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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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tollsten Jungen der Welt kennen und es gab keine Sprache, in der wir uns verständigen konnten.
    »Sophie, brauchst du Hilfe?«, hörte ich plötzlich jemanden rufen.
    Und da war sie wieder, die reale Welt mit ihren ganz eigenen Gesetzen. Mama steckte ihren Kopf durch das Barfenster und versuchte herauszubekommen, was drinnen in der Bar vor sich ging. Mein niedergestreckter Grieche verdrehte leicht die Augen, als sie die Stühle beiseiteräumte, um sich nach meinem Verbleib zu erkundigen. Mit einem Blick erfasste sie das Geschehen. Da stand er aber schon wieder auf den Beinen, grinste mich an und verließ schulterzuckend die Bar.
    »Sophie«, sagte Mama, »kannst du dich nicht wie jeder normale Mensch unter einen Sonnenschirm legen?«
    »Nee«, erwiderte ich und verließ ebenfalls die Bar.
    Wären wir bloß mit dem Bus weggefahren.

Aber der Tag war noch lange nicht zu Ende. Ich wäre im Hotel geblieben, hätte mich ans Bett geschnallt oder tot gestellt, wenn ich auch nur geahnt hätte, was mich noch erwartete. Doch pünktlich um halb fünf standen wir vor dem Fahrradverleih und warteten wie die Lehrer gespannt auf Kubasch.
    Mamas Dauerfreundlichkeit fällt bei mir ja unter Berufskrankheit, von früh bis spät muss sie lächeln. Sie kann schon gar nicht mehr anders. Nur Kubasch schien das allein auf sich zu beziehen. Und so radelten wir alle lächelnd in unseren Untergang.
    Zugegeben, am Anfang war es schon klasse. Wir fuhren auf einem schmalen Feldweg am Meer entlang. Mama und ich trugen kurze Hosen und Shirts. Die Sonne brannte uns heftig in die Kniekehlen, doch vom Meer herauf wehte eine frische Brise. Kurz gesagt, es war einfach wunderbar, so dahinzufahren.
    Mama setzte plötzlich zu einem kleinen Sprint an. Keuchend rasten wir über die Schotterpiste. Spätestens da hatten wir die Lehrer abgehängt. Nur Zadek hielt noch mit und Kubasch natürlich.
    Als wir am Leuchtturm ankamen, hatte die Sonne entschieden, für diesen Tag langsam Schluss zu machen. Wir setzten uns mit dem Abendessen, das uns das Hotel mitgegeben hatte, an den Strand. Zadek zündete ein kleines Feuer an und so saßen wir alle mit unseren Picknicktüten im Kreis, während Kubasch uns auf das kommende Highlight einstimmte: die Schlangengöttin. Die schien in Mamas Kreuzworträtseln aber noch nicht vorgekommen zu sein, sonst hätte wenigstens eine von uns Bescheid gewusst.
    Dem Mythos nach war die Mutter aller kretischen Götter eine Schlangengöttin: Hüterin des Lebens und Schutzgeist jedes Heimes. Wer unter dem Fußboden seines Hauses Schlangen hat, dem ist daher, so glauben zumindest viele Griechen, das Glück hold. Na, ich weiß ja nicht. Solche Viecher möchte ich nicht unter meinem Haus haben.
    Kubasch fügte hinzu, dass die Griechen diese Göttin auch heute noch verehrten und dass er so einen Ort der Verehrung auf dem Rückweg mit uns besuchen wolle. Wenn’s denn unbedingt sein muss, dachte ich. Also packten wir alle entspannt unsere Abendbrotreste zusammen, löschten das Strandfeuer und fuhren los. Über dem Meer zwinkerte ein letztes Mal die Sonne.
    Kubasch fuhr jetzt vorneweg. Als wir hinter einem Orangenhain zu einer kleinen Kirche einbogen, war es dunkel. Drinnen in der Kirche leuchteten Kerzen. Ihr fahler Schein fiel durch die hohen Fenster nach draußen. Wir lehnten unsere Räder an den verrosteten Zaun und warteten. Mama ist sonst nicht gerade ängstlich, aber aus irgendeinem Grunde wich sie jetzt nicht mehr von meiner Seite. Die Grillen waren plötzlich verstummt und Kubasch verschwunden. Da wir aber keine Lust hatten, die halbe Nacht auf ihn zu warten, machten wir uns allein auf den Weg.
    In der kleinen Kirche stellte gerade ein Patricharch frische Blumen auf den Altar. Er grüßte uns lächelnd. Also nix Besonderes. Eine Kirche wie alle anderen, alt, finster und muffig. Wir wollten schon wieder hinausgehen, denn nach Überraschung sah hier wirklich nichts aus. Margarete entdeckte sie dann zuerst. Ganz langsam nahm sie meine Hand und hielt sie fest, ehe sie zu einer der Ikonen an der Seitenwand zeigte.
    »Nicht bewegen, Sophie«, flüsterte sie.
    Da kroch doch mitten über das Gesicht der Madonna eine dünne, schwarze Schlange. Mama hatte sie in diesem Moment auch erspäht. Im ersten Reflex neigte sie zur sofortigen Flucht, doch als wir uns umdrehten, kroch auch hinter uns ein Exemplar über den brüchigen Steinboden.
    Die Reisegruppe war mittlerweile in der ganzen Kirche verstreut. Altgriechisch beugte sich gerade über eine

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