Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Hotelportier und einem Ersatzschlüssel zurück. Das werde ich ihr nie vergessen. Kopfschüttelnd ließ mich der Portier, der einen Buckel wie Quasimodo hatte, ins Zimmer.
»Gute Nacht«, rief Margarete, »bis morgen!«
Dann warf ich die Tür zu. War das ein Tag! Erschöpft ließ ich mich aufs Bett fallen, mit all dem Sand und Salz. Keinen Schritt schaffte ich mehr zur Dusche. In meinem Kopf drehte sich alles, die Hitze, Zadek und der griechische Prinz. Dass Urlaub so anstrengend ist, hatte ich nicht gewusst.
Am nächsten Morgen weckte mich ein heller Sonnenstrahl im Gesicht. Mama hatte vergessen, die Rollos herunterzulassen. Sie lag mit ausgebreiteten Armen auf dem Bett und schnarchte. Daran waren wohl die vielen Cocktails schuld. Auf jeden Fall war es schon weit nach zehn und der Wanderbus war heute wohl ohne uns abgefahren.
Was für ein Glück! Endlich kam ich an den Strand, dorthin, wo man als Gewinner einer Kretareise auch gehört. Hoffentlich hatten sie unten nicht schon das Frühstücksbüfett abgeräumt. Das war im Moment meine einzige Sorge.
So, wie ich aussah, konnte ich mich allerdings nicht blicken lassen. Leise schlich ich ins Bad und spülte mir im Waschbecken den salzigen Sand von den Armen. Die Dusche wagte ich nicht zu benutzen, besser, Mama schlief noch eine Weile. Als ich mich abtrocknete, fiel mir die peinliche Begegnung vom Strand wieder ein. Aber vielleicht hatte mich dieser Nachtprinz auch gar nicht erkannt, es war ja schon ziemlich dunkel gewesen. Das redete ich mir jedenfalls ein, als ich die Treppe hinunterlief.
Im Frühstücksraum war von unserer Reisegruppe nichts mehr zu sehen. Wahrscheinlich rumpelten sie jetzt gerade in die Weißen Berge hoch. Anscheinend hatten sich die Lehrer ausgiebig für den Tag gewappnet, denn sie hatten nicht viel vom Büffet übrig gelassen, nicht mal Weintrauben oder Melonen. Ich stapelte mir ein paar Toastscheiben und Käse auf den Teller, immer auf der Hut, falls der griechische Prinz irgendwo auftauchte. Tat er aber nicht. So verzog ich mich zum Essen nach draußen.
Ich wollte mich auf eine Liege setzen und in aller Ruhe frühstücken, als mich ein großes Klatschkonzert empfing. Die gesamte Reisegruppe lümmelte um den Pool herum, allen voran Herr Kubasch in einer wild gemusterten Leoparden-Badehose.
»Da ist ja unsere Göttin der Weisheit!«, rief er grinsend.
Was war das denn? Warum waren die nicht auf Exkursion?! Ich warf Kubasch einen giftigen Blick zu und setzte mich mit meinem Teller an den Pool, die Beine im Wasser. Ärgerlicherweise hatte ich meinen Orangensaft vergessen, doch noch mal an allen vorbei wollte ich auch nicht.
»Heute ist unser freier Tag«, erklärte Kubasch. »Da kann jeder die Insel auf eigene Faust erkunden.«
Ich wollte gar nichts erkunden, ich wollte einfach nur an den Strand. Seufzend würgte ich den trockenen Toast hinunter. Da tauchte plötzlich Mama am Pool auf. Lächelnd wie Aphrodite lief sie an Kubasch vorbei und sprang mit ihrem neuen knallroten Bikini ins Wasser. Kubasch fielen bald die Augen aus dem Kopf. Mama tauchte einmal durchs ganze Becken und zog sich dann prustend neben mir aus dem Wasser.
»Guten Morgen, Schnecke«, sagte sie. »Du bist ja schon auf.«
Ich konnte schlecht so tun, als wäre ich nicht mit der Dame verwandt. Alle Lehrer beobachteten uns. Sie hatten ja auch sonst nichts zu tun.
Mama wrang ihre langen Haare aus und warf sie dann lässig über ihren Rücken. »Und, wohin geht’s heute?«
»An den Strand«, wollte ich sagen, doch Kubasch war irgendwie schneller.
»Am Nachmittag wollen einige Teilnehmer mit den Rädern zum Leuchtturm. Wie wär’s mit euch beiden? Ist eine schöne Tour!«
Mama kam gar nicht erst auf die Idee, mich zu fragen. »Natürlich kommen wir mit«, flötete sie.
»Prima, der Mathelehrer geht die Fahrräder bestellen.«
Na toll, Zadek war also mit von der Partie. Hätte ich mir ja denken können. Er kann keine drei Minuten mal nichts tun. Das ist auch in der Schule so, ständig muss er uns irgendwelche Projekte aufdrücken.
»Es gibt auch noch eine kleine Überraschung«, fügte Kubasch grinsend hinzu. »Die ist aber nicht jedermanns Sache.«
»Überraschungen sind doch etwas Schönes.« Mama lächelte.
Irgendwie schwante mir gleich, dass keinesfalls etwas auf uns wartete, das Mama als »Überraschung« bezeichnen würde.
»Wir machen einen kleinen Abstecher zur Kirche der Gottesmutter. Dort gibt es heute Nacht ein einmaliges Schauspiel.«
Ich wollte nicht
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