Ferien Auf Saltkrokan
bringe. Mindestens aber so lange, bis ich diese Erinnerungen an meinen ersten Mittsommerabend auf Saltkrokan fertiggeschrieben habe.
Ich wurde durch Gesang geweckt. Papa war frühzeitig aufgestanden und legte letzte Hand an die Gartenmöbel – diesmal mit einem gewöhnlichen Malerpinsel, nicht mit dieser vertrackten Spritze. Er stand im Garten dicht unter meinem Fenster, und ich wurde wach, weil er wirklich hübsch sang von Mittsommer und »blühender Insel« und dergleichen. Und ich fuhr hoch und in die Kleider und lief nach draußen und sah, daß der Fjord blau und blank dalag und daß meine liebenswerten Brüder wach waren und nichts zu tun hatten, und ich zwang sie, mit in Janssons Kuhwäldchen zu gehen. Die Arme voller Feldblumen und grüner Zweige, kamen wir nach Hause und verwandelten das ganze Schreinerhaus in eine Laubhütte mit sommerlichen Düften in jedem Winkel.
Und als die »Saltkrokan I« draußen auf dem Fjord angedampft kam, da sahen wir, daß auch sie einer schwimmenden Laubhütte glich mit jungen Birken von vorn bis hinten. An Bord wurde Harmonika gespielt, sommerlich gekleidete Menschen sangen von Mittsommer und »blühender Insel« genau wie Papa, nur nicht so schön.
Ganz Saltkrokan war auf dem Anleger. Du liebe Zeit, es ist ja das größte Vergnügen, das wir hier haben, hinunterzulaufen und den Dampfer zu empfangen – und dann noch dazu den Mittsommerdampfer! Ja, wir waren alle dort. Nur Björn nicht!
Ich hatte mich feingemacht, riesig fein war ich in meinem Hellblauen, das so schön schwingt. Johann und Niklas pfiffen beide durch die Zähne, als sie mich sahen, und das will etwas heißen. Wenn einem die eigenen Brüder nachpfeifen, dann kann man sein dürftiges Selbstvertrauen darauf stützen. Ich stand da und war zufrieden und wie von ungefähr ein bißchen erwartungsvoll.
Pelle war nicht ganz so zufrieden.
»Muß man so blödes Zeug anhaben, bloß weil Mittsommer ist?« sagte er. Ja, ja, sicher ist es nicht richtig, die Kinder mit einem Sonntagsanzug und weißem Hemd und Schlips zu plagen, aber man hat all diese dreckigen Jeans satt und möchte wenigstens einmal etwas anderes sehen.
»Ja, das muß man«, sagte Papa, »und so gefährlich ist es doch nicht. Du brauchst dich nur vorzusehen, daß du dich nicht schmutzig machst und nicht naß wirst, dann kann dir gar nichts passieren.«
»Sag doch gleich, ich soll mich vor allem vorsehen, was Spaß macht, dann kann dir und Malin gar nichts passieren«, sagte Pelle.
Dann entdeckte er Tjorven, diese selbe Tjorven, die kein Mensch bisher in anderen Sachen gesehen hatte als in karierten langen Hosen und Pulli. Jetzt hatte sie ein weißes Stickereikleid an mit Falten und allen Finessen, und ihre Miene war nicht zu beschreiben. Es war ihr von weitem anzusehen, was sie dachte: »Da staunt ihr, was?« Und eins ist sicher, sogar Bootsmann war über dieses funkelnagelneue Frauchen verwundert. Selbst Pelle wurde scheu und verstummte. Da stieg Tjorven von der Höhe ihres Triumphes herab und sagte:
»Weißt du was, Pelle? Wir schmeißen Stöckchen für Bootsmann. Das ist das einzige, was man machen kann, wenn man so verflixt fein ist.«
Schon möglich, daß sie sich das ausgedacht hatte, um Pelle vor Stina zu retten.
Stina und der alte Söderman waren nämlich auch auf dem Anleger. Söderman erzählte, sein Magenknurren sei jetzt besser geworden, was uns alle freut, denn hier auf Saltkrokan nehmen wir Anteil an den Freuden und Leiden und Krämpfen des anderen.
»Jaja, nun kommen die Sommergäste, achach, jaja«, sagte Söderman. Und als Papa ihn fragte, ob er die Sommergäste nicht möge, machte er ein verdutztes Gesicht. Dieser Gedanke war ihm offensichtlich noch nie gekommen.
»Nicht mögen, tjaa«, sagte er. »Aber die meisten von denen sind ja Stockholmer, und die übrigen, die sind eigentlich auch bloß Gesindel.« Papa lachte und fühlte sich nicht im geringsten getroffen. Er zählt sich schon zu den Ureinwohnern. Das tut er immer, wohin er auch kommt, und ich glaube, das ist der Grund, weshalb er überall so viele Freunde findet. Außerdem merken die Menschen wohl, daß er mit all seiner Kindlichkeit und seinen Schrullen und seiner Hilflosigkeit Wärme und Schutz braucht, ja, wie er es anstellt, weiß ich nicht, aber alle mögen ihn. Ich hab gehört, wie der alte Söderman im Laden sagte – er hatte nicht gemerkt, daß ich auch da war -: »Dieser Melcherson, der ist nicht ganz bei Trost, aber das ist eigentlich das einzige, was ich an
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