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Ferien mit Oma

Ferien mit Oma

Titel: Ferien mit Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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durfte, sondern böse und streng mit ihm sein mußte, damit er sich so recht als heimatloses kleines Grafenkind fühlen konnte.
    Nach dem Essen nahm Oma ihr Strickzeug vor, und die Kinder durchstreiften den Wald. In der Mittagshitze duftete es nach Tannen und Pilzen. Brigitte entdeckte ein Gebüsch mit reifen Himbeeren. Die Kinder aßen sich satt und zerkratzten sich Arme und Beine, um die größten und schönsten Beeren zu erreichen, die sie Oma brachten.
    „Wo fahren wir nun hin?“ fragte Jan.
    Oma packte ihr Strickzeug zusammen und stand auf. „Ins Blaue.“
    Und so geschah es. An jeder Wegkreuzung wurde abgestimmt, und sie fuhren nur die Wege entlang, die ihnen gefielen, zwischen dichten dunklen Tannen, wo die Zwerge zu wohnen schienen, durch Wiesen, auf denen bunte Kühe grasten, und durch Dörfer mit Storchennestern auf den Dächern.
    Gegen Abend mußten sie ihre lustige Fahrt ins Blaue unterbrechen, denn Oma wollte in einem Städtchen Lebensmittel einkaufen. Die Straße, die sie nun nahmen, war sehr belebt. Die Reihe der entgegenkommenden Autos riß nicht ab. Peter, der wieder auf dem Rückbrett saß, beobachtete, wie hinter ihnen ein eleganter roter Sportzweisitzer unruhig versuchte, Pieselangs Wagen zu überholen, aber es gelang ihm nicht, weil zwischen den entgegenkommenden Wagen keine Lücke entstand. Peter tat er fast ein wenig leid. Solch ein Sportauto war zum Dahinbrausen geschaffen und mußte sich nun dem Zotteltrab von Max anpassen. Der Herr am Steuer trug eine Golfmütze und eine Lederjacke. Er trommelte nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad und redete aufgeregt auf eine Dame mit einer Sonnenbrille ein, die gelangweilt neben ihm lehnte. Er hupte böse und anhaltend. Aber wenn Oma es vorne auf dem Bock auch hörte, so konnte sie doch nicht ausweichen, weil es keine Möglichkeit dazu gab. Peter sah interessiert zu, wie der Herr sich immer mehr aufregte. Er war ganz rot im Gesicht und drohte Pieselangs Wagen sogar mit der Faust. Nun hatte Peter kein Mitleid mehr mit ihm. Er streckte dem Herrn schnell ein bißchen die Zunge heraus. Darauf wurde dieser noch mehr rot. Er schlug mit der Hand auf das Steuerrad, blickte auf die Uhr, schüttelte den Kopf, und es sah ganz so aus, als wollte er gleich aus der Haut fahren.
    Hinter dem roten Sportwagen hatte sich nach und nach eine ganze Schlange von Autos angesammelt. Alle mußten so langsam fahren, wie der müde Max lief, und alle waren so ungeduldig und aufgeregt wie die Ziegen im Dorf, wenn sie aus dem Stall gelassen wurden und sich schubsten und drängelten, weil jede die erste auf der Weide sein wollte.

    Schließlich gab es doch einen kleinen Seitenpfad. Oma lenkte Max hinein. Auf der Straße jagte die Meute der Autos vorbei. Nur der Herr mit der Golfmütze fuhr hinter Pieselangs her. Oma stieg vom Bock und rief die Kinder. „Schaut mal, weshalb ich hierher gefahren bin. Habt ihr so was schon gesehen?“
    Nein, das hatten sie nicht. Staunend betrachteten sie einen mannshohen Ameisenhaufen, auf dem es kribbelte und wimmelte. „Ein Ameisenhochhaus“, sagte Jan.
    Oma nickte. „Und sie bauen noch immer dran.“ Wirklich führten viele Straßen zu dem Haufen, auf denen fleißige kleine Ameisenarbeiter Baumaterial herbeischleppten.
    Plötzlich fuhren Oma und die Kinder zusammen. Bremsen kreischten. Der Herr mit der Golfmütze sprang aus seinem Wagen. „Was fällt Ihnen ein, so lange den Verkehr lahmzulegen!“ schrie er Oma an. „Wie kann man mit einem so vorsintflutlichen Gefährt, an dem kein vernünftiges Auto vorbei kann, in der Gegend herumfahren? Das müßte verboten werden.“
    „Warum?“ erwiderte Oma sanft. „Unser Wagen fährt doch ganz gut.“
    „Fahren nennen Sie das“, kreischte der Mann, „fahren? Der kriecht ja wie eine Schnecke.“
    Oma nickte freundlich. „Ja, das ist sein Vorteil. Man sieht dabei Dinge, die man aus einem schnellfahrenden Auto heraus niemals bemerkt, zum Beispiel diesen Ameisenhaufen. Ist er nicht sehenswert?“
    Der Mann schnaufte. „Was interessiert mich Ihr Ameisenhaufen! Ich muß um sechs Uhr in Goldbach sein, und das haben Sie verhindert.“
    „Das tut mir leid“, sagte Oma. „Aber Sie sollten nicht immer nur Geschäften nachjagen, sondern auch mal Urlaub machen.“
    „Aber ich mache ja gerade Urlaub.“
    Oma runzelte die Stirn. „Warum haben Sie es dann so eilig?“
    „Himmel, haben Sie eine Ahnung! Mein Urlaub ist genau vorbereitet. Überall sind Quartiere bestellt, und ich muß pünktlich dort

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