Ferdinand Graf Zeppelin
du dich im kommenden Jahr vor lauter Ehrungen und Auszeichnungen gar nicht wirst retten können«, gab Bella das Lächeln ihres Mannes zurück. »Da wollen sie lieber die ersten sein und allen anderen zuvorkommen.«
»Das könnte tatsächlich ein Grund sein … Aber einerlei: ich freue mich jedenfalls außerordentlich über diese Ehrung, denn es ist ja eine Tatsache, dass mir keine andere Stadt so sehr die Treue gehalten und derart mitgefiebert hat, wie Friedrichshafen und seine braven Bürger. Schon aus diesem Grund nehme ich diese Ehrenbürgerwürde dankbar entgegen.«
»Und wie gesagt: sie wird nicht die Einzige bleiben, da bin ich mir ganz sicher«, bekräftigte Bella mit dem Brustton der Überzeugung.
»Ich hätte nichts dagegen einzuwenden – wobei es mir weniger um die Ehrung als solche geht, diese Äußerlichkeiten sind mir sowieso recht gleichgültig, als vielmehr um die Tatsache, dass es sich dabei um die Würdigung der erfolgreichen Dauerfahrt meines Luftschiffes handeln würde. Nichts wäre mir lieber, diesen Beweis im kommenden Jahr antreten zu können. Nach inzwischen bald 15 Jahren, die seitdem ins Land gegangen sind …«
»Es wird dir gelingen. Und wie du weißt, habe ich mit meinen Vorhersagen bisher noch immer recht behalten!«
»Eine schöne Tradition, die du meinetwegen sehr gerne beibehalten darfst!« strahlte Ferdinand und nickte Bella dankbar zu. »Aber jetzt müssen wir uns beeilen, denn meine Männer warten schon auf das Festessen.« Was für wunderbare Tage – und was für ein herrliches Gefühl! Alle Fahrten waren unfallfrei verlaufen! Der Beweis für die Alltagstauglichkeit war erbracht – auch ohne die vom Kriegsministerium geforderte 700-Kilometer-Fahrt.
Mittlerweile hatte sich die Wetterlage deutlich verschlechtert. Dichter Nebel lag über dem See. »Daran wird sich in den nächsten Tagen auch nichts ändern«, offenbarte Hergesell dem Grafen am Abend mit einem bedauernden Schulterzucken. »Ich fürchte, die große Fahrt werden wir in diesem Jahr nicht mehr realisieren können.«
Zur großen Verblüffung des Meteorologen schien Zeppelin die vermeintlich schlechte Nachricht eher zu erfreuen. »Im Vertrauen gesagt: das ist mir gar nicht so unrecht. Ich würde die 700 Kilometer ohnehin lieber auf das nächste Jahr verschieben und sie mit einem neuen Luftschiff absolvieren wollen, in dessen Konstruktion wir unsere neuen Erfahrungen einfließen lassen können. Und außerdem werden wir im kommenden Jahr über noch einmal stärkere Motoren verfügen.«
Somit wurde die geforderte Distanzfahrt von Zeppelin mit dem Ausdruck größten Bedauerns auf das kommende Jahr verschoben. »Wir müssen Vorsicht walten lassen. Es ist bei diesem dicken Nebel über dem Bodensee einfach zu unsicher.«
Eine Entscheidung, die bei den Abgesandten des Generalstabs wenig Begeisterung hervorrief – aber den Herren blieb nichts anderes übrig, als sich den stichhaltigen Argumenten des neuen Volkshelden zähneknirschend zu beugen.
Zeppelins Kalkül ging auf. Die begeisternden Aufstiege des »LZ 3« hatten ihre Wirkung auf die Berliner Behörden auch ohne die Abschlußfahrt nicht verfehlt. Noch im Oktober kam es zu einer neuen Vereinbarung: die Regierung stellte ihm 400.000 Mark zum sofortigen Neubau eines noch größeren und leistungsfähigeren Schiffes, des »LZ 4«, zur Verfügung, dazu wollte man 2.150.000 Mark für den späteren Ankauf der beiden Schiffe aufbringen – aus dieser Summe wiederum sollten 500.000 Mark an den Grafen gehen, als Entschädigung für seine bisherigen, enormen Aufwendungen aus dem privaten Vermögen. Doch ganz ohne einen kleinen Widerhaken mochten sich die Preußen nicht geschlagen geben – und so diktierte Kriegsminister von Einem in letzter Minute noch eine entscheidende Bedingung: vor der endgültigen Übernahme der beiden Schiffe sollten nicht nur die bisher geforderten 700 Kilometer absolviert werden, sondern bei dieser Fahrt sollte das Luftschiff 24 Stunden in der Luft bleiben, um den Beweis für seine Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb zu erbringen.
«Das ist ja mehr als das Dreifache von dem, was ihr bisher habt leisten können!« schüttelte Isabella von Zeppelin entgeistert den Kopf, als sie von der geforderten 24-Stunden-Fahrt erfuhr.
Ihr Mann machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wir schaffen das schon. Der Dürr hat alle Pläne für ein neues Luftschiff bereits fix und fertig im Kopf. Wir werden im Frühjahr ein wesentlich leistungsfähigeres Schiff zur
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