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Ferien vom Ich

Ferien vom Ich

Titel: Ferien vom Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Keller
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damit er ja nicht mal in Waltersburger Hände fiele, was die Konkurrenz drüben stärken würde.«
    »Was bezwecken Sie damit?«
    »Daß mein Vertrauensmann, der sich als Privater um den Kauf der Weihnachtsbergkuppe bemüht, die Sache billig bekommt. In vierzehn Tagen, denke ich, können wir oben einziehen.«
    Wir waren inzwischen aufgestanden und stiegen langsam den Berg hinab. Stefenson sprach immerfort von seinen Plänen und brachte es wirklich zuwege, daß meine Bangigkeit nachließ und ich ihm wenigstens mit halber Aufmerksamkeit zuhörte. Er begleitete mich bis in mein Arbeitszimmer. Dort sagte Stefenson: »Nun gestehen Sie es sich mal selber, lieber Freund: die ganze Zeit, da unser Heim besteht, haben Sie, der die Lehre von den Ferien vom Ich erfunden und gepredigt hat, selbst mit Haut und Haaren mitten im dicksten Ichleben gesteckt. Hauptsächlich wegen Ihrer Familienangelegenheiten. Jetzt erst, wo sich alles in Frieden löst, werden Sie Ihrer Idee ganz und mit Freuden dienen können. Sie lehren selbst: in den Ferien vom Ich los von der Familie! Deshalb habe ich auch von Anfang an gemeint, wenigstens einer von uns beiden müsse ganz ohne Familie sein.«
    »Und welcher von uns beiden soll das sein?«
    »Sie!«
    Fast hätte ich über den alten Egoisten lachen müssen. »Sie wären aber doch viel geeigneter, Stefenson; denn Sie sind doch schon ohne Familie.«
    »Sie vergessen, daß ich eine Braut habe.«
    »Eva Bunkert? Ich meine, dieser Verlobtenstand ist einseitig.«
    Er lachte.
    »Bah - wegen der Auskneiferei - wegen dieser Marotte? Ich habe an Eva einen vernünftigen Brief geschrieben, habe ihr gesagt, ich würde ihr gern nachreisen, wenn es nicht zu dumm wäre, und wenn ich Zeit dazu hätte. Sie solle ja nicht annehmen, daß ich jetzt plötzlich an ihrem Theater als Coiffeur, Portier, Kulissenschieber oder dergleichen auftauchen würde, um sie weiter zu beobachten. Das würde abgeschmackt sein; denn ich mache keinen Witz zweimal. Im übrigen liebte ich sie unverändert weiter und überließe ihr, zu bestimmen, wann unsere Hochzeit sein solle. Diesen Brief habe ich vor acht Tagen geschrieben und noch keine Antwort. Das ist doch ein sehr günstiges Zeichen.«
    »Ich würde dieses Zeichen anders auslegen.«
    »Nein. Sie grämt sich. Sie kann gar nicht schreiben. Wäre ich ihr egal, hätte sie mir einen schnippischen, und wäre sie ein oberflächliches Weib, sofort einen freundlichen Verzeihungsbrief geschrieben. So ist sie ein braves Mädel, das mich liebt, und schreibt gar nicht.«
    »Es kann schon so sein«, sagte ich müde; »ich hoffe, daß es Eva gutgeht!«
    »Nun so . . . so . . . Vor fünf Tagen hat sie das erstemal auf der Oper gesungen. Zwei Kritiker haben sie bestehen lassen; einer hat sie etwas mitgenommen. Mit dem habe ich mich telefonisch verbinden lassen. Ich habe den Mann aufgeklärt, um was es sich handelt - so in großen Zügen natürlich -, und ihm gesagt, daß er mir einen Riesengefallen tun würde, wenn er Fräulein Eva Bunkert nach Strich und Faden verrisse und an der Oper unmöglich mache. Meine eventuelle Erkenntlichkeit für ihn habe ich dem Kritiker wirklich nur ganz diskret und delikat angedeutet. Trotzdem hat mir der Grobian gesagt, es sei schade, daß sich telefonisch keine Ohrfeigen austeilen ließen; im übrigen sei Fräulein Bunkert ein außerordentlich hoffnungsvolles Talent. Das habe ich davon. Nun wird sie auch dieser Kerl loben. Ach, du lieber Gott, die deutschen Zeitungsschreiber sind sehr verschiedener Art.«
    »Und Sie fürchten gar nicht, daß Eva Bunkert Ihnen verlorengehen könnte?«
    »Nicht eine Minute. Sie hat gebissen. Ich halte sie fest. Wenn sie doch ein wenig herumzappeln will, kann ich ihr den Spaß ja gönnen.«
    So purzelte Stefensons draufgängerische, frische Art durch den bangsten Tag meines Lebens. Und als ich am nächsten Morgen nach tiefem Schlaf erwachte, fühlte ich mich gesund und munter, stark genug, dem Leben ins Auge zu schauen und mit Lust und Freude an meinem schönen Werke weiter zu schaffen.

    Etwa drei Wochen später besuchte mich Stefenson wieder in meinem Arbeitszimmer. Auf dem Tische lag die neueste Nummer der »Neustädter Umschau«.
    »Ich habe diesmal nichts drin«, sagte Stefenson und wies auf die Zeitung. Trotzdem schlug er sie auf. Und mit einem Male riß er die Augen auf, trat ans Fenster . . .
    »Haben Sie schon - haben Sie schon gelesen?« fragte er aufgeregt.
    »Was denn? Was steht denn wieder in dem Schundblatt? Ich habe noch gar

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