht es einzig und allein nur um die Sache: nämlich um meine Luftschiffe!«
»… aber dazu ist manches Mittel recht. Popularität ist sicherlich nicht das schlechteste«, ergänzte Bella. »Viel besser jedenfalls, als die spöttischen Bemerkungen, die sie dir jahrelang hinterher gerufen haben!«
Am 9. und am 10. Oktober 1906 gelangen ihnen mit dem Luftschiff Nummer 3 tatsächlich zwei triumphale Fahrten. Auch dank der Lehren aus den Unvorsichtigkeiten beim Start von LZ 2 im vergangenen Winter. Dieses Mal würde das Luftschiff weit entfernt vom Ufer starten, beinahe drei Kilometer weit wurde es von einem Floß über die spiegelglatte Wasserfläche auf den See hinaus gezogen. Was machten die Motoren? »Die Motoren starten und leer laufen lassen!« Gespannt nahm Zeppelin erst den vorderen, dann den hinteren Daimlermotor in sein Visier: beide arbeiteten einwandfrei. Der Graf nickte zufrieden, dann richtete er einen fragenden Blick auf Bassus, der eifrig nickte. Die beiden Männer verstanden sich auch ohne Worte, schließlich waren sie alle möglichen Situationen des Aufstiegs probeweise schon hundertmal durchgegangen. Bassus hatte natürlich wie Zeppelin längst bemerkt, dass es an der Zeit war, den Aufstieg zu realisieren, denn inzwischen erwärmte die Sonne mit ihren Strahlen die Hülle und damit auch das Innere des Luftschiffs mitsamt der Gaszellen. Das wiederum hatte zur Folge, dass sich der Wasserstoff langsam ausdehnte und über die Ventile abgeblasen wurde, bevor der Gasdruck die Zellen auseinandergesprengt hätte. Dabei handelte es sich ausgerechnet um die reinsten und damit wertvollsten Bestandteile der Wasserstofffüllung, wie Bassus dem Grafen erklärt hatte: »Der beste Teil des Gases befindet sich aufgrund seiner besseren Reinheit und damit Aufstiegseigenschaften logischerweise immer oben. Deshalb wäre es besonders fatal, wenn ausgerechnet dieses Gas nutzlos entweichen muss. Denn umso mehr fehlt es uns dann später bei der notwendigen Austarierung.« Das Summen der Überdruckventile an den Gaszellen hatte also den raschen Blickkontakt der beiden Männer ausgelöst. Ein weiterer kurzer Blick zu Dürr hinüber. Auch der Ingenieur nickte sofort.
Damit war alles klar. Das Kommando zum Start konnte erfolgen: »Die Leinen los!«
Langsam und ruhig stieg das Schiff empor. Immer kleiner wurden die Menschen auf dem Schleppboot, die ihnen begeistert zuwinkten, bis sie bald nur noch als winzige Punkte unten, weit hinter dem Schiffsheck, zu erkennen waren.
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