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Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Ferien mit Mama und andere Katastrophen

Titel: Ferien mit Mama und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kasch
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so viel hieß wie aufstehen und mitkommen. Doch ich rührte mich nicht, was ihn noch wütender machte.
    Schließlich mischte Kubasch sich ein. Im Hintergrund sah ich ein paar Küchenfrauen umherflitzen, die versuchten, den Joghurt vom Boden zu wischen. Den Alten interessierte das nicht, er hatte nur Augen für mich.
    »Okay«, sagte Kubasch schließlich und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »Herr Parandoloupolis behauptet, gestern wäre ein Mädchen mit einem weißen Bikini in seinen Laden eingebrochen und hätte seinen Käse und Nugat aufgegessen. Und das Mädchen hätte genau so ausgesehen wie du, Sophie.«
    »Das ist doch lächerlich«, wollte ich schon erwidern. »Wir waren doch alle segeln.« Aber als ich Kubaschs Blick auffing, klappte ich meinen Mund sofort wieder zu. Nicht genug, dass der Opa auf seine alten Tage für Nikos in der Küche aushelfen musste, ich hatte ihn auch noch bestohlen. Beschämt schaute ich auf meinen Teller.
    Manchmal hilft einfach nur noch die Wahrheit. Ich wusste aber nicht genau, ob jetzt so ein Moment war. Die Lehrer schauten mich mitfühlend an, sie glaubten dem Alten kein Wort und hielten das Ganze für eine Verwechselung. Bei Mama war ich mir da nicht so sicher. Sie starrte mich mit aufgerissenen Augen an.
    Kubasch wurde langsam ungeduldig. »So schwer ist das ja nicht, Sophie. Du wirst doch wohl wissen, ob du seinen Nugat gegessen hast.«
    Doch wenn ich das zugab, musste ich auch den Rest der Geschichte erzählen. Dass ich den Felsen hochgeklettert und durch den Olivenhain gerannt war und am Ende dann einfach nicht mehr konnte. Weil ich doch Nikos unbedingt sehen wollte. Und dann war auch noch alles umsonst gewesen! Wie hörte sich das denn an? Damit war ich doch die größte Lachnummer von ganz Kreta.
    Ich wusste später nicht mehr, warum ich mich schließlich doch für die Wahrheit entschied. Vielleicht, weil ich einfach den Überblick verloren hatte, wessen Zukunft ich nun gerade ruinierte: meine oder Nikos’. Wahrscheinlich unser beider. Auf einmal war mir das aber egal. Die Lehrer lauschten mit offenem Mund. Zadek legte seine Hand auf meine, er schien zu spüren, dass es mich innerlich fast zerriss.
    Als ich fertig war, sagte niemand ein Wort. Auch der Alte hatte still zugehört, obwohl er sicherlich kein Wort verstanden hatte, und schaute nun fragend in die Tischrunde.
    »Was für eine Geschichte«, sagte Altgriechisch schließlich, »eine echte griechische Tragödie.«
    Aber niemand lachte. Das verstand ich nun gar nicht. Ich hatte zumindest erwartet, dass sie jetzt mit vereinten Kräften über mich herfallen würden, weil ich mich als Idiotin, Diebin und gemeine Lügnerin aufgeführt hatte. Aber nichts dergleichen passierte. Selbst Mama biss sich auf die Lippen.
    In die Stille hinein übersetzte Kubasch schließlich für den alten Mann. In seinem verwitterten Gesicht spiegelten sich Staunen und Unglauben in jähem Wechsel. Kubasch hörte gar nicht mehr auf. Wahrscheinlich erfand er noch ein paar Sachen dazu, ich konnte es ja nicht verstehen. Doch endlich war er fertig.
    Da ging eine seltsame Veränderung mit dem Alten vor sich. Hatte er mich eben noch drohend und finster unter seinen buschigen Augenbrauen angestarrt, stahl sich nun ein verschmitztes Lächeln in sein Gesicht. Er klopfte mir seufzend auf die Schulter, murmelte etwas auf Griechisch und schlurfte dann in die Küche zurück.
    Ich schaute Kubasch verwirrt an. »Was hat er denn nun gesagt?«
    Kubasch grinste. »In der Liebe ist alles erlaubt.«
    »Wie bitte?«
    »Das hat er gesagt, Sophie. Ehrenwort.«
    Einige der Lehrer lachten, nur Mama nicht. Und ich fand daran ehrlich gesagt auch nichts witzig. In der Liebe ist alles erlaubt. War der Alte verrückt oder war das einfach nur griechisch? Normal war es jedenfalls nicht.

Mama wäre wahrscheinlich meine Bestrafung lieber gewesen. Aus pädagogischen Gründen. Aber die Lehrer hatten sich eindeutig für die griechische Liebesgeschichte entschieden. Da konnte sie nichts machen. Dass sie auf der Fahrt zur Höhle so still war, musste also einen anderen Grund haben. Keine Ahnung, was ihr derart die Laune verdarb. Unsere Höhlenwanderung dürfte ihren griechischen Bildungsplan für mich doch wohl perfekt abschließen.
    Und dann kam ich drauf! Mama hat aus unerfindlichen Gründen Angst in dunklen, geschlossenen Räumen. Da war eine Höhlenwanderung ja genau das Richtige! Während der Bus Richtung Höhle schaukelte, warf ich ihr heimlich Blicke zu. Trotz ihrer

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