Ferdinand Graf Zeppelin
Kombination, »wenn einer in der Familie beim Militär ist und sich der andere in juristischen Dingen auskennt«.
Bis auf den Reitunterricht – er war ja schon immer ein guter und begeisterter Reiter gewesen – erwies sich die Ausbildung für den 17-jährigen Ferdinand als Tortur. Sich den ganzen Tag über, ja die ganze Woche, in eine Art Käfig gesteckt zu wissen, in der überstrenge Instruktoren meinten, sie müssten ihren Kadetten nicht nur den militärischen Drill, sondern auch die schulischen Inhalte mit besonders großer Lautstärke in die Gesichter brüllen, das waren verstörende Erfahrungen, wie sie der junge Zeppelin bisher noch niemals in seinem Leben hatte machen müssen.
Zum Glück blieben wenigstens die Sonntage zur freien Verfügung der Kadetten. Und so nutzte Zeppelin, der sich in der Enge einer Stadt »wie in einen Käfig« eingesperrt fühlte und sein geliebtes Girsberg samt der herrlich-sanften Bodenseelandschaft schmerzlich vermisste, diese Zeit zu ausgedehnten Reitausflügen in die Natur rund um Stuttgart: ein wunderbarer Ausgleich zum trostlosen Unterricht in der Kadettenanstalt. Erst recht in den Ferienzeiten hielt den Kadetten in Stuttgart nichts mehr: bereits am nächsten Tag konnte man Ferdinand bei ausgedehnten Wanderungen in und um Girsberg wiedersehen – besonders ausgelassen war seine Stimmung, wenn sein Bruder Gelegenheit fand, ihn zu begleiten. Der Vater selbst war mehr und mehr zum Eigenbrötler geworden – wahrscheinlich würde er den Tod seiner geliebten Ehefrau niemals verwinden können, immerhin hatte er es irgendwann dann doch geschafft, wieder auf sein Schlösschen am Bodensee zurückzukehren, wo er als Verwalter des Landguts und passionierter Jäger seine eigenen Wege ging.
Erstaunlicherweise hatte sich Ferdinand im Lauf der Zeit doch noch an das Militär und den zunächst von ihm als so erschreckend empfundenen Umgangston gewöhnt. Die Ausbildung konnte der 20-jährige erfolgreich abschließen und trat am 20. September des Jahres 1858 im Rang eines Leutnants in das 8. Württembergische Infanterieregiment in Stuttgart ein – freilich mit einem klaren Kalkül, das auch bestens aufging. Denn bereits einen Monat nach seiner Aufnahme in das Offizierskorps gelang es ihm, sich für ein Studium an der Universität Tübingen beurlauben zu lassen. Hier belegte er neben Geschichte und Nationalökonomie vor allem die Fächer Chemie und mechanische Technologie, das interessierte ihn am allermeisten – vor allem der immer wichtiger werdende Maschinenbau. Eine wahrhaft faszinierende Zeit. Zu seinem großen Leidwesen währte sie nicht allzu lange: denn nach knapp anderthalb Semestern sah sich Ferdinand gezwungen, die Universität zu verlassen und zum Militärdienst zurück zu kehren. Im Mai 1859 war der französisch-österreichisch-italienische Krieg ausgebrochen – und wegen ihrer Bündnisverpflichtungen mit Österreich hatte sich auch die württembergische Armee auf ein eventuelles Eingreifen in die Kampfhandlungen vorzubereiten. Aufgrund seines naturwissenschaftlich geprägten Studiums wurde der junge Leutnant Zeppelin zum Ingenieurkorps nach Ulm abkommandiert. Nur drei Monate später, nach der überraschend klaren und demütigenden Niederlage der Österreicher, war der Krieg schon wieder beendet, doch Zeppelins Hoffnung, das unterbrochene Studium in Tübingen jetzt zügig fortsetzen zu können, erwies sich zu seiner großen Enttäuschung als reine Wunschvorstellung. Er wurde zwar wieder aus Ulm versetzt, aber eben leider nicht an die Universität, sondern in die Ingenieurabteilung des General-Quartiermeisterstabs nach Ludwigsburg. Schon wieder Ludwigsburg! Und was sollte er denn beim Ingenieurskorps?! Mit noch nicht einmal zwei Semestern im Rücken! Doch es half alles nichts: als Soldat hatte er den Befehlen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten. Zumindest eine gewissen Zeitlang würde er hier zubringen müssen – eine Zeit, in der als Ausgleich und zum Trost die Kontaktpflege mit den Geschwistern wieder einmal besonders wichtig war. Auch wenn es zunächst so schien, als sei ein weiterer Schatten auf ihr Geschwisterglück gefallen. Denn im Sommer 1859 hatte Eugenie geheiratet! Die arme Ely, die sich so lange und vehement gegen den von ihrem Vater aufgedrängten Heiratskandidaten zur Wehr gesetzt hatte. Und nun war es also doch zur Hochzeit der 23-jährigen Ely mit dem 32 Jahre alten Baron Wilhelm von Gemmingen gekommen. Ausgerechnet von Gemmingen, den sie noch vor wenigen Wochen
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