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Ferne Ufer

Titel: Ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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großer, goldener Stein wie das Auge eines lauernden Tigers.
    Unwillkürlich trat ich näher heran und starrte bewundernd in ihre Hand. »Nicht direkt klein« hatte Jamie die Edelsteine mit echt schottischem Talent für Untertreibung genannt. Nun ja, kleiner als ein Brotkasten waren sie schon.
    »Ich habe mir Steine als Anfangskapital besorgt«, erklärte Geillis selbstzufrieden. »Weil sie nicht soviel wiegen wie eine größere Menge Geld oder Gold. Damals hatte ich keine Ahnung, daß sie auch noch zu anderem geeignet sind.«

    »Wozu? Als bhasmas ?« Die Vorstellung, eins dieser Kleinode zu zerstören, kam mir wie ein Sakrileg vor.
    »O nein, die hier nicht.« Sie schloß die Hand, steckte sie in die Rocktasche, und ein Schauer flüssigen Feuers rieselte hinein. Liebevoll klopfte sie darauf, bevor sie wieder in den Holzkasten griff. »Nein, dafür habe ich die vielen kleinen Steine. Diese sind für was anderes gedacht.«
    Nachdenklich sah sie mich an. Dann wies sie mit dem Kopf zur Tür am Ende des Raumes.
    »Komm mit in mein Arbeitszimmer«, forderte sie mich auf. »Ich habe da ein paar Dinge, die dich vielleicht interessieren.«
    »Interessieren« war noch milde ausgedrückt.
    Es handelte sich um einen länglichen, lichtdurchfluteten Raum, an dessen Fensterseite sich ein langer Tisch erstreckte. Von der Decke hingen Bündel getrockneter Kräuter, andere lagen zum Trocknen auf einem mit Gaze bespannten Gestell. Den Rest der Wand füllten Schränke mit Schubladen und Türen, und in der Ecke des Zimmers stand ein Bücherschrank mit Glastüren.
    Irgendwie schien mir dieser Raum vertraut. Dann wurde mir klar, daß er wie Geillis’ Arbeitszimmer in dem Dörfchen Cranesmuir im Haus des Prokurators, ihres ersten Ehemanns, aussah - nein, des zweiten verbesserte ich mich, als ich an den verkohlten Leichnam von Greg Edgars dachte.
    »Wie oft warst du verheiratet?« fragte ich neugierig. Ihren zweiten Mann hatte sie um ein kleines Vermögen erleichtert - sie hatte seine Unterschrift gefälscht und Geld für sich abgezweigt, bevor sie ihn ermordete. Da dieses Vorgehen von Erfolg gekrönt gewesen war, konnte ich mir gut vorstellen, daß sie es in der Folge wiederholt hatte. Denn sie war ein Gewohnheitstier, unsere Geillis.
    Sie brauchte einen Moment, bis sie ihre Ehemänner durchgezählt hatte. »Fünfmal, glaube ich. Seit ich hier bin«, fügte sie dann noch ungerührt hinzu.
    »Fünfmal?« fragte ich schwach. Das war keine Gewohnheit mehr, sondern fast schon eine Sucht.
    »Das Tropenklima ist Engländern nicht sehr zuträglich«, erklärte sie mir mit einem listigen Grinsen. »Ein Fieber, ein Magengeschwür, eine Darmverstimmung, schon die kleinste Kleinigkeit gibt ihnen den Rest.« Sie streckte die Hand aus und strich zärtlich
über eine kleine Flasche, die im untersten Regalfach stand. Zwar trug sie kein Namensschild, aber ich sah rohes, weißes Arsen nicht zum erstenmal.
    »Das hier wollte ich dir zeigen«, sagte sie, als sie ein Glas im oberen Fach entdeckte. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, holte es herunter und reichte es mir.
    Es enthielt ein grob zerstoßenes Pulver, das offensichtlich aus mehreren Inhaltsstoffen - braunen, gelben, schwarzen, und halb durchscheinend schimmernden - zusammengemischt war.
    »Was ist das?«
    »Zombie-Pulver«, erklärte sie lachend. »Ich dachte, du würdest das gern mal sehen.«
    »Ach«, entgegnete ich kalt. »Hast du nicht gesagt, so was gibt es nicht?«
    »Nein«, verbesserte sie mich. »Ich habe gesagt, Herkules sei nicht tot. Und das ist er auch nicht.« Sie nahm mir das Glas aus der Hand und stellte es ins Regal zurück. »Aber es läßt sich nicht leugnen, daß er besser im Zaum zu halten ist, wenn er einmal in der Woche seinen Stoff in den Getreidebrei gemischt kriegt.«
    »Und was zum Teufel enthält das Zeug?«
    »Ein bißchen hiervon und ein bißchen davon. Das wichtigste ist eine Art Fisch - ein kleines, vereckiges Tier mit Punkten, sieht ganz witzig aus. Man nimmt die Haut und die Leber und trocknet sie. Aber dann kommen noch ein paar andere Zutaten hinein. Wenn ich nur wüßte, welche!«
    »Du weißt nicht, was das Mittel enthält?« Ich starrte sie an. »Hast du es nicht selbst hergestellt?«
    »Nein, dafür hatte ich meinen Koch«, erwiderte Geillis. »Oder zumindest wurde er mir als Koch verkauft. Aber ich habe dem Zeug, das dieser verschlagene schwarze Teufel zubereitet hat, nie recht getraut. Er war ein houngan .«
    »Was war er?«
    »Ein houngan . So

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