Ferien Auf Saltkrokan
Rausch, als Märta und ich angestürzt kamen. Erwachten und merkten, daß sie durchweicht waren, etwa so wie Adam und Eva sahen, daß sie nackt waren. Pelle und Tjorven waren leider nicht nackt, sondern in höchstem Maß bekleidet, das stand fest, und ich hatte nie zuvor erlebt, daß ein ehemals steif gestärktes Stickereikleid aussehen konnte wie ein kleiner, weicher Lappen.
»Wir konnten nichts dafür«, sagte Tjorven, »es kommte bloß so.« Sie versuchte, Märta zu erklären, wie es so »kommte«, und soviel ich mich erinnere, erklärte sie es ungefähr so:
»Wir wollten nur mal die Füße baden, und wir haben uns ganz doll vorgesehen, wir waren doch so fein. Aber Pelle hat gesagt, bis zu den Knien können wir reingehen, und da haben wir das gemacht, und dann ging Pelle noch ein bißchen weiter rein. ›So weit trau ich mich jedenfalls zu gehen, sagte er, und da ging ich noch weiter rein und sagte: ›So weit trau ich mich jedenfalls zu gehen!‹ Aber da wurde ich ein bißchen unten am Kleid naß, und da sagte Pelle: ›Ich, ich bin nicht naß!‹ Und da spritzte ich ihn ein bißchen mit Wasser, damit er naß wird, und da spritzte er mich ein bißchen, und dann spritzte ich ihn noch ein bißchen, und da spritzte er mich noch ein bißchen, und dann spritzten wir immer doller und doller, und dann badeten wir, das kommte bloß so.«
»Für heute habt ihr aber genug gebadet«, sagte Märta streng.
Wir mußten nach Hause gehen, jeder mit seinem nassen Kind. Hinter dem Schreinerhaus habe ich zwischen zwei Apfelbäumen eine Wäscheleine. Dort hängte ich Pelles Sachen auf, und dort tanzten sie mit dem Südwind ihren Mittsommertanz, den einzigen, den sie erleben sollten.
Aber zum nächsten Mittsommer, falls wir dann noch leben, werde ich dafür sorgen, daß ich eine doppelt so lange Wäscheleine habe – denn das ist ohne Frage nötig. Darüber später mehr!
Märta und ich kamen mit unseren gewohnten Alltagskindern zur Quellwiese, und Märta sagte:
»Es wird eine Weile dauern, bis ich Tjorven wieder ein Stickereikleid anziehe.«
»Prima«, sagte Tjorven.
Märta selbst war ungemein hübsch und fein in ihrem Trachtenkleid mit dem baumwollenen Faltenrock und dem weißen Tuch mit den Zipfeln. Oh, diese Märta! Wer sorgt dafür, daß Saltkrokan einen Mittsommerbaum bekommt und Mittsommerspiele gemacht werden – Märta! Wer ist Wortführerin im Hausfrauenverein – Märta! Wer leitet den Frauenchor – Märta! Und wer bringt ganz Saltkrokan, jede einzelne Seele, dazu, um den Mittsommerbaum zu sprinten und das Lied von den Fröschen zu singen – Märta und immer wieder Märta!
Unser Mittsommerbaum steht auf der Quellwiese hinter Södermans Wiese, und als wir hinkamen, Märta und ich, hatte es angefangen zu regnen. O doch, es war ja schließlich Mittsommerabend, und das Wetter konnte Märta nicht bestimmen. Aber ihre Hausfrauen versammelten sich tapfer unter ihren Regenschirmen und sangen trotzdem getreulich: »Ich schaukle auf höchstem Zweige von Harjulas höchstem Berg.« Und ich merkte, daß das auch auf mich paßte, ich schaukelte auf dem höchsten Zweig und sah, daß die Erde lieblich war und der Himmel schön, obwohl es regnete. Aber oh, erhöre des kleinen Vogels Gebet, und laß es zum Abend aufklaren, denn hier ist ein kleiner Vogel, der gern auf dem Anleger tanzen möchte!
Das durfte ich auch. Aber bevor es soweit war, passierte noch eine ganze Menge, und die Wäscheleine zwischen den Apfelbäumen hängte sich beinahe durch. Denn hier hingen schließlich außer Pelles Hemd und Jackett und Hose auch ein Hemd von Krister, ferner Papas Hemd und Hose, ferner Johanns Hemd und Hose. Ich weiß nicht, was Niklas' Hose verbrochen hatte, die gestern den ganzen Tag nicht hat baden dürfen, wo es doch alle anderen Hosen durften; aber das Leben ist nun einmal voller Ungerechtigkeiten.
Kristers Hemd hatte nicht gebadet. Das hatte ich für ihn gewaschen. Er war beim Eierlaufen hingefallen und auf dem Bauch im Gras gelandet, genau da, wo Papa eine Sekunde vorher sein Ei hatte fallen lassen.
»Man kann nicht den ganzen Mittsommerabend mit einem weichgekochten Ei auf der Brust rumlaufen«, sagte Papa. Und gutmütig, wie er ist, ging er nach Hause und holte eins von seinen Hemden für Krister. »Danke«, sagte Krister, »ich geh inzwischen baden.«
Johann und Niklas und die Grankvist-Amazonen standen dabei und feixten. Niemand kann behaupten, daß sie wegen Kristers Mißgeschick mit dem Ei besonders unglücklich waren.
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