Ferdinand Graf Zeppelin
hinter vorgehaltener Hand abfällig als »faden Juristen« bezeichnet hatte. Der einzige in der Familie, dem die Freude über diese Verbindung ins Gesicht geschrieben stand, war ihr Vater. Weder Ferdinand, noch Ebi und schon gar nicht die Braut mochten an diesem Tag gute Miene zum für ihr Empfinden eher bösen Spiel machen. Es war keinem von ihnen zum Fröhlichsein zumute. Aber wider alles Erwarten sollte Elys Ehe äußerst harmonisch verlaufen. Bis zu ihrem Tod war sie 51 Jahre lang mit »ihrem« Wilhelm verheiratet, der als Jurist später eine recht wichtige Aufgabe im Luftschiffunternehmen seines Schwagers übernehmen konnte.
Und Ferdinand? Nachdem die Schwester Ely, die ihren beiden Brüdern in gewisser Weise oft als Mutterersatz zur Seite gestanden war, nun also ihre eigene Familie hatte, vermisste er seine allzu früh verstorbene liebe Mutter umso schmerzlicher. Aber sollte er im Alter von 21 Jahren etwa schon selbst eine feste Bindung eingehen? Nein, das erschien ihm noch viel zu früh, zumal sich seine Ansprüche im Hinblick auf eine geeignete Heiratskandidatin voll und ganz am Vorbild seiner Mutter orientierten, wie er seinem Tagebuch anvertraute, in dem er die Eigenschaften der Amelie von Zeppelin für die Erinnerung späterer Jahre festhielt. »Wer sie kannte, rühmte ihre zarte weibliche Anmut und Güte und daneben ihren lebhaften, launigen Geist. Sie galt auch als eine Schönheit. Aber sie war frei von jeder Spur von Koketterie und gab sich immer natürlich«. Es waren hohe Hürden, die er damit aufbaute und keine der jungen Damen, die er bislang kennen gelernt hatte, konnte sich mit einem derartig makellosen Vorbild auch nur im Ansatz messen lassen. Allenfalls seine Ely – aber die war ja nun selbst verheiratet.
Es war die Zeit, in der es Ferdinand nun mehr und mehr aus der Ludwigsburger Enge heraus drängte – weg von diesem unsäglich eintönigen, ewig gleichen Tagesablauf beim Militär. Hinaus in die weite Welt, um den Horizont zu erweitern, neue Länder und Menschen kennenzulernen, und ja: durchaus auch andere Militärstrategien. Vor allem die technische Seite des Militärwesens barg ja durchaus interessante Betätigungsfelder. Mit Beharrlichkeit verfolgte er von nun an dieses Ziel, auch wenn noch geraume Zeit ins Land gehen musste, bis seine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Beinahe zwei Jahre hatte es gedauert, bis sich Ferdinands Vorgesetzte endlich davon überzeugen ließen, wie wichtig eine Vervollkommnung seiner technischen Kenntnisse durch militärische Studienreisen in Europa für die Armee doch werden könnte – gerade in einer Zeit, in der schon zu erahnen war, wie machtvoll sich die Technik in die bisherigen militärischen Strategien hinein schieben würde und völlig neue Anforderungen im Hinblick auf Taktik und Kriegsführung an den Generalstab stellte.
Seine Studienreisen führten den jungen Offizier kreuz und quer durch Europa: von Wien über Venedig, Verona und Genua nach Marseille und schließlich im Herbst 1861 nach Paris, eine Stadt, deren Pracht und Lebendigkeit ihm beinahe den Atem raubten. Durch die Vermittlung des württembergischen Gesandten gelang es ihm sogar, die Einladung zu einer Audienz bei Kaiser Napoleon III. zu erhalten, der mit seiner Familie gerade auf Schloss Compiègne weilte, der alten Merowingerresidenz in der Picardie, die er schon vor vielen Jahren zu seiner Herbstresidenz erkoren hatte.
Mit klopfendem Herzen, aber äußerlich ruhig und gelassen, erwartete der junge Leutnant im Vorraum des Audienzzimmers die Aufforderung des Hofmarschalls, sich zum Kaiser zu begeben. Dann öffneten sich wie von Geisterhand die beiden hohen Flügeltüren, während eine laute, feierliche Stimme deklamierte: »Majestät! Seine Exzellenz Leutnant Ferdinand Graf von Zeppelin bittet, Eurer Majestät seine Aufwartung machen zu dürfen!«
Was dann freilich geschah, damit hätte er noch nicht einmal im kühnsten Traum gerechnet: Vom Kaiser der Franzosen in dessen Schloss im allerbesten Deutsch begrüßt zu werden. Und dann auch noch mit diesem Satz! »Mon dieu! Welche Verwandlung! Der Ferdinand! Mein lieber Knöpfleschwab aus Emmishofen!«
Augenblicklich schoss Ferdinand die Schamesröte ins Gesicht, während sich die zahlreichen Hofbediensteten ein verwundertes Grinsen nicht verkneifen konnten.
Natürlich war auch dem Kaiser die peinliche Verlegenheit des jungen Mannes nicht entgangen, den er als seinen lieben »Knöpfleschwab« tituliert hatte. Ein verständnisvolles
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