Ferdinand Graf Zeppelin
Dachverband. Endlich werde ich von den deutschen Ingenieuren ernst genommen. Das ist eine Unterstützung, die Gold wert ist! Sie müssen halt«, wandte er sich nun an seinen Oberingenieur, »so leid es mir wirklich tut, am 29. Juni ohne mich auskommen. Es ist auch für mich ein Novum: die erste Fahrt, bei der ich nicht selbst dabei sein kann. Aber wie gesagt: diesen Termin in Dresden, denn kann ich einfach nicht absagen!«
»Sie können sich darauf verlassen, Exzellenz, dass auch diese Erprobungsfahrt gut verlaufen wird. Es wird sowieso nur ein kurzer Aufstieg sein. Und ich finde, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, dass es für die Zukunft der Luftschiffidee wichtiger ist, wenn Sie Ihren Vortrag in Dresden halten, Exzellenz«, bekräftigte Dürr mit fester Stimme.
In der Tat handelte es sich um eine außergewöhnliche Ehre, die dem Grafen in Dresden zuteil wurde: Auf den 29. Juni war Ferdinand von Zeppelin zu einem Vortrag vor der Hauptversammlung des »Vereins Deutscher Ingenieure« eingeladen worden. Und so sehr es ihm auch zusetzte, erstmals bei einem Aufstieg nicht dabei sein zu können, so richtig lag er mit seiner Entscheidung für Dresden. Zeppelins Rede mit dem Titel »Erfahrungen beim Bau von Luftschiffen« wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Als der »Luftgraf« im Anschluss vor der begeisterten Versammlung sogar noch mit der »Grashof-Gedenkmünze« geehrt wurde, der höchsten Auszeichnung, die der Verband zu vergeben hatte, da kannte der Jubel der versammelten Fachleute keine Grenzen mehr.
Kaum war der nun auch wissenschaftlich hochdekorierte Luftfahrtpionier wieder nach Friedrichshafen zurückgekehrt, konnte der nächste Meilenstein in Angriff genommen werden. Denn das Wetter hielt tatsächlich. Genau so, wie von Hergesell vorher gesagt, schien bereits am frühen Morgen die Sonne aus einem strahlend blauen Himmel. Kein Lüftchen regte sich, die Wasserfläche des Bodensees präsentierte sich glatt und ruhig. Es würde ein herrlicher Sommertag werden. Ein idealer Tag für die lange Erprobungsfahrt. Wie tags zuvor verabredet, waren pünktlich um halb sieben Uhr alle Männer an der Reichschwimmhalle versammelt und begannen in einer Mischung aus höchster Konzentration und routinierter Gelassenheit mit den Vorbereitungen zum Aufstieg. Um 8 Uhr 26 stieg »LZ 4« langsam in die Höhe, nur eine Minute später erfolgte das Kommando zum Einsatz der Luftschrauben. Wie selbstverständlich setzte sich das mächtige Luftschiff in Bewegung, ein Phänomen, das bei Steuermann Georg Hacker und seinen Kameraden auch nach so vielen Aufstiegen immer noch einen wohligen Schauder über den Rücken wandern ließ, erst recht natürlich bei diesem Schiff mit seinen noch gewaltigeren Ausmaßen! Mit einer Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern näherten sie sich der Insel Reichenau. Dann ging es in einer majestätischen Schleife über das Schweizer Bodenseeufer, wo von überall her die Menschen zusammen strömten und der Luftschiffbesatzung begeistert zuwinkten. Unermüdlich grüßte Graf Zeppelin, abwechselnd mit seiner Mütze, dann wieder mit einem weißen Taschentuch zurück. So ruhig und sanft war die Fahrt, dass sie zwischenzeitlich den hinteren Motor stoppten und gleichsam wie eine Schwalbe in der Luft ihre Bahn am Himmel zogen. Selbst bei dem ansonsten so konzentriert dreinschauenden Dürr hatte sich an diesem magischen Sommertag ein strahlendes Lächeln in seine Miene gestohlen, während er die Höhenruder nur noch ganz leicht, beinahe schon lässig in den Händen hielt.
Je weiter sie in das Schweizer Hinterland hineintauchten und sich den Ausläufern der Alpen näherten, desto mehr Wind kam auf, so dass nun auch der zweite Motor wieder seinen Dienst versehen musste. Der Wind blies stärker und stärker, die Vorwärtsbewegung des Luftschiffes betrug jetzt nur noch einen Meter in der Sekunde, gerade einmal drei Stundenkilometer!
»Wenn das so weiter geht, dann werden wir bald rückwärts fahren, trotz der vollen Motorenleistung«, knurrte der Steuermann und runzelte erstmals an diesem Tag leicht die Stirn.
»Wir müssen höher hinauf, Exzellenz«, rief Dürr, der sein Lächeln noch immer nicht abgelegt hatte.
Zeppelin richtete einen fragenden Blick auf den Meteorologen. Hergesell nickte. »Das dürfte kein Problem sein. Ich gehe davon aus, dass der Wind weiter oben nicht ganz so kräftig weht. Also, wenn Sie, wie ich vermute, tatsächlich bis zum Zürichsee kommen wollen, dann würde ich in der Tat
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