Ferdinand Graf Zeppelin
Verfügung haben. Die Daimlerleute haben uns zugesagt, dass die neuen Motoren 105 Pferdestärken bringen werden, die Größe der vier Luftschrauben wird dann jeweils 3,20 Meter betragen können und das Schiff selbst wird mit 136 Metern Länge und einem Durchmesser von 13 Metern deutlich größer sein, als das jetzige – wodurch wir in der Lage sein werden, auch mehr Wasserstoffgas aufzunehmen, insgesamt 15.000 Kubikmeter. Das wiederum ermöglicht es uns, mehr Lasten mitzuführen, immerhin bedeutet das eine Erhöhung der Tragkraft um 2.000 Kilogramm, beziehungsweise – und das ist vor allem für die geforderte Dauerfahrt wichtig, dieser enorm verstärkte Auftrieb verschafft uns die Möglichkeit, viel länger in der Luft zu bleiben.«
»Und du meinst, ihr werdet das neue Luftschiff rechtzeitig fertigstellen können?«
»Da bin ich mir ganz sicher, denn die Reichsschwimmhalle bietet uns ja wesentlich mehr Platz für die Montage, als die alte Halle. Dazu müssen wir das alte Schiff demnächst in die Landhalle überführen – und wenn dann die Aluminiumträger geliefert sind, die ich heute morgen bei Herrn Colsman angefragt habe – er hat mir am Telefon versprochen, dass diese Lieferung den Vorrang vor allen anderen Bestellungen eingeräumt bekommt – kann es sofort mit der Montage losgehen. Bis Mitte Frühjahr werden wir auf alle Fälle fertig sein.«
Ferdinand von Zeppelin sollte sich irren – und schuld daran waren keine fehlerhaften Berechnungen, sondern die äußeren Bedingungen. In einem schweren Wintersturm wurde die neue Reichsschwimmhalle stark beschädigt: wie schon Jahre zuvor bei der ersten Halle liefen wieder Pontons der Außenwand voll und sanken. Das Schlimmste waren jedoch die gravierenden Schäden, die das noch in der Halle liegende »LZ 3« abbekommen hatte. So sahen sich Zeppelin und seine Mannschaft erst einmal gezwungen, zu sichern und zu reparieren, ehe es ihnen mit viel Mühe gelang, »LZ 3« in die Landhalle zu bugsieren. Mit diesen Arbeiten verstrich wertvolle Zeit. Erst Monate später konnten sie endlich an den Bau von »LZ 4« gehen. Dennoch blieb es dabei: bis zum Sommer 1908 musste das neue Luftschiff fertig werden. Eine wahre Herkulesaufgabe!
Das Vorhaben glückte! Kurz vor der auf 20. Juni 1908 terminierten ersten Probefahrt lag »LZ 4« sicher vertäut an den Haltetrossen der reparierten Reichsschwimmhalle: es war aufstiegsbereit! Die größte Herausforderung bestand – wieder einmal – in der Befüllung der Gaszellen, die nun immerhin 50 Prozent mehr Wasserstoff aufnahmen, als das alte Schiff. Was für eine schweißtreibende Nervenanspannung! Immer wieder kam es zu Problemen mit dem Wasserstoff, der sich bei der Sonneneinstrahlung gewaltig ausdehnte, die spätestens ab 11 Uhr das Blechdach der Halle ins schier Unerträgliche aufheizte. Mit dem Resultat, dass der Druck in den Gaszellen zu groß wurde und die Überdruckventile den kostbaren Wasserstoff abbliesen, bevor die Zellen womöglich platzten. Um die Mittagszeit summte es in der ganzen Halle, als befinde man sich mitten in einem riesigen Hornissenschwarm, dazu schien das ausströmende Fluggas den Sauerstoff mehr und mehr zu verdrängen: das Atmen wurde immer schwieriger. Aber kaum war die Sonne verschwunden, zogen sich in der Abendkühle die Zellen wieder zusammen und hingen schlaff in ihren Aufhängungen im Inneren des Luftschiffs. Am nächsten Tag begann dasselbe Spiel von vorne!
Trotz dieser Widrigkeiten klappte es mit dem ersten Probeaufstieg am 20. Juni! Unmittelbar darauf gelangen noch einige weitere erfolgreiche Probefahrten. Für den 1. Juli »sofern das Wetter stabil sein wird« plante der Graf dann die erste längere Fahrt zur Vorbereitung für die 24-Stunden-Fahrt, die nach den bisher gemachten guten Erfahrungen mit »LZ 4« sicherlich noch im Verlauf dieses Sommers würde stattfinden können.
»Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass wir um den 1. Juli herum eine gute Wetterlage bekommen werden«, gab Hergesell eine positive Prognose ab. »Sobald Sie also wieder aus Dresden zurück sind, Exzellenz, kann es losgehen.«
»Das höre ich gerne«, nickte der Graf zufrieden. »Ohnehin wäre ich viel lieber hier geblieben, um auch bei der nächsten Erprobungsfahrt mit dabei sein zu können. Aber die Einladung zur Hauptversammlung des VDI ist höchst ehrenvoll, die kann ich keinesfalls absagen. Erst recht, nachdem es sich nicht mehr lediglich um die Landesorganisation in Stuttgart handelt, sondern sogar um den
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