Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
Nacht.«
Lundquist packte mit starrer Miene die Aussage der Patterssons, den Bericht über die deutsche Familie Neumann und den Befund der Pathologie zusammen und ging damit in das Büro seines Chefs, das ein Stockwerk über ihrem lag.
»Was ist denn heute mit ihm los? Er ist so … anders. Sonst reagiert Sven doch auch nicht so gereizt, geradezu schlecht gelaunt.« Britta runzelte die Stirn und sah Knyst an, der nur mit dem Kopf schüttelte: »Ich weiß auch nicht. Vielleicht hat er wieder Kopfschmerzen. Er hat seit einiger Zeit Probleme damit.«
Als Britta gegangen war, griff er zum Telefon, um eine weitere Apotheke anzurufen.
Der Gang war schmal.
Jedenfalls nicht behindertengerecht.
Wenig Licht fiel herein.
Die Sonne schien zu dieser Jahreszeit nicht mehr warm und anheimelnd, sondern sandte kaltes Licht, das einen frösteln ließ. Langsam ging Lundquist an den vielen Türen vorbei, bis er zum Büro von Dr. Kramp kam. Er klopfte energisch an und öffnete schwungvoll die Tür, als er von drinnen das ›Herein‹ hörte.
Wie immer bei solchen Gelegenheiten saß der Leiter der Abteilung hinter seinem eindeutig überdimensionierten Schreibtisch, von dem er aber annahm, er spiegle seine persönliche Bedeutung wider, hatte vor sich einen Stapel Protokolle und Berichte liegen und hielt in der rechten Hand einen Kugelschreiber, den er über einer aufgeschlagenen Akte schweben ließ, um dem Besucher den Eindruck zu vermitteln, außerordentlich beschäftigt zu sein.
Nach der kurzen, von beiden Seiten eisigen Begrüßung wartete Lundquist höflich, bis Dr. Kramp mit einem Seufzer den Hefter vor sich zuschlug und den Stift aus der Hand legte. Der Leiter des Morddezernates, der etwa zehn Jahre älter als Lundquist war, rückte umständlich seine Brille mit dem futuristischen, metallisch glänzenden Designergestell zurecht, die ihm ein jugendlicheres und fortschrittsorientiertes Aussehen geben sollte, und seine kalten, blassgrauen Augen fixierten den Hauptkommissar durchdringend. Er war etwas kleiner als der Hauptkommissar, hatte eine athletische Figur, die er in einem Fitness-Studio in Form hielt und trug seine Haare modisch frisiert.
Ein leichtes Näseln verlieh seiner Stimme etwas Arrogantes, das hervorragend zu seinem Auftreten und seiner durchgestylten Erscheinung passte. Seine gepflegten Hände mit den polierten Nägeln griffen zu einem Stapel am äußeren Ende seines Schreibtisches und warfen Lundquistmit einer schnellen Bewegung eine Zeitung zu. Geschickt fing der Ermittler sie auf und sah Dr. Kramp fragend an. »Na los, Sven. Schlag die Titelseite auf!«, forderte er ihn unfreundlich auf. »Lies laut vor, was da steht!«
»Schweden startet Hetzkampagne gegen Ausländer!«, las Lundquist die deutschsprachige Schlagzeile.
»Von der Art habe ich hier noch viel mehr!«, wütend zeigte Dr. Kramp auf den Stapel. »Alle sind im Tenor etwa gleich: ›Schweden macht Front gegen Tourismus‹. Und das steht auf der Titelseite einer deutschen Tageszeitung! Ständig klingelt bei mir das Telefon. Entweder ist dann ein Reporter dran, der nähere Auskünfte zu dem Mord von mir haben möchte oder ein Vertreter des Tourismusverbandes, der sich erkundigt, wie wir es zulassen können, dass der Ruf Schwedens als Urlaubsland gerade auch für die Deutschen derart in Verruf kommt. Das Ausland zeigt mit dem Finger auf uns, und ich weiß nichts Genaues über die Vorkommnisse, die dazu geführt haben! Das ist einfach ungeheuerlich, Sven! Der Außenminister ist sauer, weil das Gerede über die schwedische Ausländerfeindlichkeit und die unverhohlenen Verdächtigungen, die unsere Presse verbreitet, die Beziehungen zum Ausland beeinträchtigt, der Innenminister ist über die wachsende Ausländerfeindlichkeit in unserem Land besorgt und will wissen, warum er davon erst aus der Presse erfahren musste und wir uns nicht schon früher mit Hinweisen darauf an ihn gewandt haben! All das muss ich mir anhören und habe noch nicht einmal ein paar Basisinformationen, die ich weitergeben könnte, weil der ermittelnde Hauptkommissar es offensichtlich nicht für nötig hält, mich in Kenntnis zu setzen! Das ist einfach ungeheuerlich!«, er hob seine Stimme: »Warum finde ich keinen Bericht deiner Abteilung auf meinem Schreibtisch vor? Warumwurde ich nicht sofort umfassend informiert, als absehbar war, dass die Medien sich des Themas bemächtigen wollen? Du hättest mich gestern Abend auf jeden Fall anrufen und mir das Wichtigste mitteilen
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