Ferdinand Graf Zeppelin
Wandseite war ein großes weißes Schild angebracht, auf dem deutlich zu lesen war: »Bahnhof Immendingen«.
Na also!
»Melde gehorsamst, Exzellenz: Bahnhof in Immendingen erreicht!«
Hocherfreut klopfte der Graf seinem braven Steuermann auf die Schultern. »Das haben Sie gut gemacht, Hacker!« Auch der sonst so in sich gekehrte Dürr schürzte anerkennend die Lippen und gab Hacker zu verstehen, wie hoch er dessen Leistung bewertete. Alle drei Männer waren sich auch ohne größere Worte darin einig, welchen Eindruck dieses gewagte Manöver beim Kronprinzen hinterlassen würde. In voller Fahrt waren sie bei dichtestem Nebel und in Eiseskälte tiefer gegangen und hatten Seiner Kaiserlichen Majestät, die sich tatsächlich höchst beeindruckt davon zeigte, bewiesen, wozu ein Luftschiff fähig war. Eine Frage der Ehre! Zeppelin und seine Männer hatten wahrhaft Schneid bewiesen! Eine bessere Werbung für die Sache der Luftschiffe konnte es gar nicht geben. Der Kronprinz würde dieses Erlebnis am ganzen Hof verbreiten.
»Wir sollten wieder höher gehen, Exzellenz«, deutete Hacker auf die beiden links und rechts der Donau aufragenden Höhenzüge, die das Tal in Richtung Geisingen verengten.
»Ballast abwerfen!« kommandierte Zeppelin postwendend. Schon stieg das Luftschiff nach oben, während die Landschaft zu ihren Füßen neuerlich von der rasch wieder dicker werdenden Nebelsuppe verschluckt wurde.
»1040 Meter. So hoch ist kein Berg auf der Baar. Hier sind wir auf Nummer sicher!« Kaum hatte Hacker seine befriedigte Feststellung ausgesprochen, da wurde die Nebelwand schlagartig heller, gerade so, als würde sie von einem riesenhaften Scheinwerfer bestrahlt. Wenige Sekunden später brachen sie durch den Nebel und segelten nun im gleißenden Sonnenlicht dahin. »Was für ein einmaliges Erlebnis!« rief der Kronprinz begeistert. »Das ist ja unbeschreiblich!«
Zeppelin und Dürr warfen sich vielsagende Blicke zu.
»Dort vorn, sehen Sie, Majestät, da ist Donaueschingen zu erkennen.«
»… und da drüben ist die Eisenbahnlinie, auf der eigentlich bald der Hofzug von Seiner Majestät zu erkennen sein müsste«, ergänzte ein freudestrahlender Freiherr von Bassus. »Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, müsste der kaiserliche Zug exakt um diese Uhrzeit in Donaueschingen ankommen.«
»Ja richtig!« Der Kronprinz staunte nicht schlecht, als er mit klammen Fingern seine Taschenuhr aus der Weste zog. »Eigentlich müsste er genau jetzt in Donaueschingen eintreffen. Das ist wirklich eine unfassbare Meisterleistung, Exzellenz, die Sie mit Ihrem Luftschiff da vollbracht haben! Wenn es nur nicht so jämmerlich kalt wäre«, setzte er mit einem gequälten Lächeln noch hinzu und blies warme Atemluft auf seine eiskalten Hände.
»Wir haben immerhin fünf Grad minus«, erläuterte Hacker. »Kein Wunder, denn wir sind ja momentan gut 200 Meter über Donaueschingen, also immerhin 900 Meter über dem Meeresspiegel.«
»Ist schon in Ordnung«, winkte der Kronprinz ab. »Wo der Zug nur bleibt?«
»Wenn es Ihnen recht ist, Majestät, dann werden wir erst einmal eine Schleife über der Stadt fahren. Da können Sie dann auch von oben erkennen, wie verheerend der Stadtbrand am 5. August in Donaueschingen gewütet hat. An diesem wahrhaften Schicksalstag.«
»Das ist eine gute Idee, Exzellenz. In der Tat: was für ein Tag dieser 5. August doch gewesen ist. Und wie Sie dann, buchstäblich wie ein Phönix aus der Asche wieder aufgestiegen sind, das macht Ihnen niemand anderer nach. Auch Ihre zahlreichen Konkurrenten in Berlin nicht«, setzte er bedeutungsvoll noch hinzu.
»Danke sehr, Kaiserliche Majestät«, antwortete der sichtlich stolze Zeppelin. »Schauen Sie nun einmal hier: jetzt kommen wir gleich über das Schloss der Fürsten von Fürstenberg. Ein herrlicher Park! Und dort drüben im Osten Hoheit – ziemlich am Ende des Schlossparks: das ist der Zusammenfluss von Brigach und Breg. Die Donauquelle.« »Wunderbar! Ein einmaliges Erlebnis! Ich kann mich nur immerzu wiederholen!«
»Da hinten kommt der Hofzug!«
Tatsächlich! Wie eine schwarze Raupe kroch der kaiserliche Dampfzug auf den Bahnhof von Donaueschingen zu. Die Fahrgäste schienen das Luftschiff bereits entdeckt zu haben. Mit weißen Taschentüchern winkten die hohen Herrschaften dem Zeppelin fröhlich zu.
»Was für ein einmaliges Bild mein Vater gerade zu sehen bekommt. Das müsste auch die letzten Zweifel beim Kaiser ausräumen: Der silberglänzende Riese
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