Ferienhaus für eine Leiche: Schweden-Krimi mit Rezepten (German Edition)
seine Entscheidung zur Erteilung des Schießbefehls mit dem Hinweis, dass »dieser verbrecherische Sumpf nicht gestärkt, sondern durch eindeutige Handlungen ausgetrocknetwerden« müsse. Im Zuge der weiteren Ermittlungen stellte sich allerdings heraus, dass es sich bei dem Kidnapper um einen geistig behinderten jungen Mann handelte, der am Morgen seiner Gruppe bei einem Museumsbesuch verloren gegangen war.
In seinen Taschen wurde keine Waffe gefunden.
Er hatte den Besitz nur durch einen ausgestreckten Zeigefinger vorgetäuscht.
Befragungen in der Innenstadt ergaben, dass er stundenlang im Nordstaan herumirrte und dabei immer nervöser und unruhiger geworden war. Die Dame, die angegeben hatte, er wollte ihre Handtasche an sich reißen, musste schließlich einräumen, dass er sie angerempelt hatte. Und sie deshalb annahm, er wolle sie ausrauben. Er hatte ihr die Tasche demnach gar nicht entrissen. Im Gutachten des Psychiaters kam der Arzt zu der Feststellung, dass der Geiselnehmer durch die Tatsache, dass er seine Gruppe nicht mehr finden konnte, stark verunsichert gewesen sein musste. Er kannte sich in der Innenstadt nicht aus, war zu aufgeregt, um jemanden um Hilfe zu bitten. Als er ziellos durch das Kaufhaus lief, stieß er mit der alten Dame zusammen, die sich von ihm bedroht fühlte und laut um Hilfe rief. Passanten jagten den jungen Mann, der die Situation nicht mehr überschauen konnte. Auf die Frage, warum der Täter dann eine Geisel genommen hatte und Forderungen gestellt hatte, antwortete der Gutachter, in den Nachrichten am Abend zuvor sei genau so eine Szene gezeigt worden. Der Täter hätte in dieser für ihn völlig unverständlichen und verwirrenden Situation auf ein Verhaltensmuster zurückgegriffen, dass ihm bekannt vorkam.
Seit jener Zeit gingen sich Dr. Kramp und Lundquist aus dem Weg, wo es nur irgend möglich war. Sie sprachennur das Nötigste miteinander, es sei denn, Dr. Kramp konnte in seiner Eigenschaft als Lundquists Vorgesetzter die Gelegenheit zu Kritik an dessen Arbeit nutzen.
Stöhnend plumpste der Hauptkommissar in seinen Schreibtischstuhl und fuhr sich seufzend mit beiden Händen übers Gesicht.
»Ich habe ihm die Berichte gegeben. Er kann jetzt seine Presseerklärung vorbereiten und versuchen, die Gemüter wieder zu beruhigen.«
»Ich habe hier den Plan über die Vermietungen des Ferienhauses«, lenkte Knyst das Gespräch wieder auf ihre aktuellen Ermittlungen. »Bernt hat es für uns schön sauber aufgeschrieben; demnach war die erste Familie über Pfingsten in dem Sommerhaus. Sie reisten am 30. Mai aus Dänemark an. Jacobsen heißen sie, wohnen in Aarhus. Sie hatten ihre drei kleinen Kinder dabei, alle noch nicht schulpflichtig. Die Jacobsens blieben für zwei Wochen, bis zum 13. Juni. Danach wohnte eine deutsche Familie dort. Familie Kirsten aus Freiburg in Süddeutschland. Sie haben einen Sohn im Alter von 14 Jahren und eine Tochter mit zehn Jahren. Die Kollegen haben uns noch kein Protokoll einer Vernehmung geschickt, aber versprochen sich damit zu beeilen. Die Kirstens reisten am 13. Juni gegen neunzehn Uhr an. Da die Jacobsens schon früh am Morgen aufgebrochen waren, stand das Haus also einige Stunden leer. Die deutsche Familie blieb bis zum 5. Juli.«
»Moment. Die dänische Familie reiste also am Morgen ab und am Abend zog schon die neue Familie ein. Wissen wir, wann Hilmarström vorbeikam, um zu überprüfen, ob auch alles sauber übergeben wurde?«, unterbrach ihn Lundquist.
»Ja, warte mal.« Knyst begann in dem Aktenstapel vor sich zu kramen. »Hier ist es. Hilmarström fährt während der Saison immer zum Bettenwechsel hin, um den Zustand zu kontrollieren. Du weißt schon, die Familien putzen schließlich nicht alle gründlich.«
»Fährt er an diesen Wechseltagen einfach irgendwann vorbei und überprüft das Haus? Dann wäre unser Täter aber ein ziemliches Risiko eingegangen, als er das Opfer im Dach versteckt hat.«
Ihm drängte sich die Vorstellung auf, wie ein Unbekannter mit seiner Leiche durch das Land fuhr, um bei einer günstigen Gelegenheit diese Fracht in einem Ferienhaus abzulegen. So konnte es nicht gewesen sein! Das war zu fantastisch!
»Ganz so ist es nicht. Hilmarström hat ausgesagt, dass er meist gegen elf, halb zwölf zum Haus fährt – dann ist er nämlich pünktlich zum Mittagessen wieder zurück. Darauf legt seine Frau wohl größten Wert.« Knyst feixte. »Sie ist wohl ziemlich herrisch.«
»Wenn also jemand das Haus beobachtet
Weitere Kostenlose Bücher