Ferdinand Graf Zeppelin
noch: König Wilhelm II. sollte über viele Jahre hinweg einer der wichtigsten politischen und finanziellen Wegbereiter der künftigen »Zeppeline« werden.
Kein Hindernis schien inzwischen den Betätigungsdrang Zeppelins noch stoppen zu können. Noch nicht einmal die neuerlichen Schwierigkeiten, die ihm – wie von Daimler im Juli prophezeit – dessen Großinvestor Duttenhofer bereitete. Auch diesen Stier würde er nun bei den Hörnern packen – und zwar ganz direkt, mit offenen Worten, so, wie es ihm schon von jeher am liebsten war. Und so erreichte den Aufsichtsratsvorsitzenden der DMG in Cannstatt im Dezember 1891 ein Schreiben, dessen Inhalt es an Deutlichkeit nicht mangeln ließ. Man durfte den Herrn auch schon einmal an seiner nationalen Ehre packen, denn schließlich war er einer der Männer, die in diesem Jahr den »Allgemeinen Deutschen Verband« gegründet hatten, wo er stolz als Vorstandsmitglied dieser Vereinigung fungierte, deren Zweck bekanntlich die Förderung von Deutschlands Stolz und Größe in der Welt sein sollte.
»Sehr geehrter Herr Duttenhofer,
Sie haben anscheinend jetzt weniger Vertrauen, als zu der Zeit, da ich mit Ihnen zuerst über mein Projekt gesprochen habe. Das überrascht mich nicht. Sie sind von dem allgemeinen abfälligen Urteil über die Luftschiffprojekte berührt worden, von den Berichten, wonach hunderte von hochbegabten Technikern daran gescheitert sind und Millionen verloren haben. Wie sollte nun gerade der Graf Zeppelin das Problem gelöst haben?
Ich habe es gelöst: nicht mit mehr Wissen, als meine Konkurrenten, sondern durch die nüchterne Denkarbeit eines von der Natur mit praktischem Sinn ausgestatteten, ernsten Mannes und durch die Verwertung der neuesten anwendbaren Erfindungen.
Auf Sie hatte ich die Hoffnung gesetzt, dass Sie mir wenigstens auf den Weg helfen würden, um ein Werk durchführen zu können, mit dem ich unserem deutschen Vaterlande einen keinesfalls zu unterschätzenden Vorteil schaffen würde.
Nicht um meinetwillen, sondern um Deutschlands willen bitte ich Sie dringend, sich die Sache noch einmal anzusehen, ehe Sie meinem Projekt vielleicht den Todesstoß geben.«
Das war direkt! Gerade bei einem derart national gesinnten Mann wie Duttenhofer mussten diese Argumente doch verfangen!
Sollte man meinen … doch Duttenhofer ließ sich nicht mehr von seiner Einschätzung abbringen: von dieser Seite war also weder Geld noch eine sonstige Unterstützung, beispielsweise durch beratende Ingenieure der DMG zu erwarten. Als würde es dem schwerreichen Pulverfabrikanten etwas ausmachen, sich mit einigen zehntausend Mark bei Zeppelin zu engagieren! Nun denn: wieder um eine ärgerliche Erfahrung reicher! Trotzdem würde er sich keinen Zentimeter mehr von seinem Weg abbringen lassen: ob mit Unterstützung der deutschen Industrie und des Militärs, oder ohne deren Hilfe. Notfalls eben auf eigene Faust und mit seinen eigenen finanziellen Mitteln. Zum Glück entstammte er einem nicht unvermögenden Haus und auch Bella hatte einiges Vermögen mit in die Ehe gebracht: seine Finanzen waren also gut geordnet. Auch dass Bella ihm gegenüber mehrfach unaufgefordert betonte, er möge sich wegen der respektablen Summen bitte keine Gedanken machen, die der Bau eines Luftschiffs wohl verschlingen würde, war hilfreich. »Wir können auch mit etwas weniger Grundbesitz noch ganz gut leben: wenn es hart auf hart kommt, dann verkaufen wir eben das eine oder andere Stück Land. Du musst wirklich nicht befürchten, dass ich dir eines Tages vorhalten werde, du hättest das Vermögen unserer Familie geschmälert. Meinen Segen hast du, Ferdi. Mir ist es nämlich viel wichtiger, dass es dir gut geht und dass du all deine Konzentration auf die Verwirklichung deiner kühnen Pläne richten kannst.« Wie gut diese Worte doch klangen!
Mit neuem Mut ging Ferdinand ans Werk – und handelte auch in personeller Hinsicht konsequent. Er kündigte die Zusammenarbeit mit dem beratenden Ingenieur, den ihm Duttenhofer einst empfohlen hatte, unverzüglich auf und engagierte mit dem Ingenieur Theodor Kober wenig später einen tüchtigen, erst 27 Jahre alten Mann. Der gebürtige Stuttgarter Kober war ihm vom Ballonhersteller Riedinger persönlich empfohlen worden: »Er ist trotz seines noch beinahe jugendlichen Lebensalters einer meiner besten Leute, gerade auch was die Materialforschung und die Lastenberechnung angeht, ein hervorragender Experte. Wenn Sie also wirklich meinen, ihr Unterfangen
Weitere Kostenlose Bücher