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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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sie später noch sehen«, antwortete Jerry, stand auf und verließ das Zimmer. Harman hörte seine langsamen, schweren Schritte treppaufwärts und das Getrippel von Skipper, der ihn begleitete. Er konnte sich nicht erinnern, daß Jerry jemals nicht die Treppe hinaufgestürmt war, zwei Stufen auf einmal nehmend, und neues Mitleid erfüllte ihn. Er war ein Mann, der für die Menschen, die er liebte, vor allem das wollte, was recht war, und es bestand für ihn in diesem Fall kein Zweifel, was das Rechte war.
    So etwas kam eben bei jungen Männern vor, und sie mußten es durchmachen und darüber hinwegkommen, jeder auf seine Weise, und man konnte da eigentlich nicht helfen. Daß es nicht ohne Wunden abging bei ihrem Vorwärtsstürmen, war klar. Aber er wußte auch, daß sein Sohn in den kommenden Jahren, wenn er und Catharine einmal verheiratet waren und ein eigenes Heim und Kinder besaßen, glücklich und dankbar sein würde, und daß, falls er sich des Mädchens in England überhaupt noch erinnerte, nur noch ein blasses Gedenken übrigbliebe, das Gedenken an etwas Schönes, das er einmal in seiner Jugend erlebt hatte und das er nicht bereute.
    Harman ging wieder zu dem Tischchen zurück und goß sich sein Glas nochmals voll. Überrascht stellte er fest, wie deutlich er plötzlich alles wieder vor sich sah, Adrienne, das hohe Rokokozimmer im Hotel in Mentone, den kahlköpfigen Kellner, der aussah wie ein Gnom, den Mond und das Meer, den altmodischen gestickten Klingelzug...
    Adrienne war immer so lustig und heiter gewesen, und sie hatte schelmisch die Mundwinkel hochgezogen, auch wenn sie nicht lachte... Harman stellte sein Glas, ohne es berührt zu haben, wieder auf den Tisch, stand auf und ging eilig die Treppe hinauf zum Zimmer seiner Frau, um zu sehen, was sie machte, und sie zu trösten.

    Die alten vertrauten Dinge umgaben Jerry wieder. Sein Zimmer war’ noch genauso, wie er es verlassen hatte, die rotweiße Decke schön zusammengefaltet am Fußende des Bettes, seine Schulabzeichen an der Wand. Neben der eingerahmten Auszeichnung des Fußballklubs, die er im letzten Jahr erhalten hatte, stand auf seinem Schreibtisch die breitgerahmte Fotografie von Catharine, die ihn mit den Augen in jede Ecke des Zimmers verfolgte. Selbst auf dem Bild kamen die Reinheit ihres Gemüts und ihr liebes Wesen zum Ausdruck. Das Bild erschütterte ihn, denn er hatte vergessen, daß es dort stand.
    Er trat zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Seine Zivilkleider hingen über den Bügeln, geplättet und sauber gebürstes, als ob sie auf ihn warteten, damit er in sie hineinschlüpfe. Auf dem Brett standen seine Schlittschuhe, und daneben lagen drei Paare seiner Krickethandschuhe und auch das Paar, das er zuerst erhalten hatte und das ihm nun zu klein war. In einer Ecke lehnten seine Golfschläger, seine eingespannten Tennis-Racketts, ein Baseball-Schläger, eine Angelrute und sein Gewehr. Am Boden lagen einige graue Tennisbälle und ein zusammengeschrumpfter Fußball.
    Er warf einen Blick auf die Bücher, die auf Regalen längs der Wand standen. Bücher von Henty und Alger und den Frank-Merriwell-Serien bis zu Scott und Dumas und Conan Doyle und den Werken von G. K. Chesterton, die ihm Catharine einmal zu Weihnachten geschenkt hatte. Ohne zu wissen, was er tat, zog er ein Buch heraus, hielt es einen Augenblick in der Hand und stellte es wieder zurück.
    Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und öffnete gedankenlos ein Schubfach. Es war ihm, als ob er erst gestern hiergewesen wäre, und er begann, in dem Fach herumzukramen. Da waren sein Abgangszeugnis, eine halbleere Patronenschachtel, drei Golfbälle und die Bronzemedaille, die er bei dem letzten Schulwettkampf gewonnen hatte. Er fand ein altes, von einer dünnen Kordel zusammengehaltenes Tanzprogramm aus der Zeit, als er erst vierzehn Jahre alt gewesen war. Als er es öffnete, sah er, daß in seiner runden und noch ungelenken Knabenschrift siebenmal der Name Catharine darin stand. Auch Briefe lagen da und ein altes Heft, ein Dutzend Marmeln und eine Reihe von Modellierbogen, aus denen man ein Flugzeug basteln konnte, eine zerbrochene Füllfeder und ein kleines Päckchen aus Seidenpapier, von dem er wußte, daß es eine Locke von Catharine enthielt.
    Jerry fühlte, wie Catharine ihn auf ihrem Bild freundlich ansah, und mit einem Knall schloß er die Schublade, erhob sich und legte das Bild verkehrt auf den Tisch. Aber fast unmittelbar darauf stellte er es wieder auf.
    »Himmel, hör

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