Ferien mit Oma
sein. Heute in Goldbach, morgen in Hinterfeldberg und übermorgen in Eisenstadt---. Aber das geht Sie ja gar nichts an.“ Er sprang in sein Auto, neben die immer noch gelangweilt aussehende Dame mit der Sonnenbrille, und schlug die Tür zu. „Übrigens“, rief er, während er schon auf den Anlasser drückte, „sagen Sie Ihrem Bengel, der hinten auf dem Wagen saß, daß ich ihm den Hintern versohle, wenn er mir noch einmal die Zunge rausstreckt. Na, Gott sei Dank werden wir uns ja wohl nicht wiedersehen!“
Aufheulend fuhr das Auto los, so daß der Kies spritzte. Oma und die Kinder wandten sich wieder dem Ameisenhaufen zu und beobachteten, wie die Ameisen auf den kleinen Straßen sich gegenseitig halfen, schwere Lasten zu tragen. Peter kam aus dem grünen Wagen heraus, in den er sich vorsichtshalber verzogen hatte. Er schämte sich ein bißchen. Sicher streckten Grafenkinder nie jemandem die Zunge heraus.
Eine halbe Stunde später fuhren sie in das Städtchen ein. Sie erregten viel Aufsehen. Die Leute auf den Straßen blieben stehen und sahen ihnen nach. Kinder liefen rufend und lachend nebenher. Sie kamen in dem dichten Straßenverkehr nur langsam vorwärts, und es dauerte lange, ehe sie einen Parkplatz fanden. Oma dirigierte Max und den grünen Wagen in eine Lücke zwischen einem Opel und einem Mercedes. Max blickte melancholisch auf die Reihen von Autos, zwischen denen er eingeklemmt stand, und trat unruhig von einem Bein aufs andere.
Oma hängte ihm den Hafersack um. „Einer von uns muß bei ihm bleiben, damit er sich nicht so einsam fühlt“, sagte sie. Peter erklärte sich bereit. Oma, Brigitte und Jan liefen schnell, um die nötigen Einkäufe zu machen, denn es war kurz vor Ladenschluß.
Als sie mit Tüten beladen zurückkamen, stand eine kleine Menschengruppe um Max und Peter herum. Sogar ein Schutzmann war dabei, und beim Nähertreten sahen sie, daß er Peter an der Hand hielt.
„Was ist mit ihm?“ fragte Oma. „Hat er etwas angestellt?“
Der Schutzmann antwortete, während er Oma durchbohrend ansah: „Er nicht!“ Dann beugte er sich zu Peter hinab und fragte leise: „Ist das die Frau?“
Peter nickte ernst, faßte die Hand des Schutzmanns fester und blickte mit seinen großen Augen flehend zu ihm auf. Er sah zart und hilflos aus. Die Menschen, die sie umstanden, wandten sich Oma, Jan und Brigitte zu und starrten sie vorwurfsvoll an. Ein dicker Mann im schwarzen Mantel und Hut stellte sich dicht hinter Oma und rief: „Sie bleiben hier!“ Als wenn Oma die Absicht gehabt hätte fortzulaufen! „Nun sagen Sie bitte, was Sie von uns wollen“, sagte sie energisch zu dem Schutzmann.
Der räusperte sich. „Das Kind wurde von diesen Herrschaften beobachtet, wie es seufzend auf den Stufen des merkwürdigen Wagens hier saß.“
„Ja“, ergriff eine Frau das Wort, und ihre Stimme schnappte vor Aufregung fast über. „Dann haben wir das arme Hascherl gefragt, warum es so traurig ist, und es hat uns erzählt“, sie schluckte, „daß Zigeuner es von wohlhabenden Eltern gestohlen hätten.“
„Stimmt das?“ donnerte der Schutzmann Oma an. „Wollten Sie sich durch das Kind ein Lösegeld verschaffen?“
Oma sah betreten zu Boden. „Na gut, wenn Sie es schon wissen, dann nehmen Sie ihn mit und geben ihn seinen Eltern wieder“, sagte sie schließlich. Peter wurde blaß.
„Jawohl, wir werden ihn seinen Eltern zurückgeben“, rief der Schutzmann zornig. „Aber Sie kommen mit und müssen erst einmal ins Gefängnis, bis die Sache geklärt ist.“
Das war zuviel für Peter. „Ins Gefängnis?“ rief er entsetzt. „Oma soll ins Gefängnis? Nein, nicht, bitte, bitte nicht, Herr Schutzmann!“
Der Schutzmann sah ihn verwirrt an. „Aber willst du denn nicht, daß die böse Frau eingesperrt wird?“
„Nein“, schluchzte Peter, „nein, nein, sie ist doch meine liebe Oma!“
Dem Schutzmann dämmerte etwas. „Dann bist du wohl gar kein gestohlenes Grafenkind?“ fragte er.
Unter Tränen schüttelte Peter den Kopf. „Nein, ich hab’ das doch bloß gespielt. Muß ich nun ins Gefängnis?“ Er heulte lauthals.
„Zeigen Sie mir Ihren Ausweis“, sagte der Schutzmann wütend zu Oma.
Sie holte den Ausweis aus ihrer Tasche und sagte lächelnd: „Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Wachtmeister, daß Sie sich so um den Jungen gekümmert haben. In einem Land, in dem die Polizei ihre schützende Hand über die Kinder hält, kann man wirklich ruhig leben.“
Der Schutzmann räusperte sich
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